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AUS DER CLOUD GESCHIFFT

Grimm-Hanau

Leere Zeilen von der Austro-Germanistik

Wenn der Psychologe auf die Realität trifft, stößt er gerne den Satz aus: Jetzt haben wir ein Problem. Damit das, was der Psychologe für Realität hält, tatsächlich in Worte und Regelwerk umgewandelt werden kann, muss ein Großteil des Gegenübers ausgeblendet werden. Gegenüber ist das genaue Wort für den Klienten, denn dieser ist automatisch ein Gegner, der die Ordnung des Psychologen zu stören versucht.

Kaum anders verhält sich der Germanist. Die Germanistik ist eigentlich als eine nationale Kriegs-Hilfswissenschaft gegründet worden, die dazu dient, militärische Einsätze vorzubereiten und bereits angeleierte Kriege mit der entsprechenden Rhetorik zu begleiten. Dabei werden raffinierterweise Dichter zwischengeschaltet, deren Werk man untersucht. Der Germanist ruft also nicht von sich aus zum Krieg auf, sondern findet einen Dichter, dessen Werk er durch Pseudo-Analysen protegiert.

Das pure Kriegshandwerk, wie es zu Tage tritt in den Napoleonischen, den Französisch-Deutschen Kriegen und in den sogenannten Weltkriegen, die jeweils von Österreich oder durch Österreicher ausgegangen sind, hat immer auch die Germanistik beflügelt

Erst als die Friedenszeiten zu lange dauern, um einer Germanisten-Generation Brot und Aufsatz zu geben, hat man sich darauf spezialisiert, die parteipolitischen Dichter zu betreuen oder für die Nachwelt aufzuarbeiten. Die Austro-Germanistik leidet unter der Mehrsprachigkeit des Kaiserreiches wie ein Hund, da selbst die Amtssprachen oft unüberschaubar sind. So blüht die Austro-Germanistik auch erstmals richtig auf, als es in der Republik darum geht, Kärnten deutsch zu machen. Dollfuß wird ausgeblendet und mit Katholizismus überlagert und dann hat man glücklicherweise gleich den Nationalsozialismus, der Stoff, Reibebaum und Aufarbeitungshalden en masse zur Verfügung stellt.

Erstmals bricht dieses Imperium der Austro-Germanistik unter Kreisky richtig los, jetzt wird eine staatstragende Literatur geschaffen bis hin zur Vorlass-Tümelei, die die Kisten und Särge der Dichter noch über Jahrhunderte für die kommenden Generationen offen halten werden.

Die kommenden Germanisten werden vor allem damit beschäftigt sein, die eigene Sprachlosigkeit zu deuten und in passende Apps überzuführen. Dann wird man verschollene Raps, die Beatniks und andere Wort-Designer ausfindig machen und erforschen. Die Vorlass-Kisten wird man neben den verklebten Papyri-Rollen endlagern und auf einen permanenten Wasserschaden hoffen.

 

Helmuth Schönauer 27/07/14

Grimm-Hanau CC BY-SA 3.0

Dr. Meierhofer

Gast

2 Comments

  1. Liebe/r soso, bist du ganz sicher, dass du die Bedeutung des Wortes „Proporz“ kennst? Weder der Begriff noch dein Vorwurf ergeben wirklich Sinn – trotzdem fein, dass du mitliest und kommentierst: Das digitale Stadtgeflüster steht allen offen, die etwas zu sagen haben.

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