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Arbeit macht das Leben süß!

Letztens war ich bei meinem Onkel zu Besuch. Als wir mit dem Auto vom Bahnhof zu seinem Haus im Grünen fuhren, blieb er bei einer Zufahrt eines Hauses stehen, kurbelte das Fenster herunter und grüßte den Mann, der in der Einfahrt gerade ein Auto putzte. „Ja hallo! Bist du heute wieder fleißig!?“ – „Es muss ja was gearbeitet werden, damit was gearbeitet ist!“ das war der ganze Wortwechsel.

Mein Onkel erklärte mir dann belustigt, dass fast jedes Mal wenn er an der betreffenden Ausfahrt vorbeikommt, dieser ältere Typ da ist und sein Auto putzt. Er wird schon geil auf Autos sein. Was mich aber an diesem Dialog fasziniert hat und mir in Erinnerung bleiben wird, ist die unabsichtliche, aber trotzdem präzise Gesellschaftsanalyse „Es muss was gearbeitet werden, damit was gearbeitet ist!“
„Es muss was gearbeitet werden, damit was gearbeitet ist!“ Diese Aussage führt mir unglaublich einprägsam vor Augen, dass das Arbeitenmüssen, zwecks Aufrechterhaltung der persönlichen Versorgung, zutiefst verabscheuenswert ist und von Grund auf abgeschafft gehört.
„Es muss was gearbeitet werden, damit was gearbeitet ist!“ Die Erkenntnis fährt ein, wie die reinste Überdosis, dass sich die Leute von klein auf, zu willigen Arbeitssklaven sozialisieren lassen und ihr Leben als gelebt betrachten, wenn sie nicht mehr arbeiten müssen. Ihr Lohnarbeitsschicksal betrachten sie dann als naturgegeben und somit unabänderbar, weil sie das von klein auf so reingepresst bekommen haben.
„Es muss was gearbeitet werden, damit was gearbeitet ist!“ Da steckt auch drin, wie komplett sinnlos manche als notwendig bezeichnete Tätigkeiten sind und nur dazu dienen, den Status Quo des Arbeitenmüssens aufrecht zu erhalten.
„Es muss was gearbeitet werden, damit was gearbeitet ist!“ Wie, frage ich mich, können wir das allgemeine Hinnehmen des arbeitsmäßigen Unterdrückungsverhältnisses stoppen und in die Lage kommen attraktive Umstiegsmodelle aus dem jetzigen Wahnsinn zu präsentieren.
„Es muss was gearbeitet werden, damit was gearbeitet ist!“ Warum? Warum nur, sind die Menschen nicht intelligent genug aus diesem lohnarbeitstechnischen Teufelskreis auszubrechen?
Die meisten Menschen müssen nun mal ihren Lebensunterhalt mittels Schinderei verdienen.
Von nichts kommt nun einmal nichts und Arbeit macht ja bekanntlich das Leben süß. „Es muss halt was gearbeitet werden, damit was gearbeitet ist!“
Ein Text von philmarie.
Anmerkung: Das Illustrationsbild wurde von der Redaktion mit Zustimmung des Autors ausgewählt. Es zeigt das Eingangstor des KZ Sachsenhausen; die Nazis ermordeten Millionen Menschen unter anderem mit den Mitteln der Zwangsarbeit.

 

6 Comments

  1.  makabre assoziation aber mit der illustration…. erinnert in erster instanz an auschwitz-birkenau: schlimmer gehts nicht!

  2. die kombination dieses bildes mit dem recht oberflächlichen text ist nicht nur grauslig, sondern verharmlost auch den nationalsozialistischen massenmord. der zynische spruch "arbeit macht frei" ist untrennbar (wie vom vorposter erwähnt) mit dem lager auschwitz und damit der shoah verbunden; und also eben nicht "nur" mit zwangsarbeit sondern planmäßigem genozid. dass der redaktion die zusammenhänge in ansätzen bekannt sind und sie trotzdem diese illustration verwendet macht die sache nicht besser. eher schlechter. es ist immer wieder interessant, wie sich bei genau diesem umstand (verharmlosung der shoah) links und rechts die klinke in die hand gibt.

    noch was: "Es muss ja was gearbeitet werden, damit was gearbeitet ist!" ist im grunde ein recht treffendes konzept. der zitierte herr hats schon kapiert. für was sonst soll denn gearbeitet werden? etwa um der kapitalakkumulation wegen? hackln für die butter aufs brot? das wär wohl mehr als naiv.

  3. Als Mitglied von provinnsbruck seit den Gründungstagen – wenn auch momentan nicht sehr aktiv – ist es mir ein großes Anliegen, mich von der Kombination von Text und Bild in diesem Beitrag klar zu distanzieren. Abgesehen davon, dass die Interpretation der Aussage des privat sein Auto putzenden Mannes völlig willkürlich – und damit auch eine Unterstellung – ist, ist die daraus gezogene Gesellschaftskritik sehr eindimensional. Die Kombination dieses Textes mit dem Bild stellt meines Erachtens Dinge in einen Zusammenhang, die inhaltlich nicht weiter auseinanderliegen können. Dass die Gestaltung des eigenen Lebens mit Arbeit verbunden ist, mag dem Autor des Textes vielleicht subjektiv nicht behagen. Mit dem Eingang eines Konzentrationslagers und der damit verbundenen menschenverachtenden Ideologie hat das aber nichts zu tun.

  4. Klarstellung:   Das "Illustrationsbild", wenn mensch es überhaupt so nennen will, wurde NICHT mit der Zustimmung aller Redaktionsmitglieder ausgewählt. In diesem konkreten Fall möchte ich nicht ungefragt unter den Begriff "Redaktion" subsummiert werden!

     

     

     

     

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  5.  eigentlich wird in der Anmerkung zum Text alles gesagt. Hier wird nichts gleichgesetzt und schon gar nicht relativiert: Der Holocaust ist in seiner Dimension einzigartig und bedeutete millionenfache industrialisierte Ermordung. Sicherlich ist die Illustrierung des Beitrags provokant, allerdings gibt es auch einen eindeutigen Bezug: Zwangsarbeit war eines der perfidesten Tötungsinstrumente der Nazis und diese "Arbeit, damit (für Führer, Volk und Vaterland) gearbeitet ist" steht als letzte Konsequenz einer Gesellschaft, die den Wert des/der Einzelnen daran bemisst, welche Leistung er/sie erbringt.

  6. Ich habe mit der Assoziation kein wirkliches Problem, sehr wohl aber mit der Qualität des Textes. Er scheint doch sehr naiv und vereinfachend zu sein.

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