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Allerseelenrelikte – Plädoyer gegen aktive Sterbehilfe

„Alles im Leben ist politisch“ – in diesem Sinne stellen wir uns zum Abschluß der Gedenkfeiertage, der Frage ob auch dem Tot eine politische Dimension inne wohnt? Diese Fragestellung wird uns in Grenzbereiche des philosophisch möglichen katapultieren und die schmale Grenze von Provinz und Provokation auf Provinnsbruck wiederbeleben.  Achtung: Dieser Beitrag ist nicht der Objektivität verpflichtet, sondern bezieht Stellung.

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Eine sehr unangenehme, aber schwälende Diskussion beschäftigt derzeit Österreich und führt sowohl politisch Verantwortliche wie auch Vertreter nicht weltlicher Organsisationen an einen Tisch. Diskussionsgegenstand ist die „aktive Sterbehilfe“.

Von passiver Sterbehilfe spricht mann/frau, sobald ein Mensch bewusst auf ärztliche Hilfe verzichtet, diese ablehnt oder im vollen Bewusstsein von Lebensverlängernden Maßnahmen Abstand nimmt. Das Abschalten von Maschinen, oder der Verzicht bzw. die Einstellung von Medikation gehören ebenfalls dazu. Die passive Sterbehilfe ist beinahe in allen medizinsch hochentwickelten Nationen der Welt differenziert, aber legal.

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Recht auf sterben?

Nun schwingen sich allerdings Interessensgruppen auf, die noch einen Schritt weiter gehen und mittels der Möglichkeit der „aktiven Sterbehilfe“ einen Arzt, oder vielmehr die Gesellschaft dazu auffordern wollen ihm/ihr einen Giftcocktail zu verabreichen, um dem Leben möglichst schnell, sowie schmerz -und leidensfrei ein Ende zu setzen. Oft ist das Argument „Selbstbestimmung“ im Spiel bzw. die Forderung dem Leben ein schnelles, unkompliziertes Ende zu setzen sei sogar ein „Menschenrecht“. So wie es das Recht auf Leben gibt, soll es eben auch eines auf „sterben“ geben.

Diese Forderung ist legitim, allerdings steckt schon in der Begrifflichkeit „Selbstbestimmung“ die Lösung – Diese besagt „es“ auch selbst tun zu müssen. Nur – diese Diskussion will niemand führen – das wäre ja Selbstmord! Die neudeutschlateinische Begrifflichkeit dazu heisst „assistierter Suizid“. Mann/Frau fordert also eigentlich einen Dritten zum Mord auf. Sei es einen Arzt (der immerhin, und nicht umsonst den Hippokratischen Eid ablegt), oder irgendeinen anonymen Dritten der es „kurz macht“ – oder zumindest „billig“: für die Preisbewussten.

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Wie verblendet und verhärtet kann eine Gesellschaft sein, diese Diskussion auch nur Ansatzweise zu führen? Soll jede Depression, Fehldiagnose oder sonstige Widrigkeit im Leben mit „aktiver Sterbehilfe“ beantwortet werden? Soll es ausreichend sein, wenn irgendein „Gott in Weiss“ behauptet das Indviduum hätte nur noch X Monate zu leben, diesem ein Ende zu setzen? Ist das Alter eine Krankheit, der möglichst schnell ein Ende gesetzt werden muss? Wählen gebrechliche Menschen aus Scham und gesellschaftlichen Druck den Giftcocktail, um dem „ökonomischen System nicht zur Last zu fallen“?

Wenn es „politische Tabus“ gibt bzw. sollte es sowas geben – dann sind wir wohl wieder an eine solche Grenze gestossen – 100 Jahre nach Ausbruch von Weltkrieg 1 beginnen wir wieder in „lebenswertes und -unwertes“ zu klassifizieren. Die Bewaffnung der Spassgesellschaft ist auch diesmal ein chemischer Giftcocktail (wie bei Vollzug der Todesstrafe), der allen Leiden dieser Welt ein schmerzfreies Ende setzt. Vor 100 Jahren lag die Hoffnung auch in der Chemie – allerdings gasförmig.

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Wer die Zusammenhänge von „Leben wollen“ und „nicht wollen“ noch nicht versteht, sollte deshalb keinesfalls über „aktive Sterbehilfe“ nachdenken, oder gar allgemeingültige „Gesetze“ daraus ableiten wollen.

Zivilisierte Menschen töten einander nicht – daran führt kein Weg/Argument vorbei – die Konsequenzen wären/sind unabsehbar. Die Fehlerquote ist zu hoch. Passive Sterbehilfe ist erlaubt, legal und bietet sogar Schlupflöcher – mehr braucht eine „menschliche“ Gesellschaft nicht…

Stell dir vor es wäre eine : Ja/Nein Entscheidung – stell dir vor es wäre deine Entscheidung…

http://de.wikipedia.org/wiki/Sterbehilfe

P.S: …da es mir nicht möglich war diese Thematik angemessen zu illustrieren wurde auf Bilder verzichtet.

„In Liebe“, Martin

Martin Kapferer

2 Comments

  1. Ja ein sehr heikles Thema! Habe mir eben „Tote lügen nicht“ im LEOKino angeschaut. Ein Film, in dem es um die NS-Euthanasie in Tirol geht, und wo dann am Ende des Films auch auf die momentanen Diskurse und Debatten um den selbstgewählten Freitod geht. Ich denke,dass man diese Themen nicht vermischen sollte, wenngleich natürlich Gefahren auch nicht übersehen werden sollten. Immerhin muss oder sollte zumindest beim Ruf nach einer assistierten Selbsttötung oder eben dem selbstbestimmten Freitod, den der oder die Betroffene aufgrund einer Krankheit nicht mehr selbst ausführen kann, die Frage im Raum stehen: Wie wertvoll und angenommen fühlt sich ein Mensch noch mit einer schweren Krankheit, dass er diesen Schritt setzen will? Wie viele Freundinnen oder Freunde hat er oder sie dann noch? Oder spielt sich dann alles nur mehr im Facebook ab, mit vielen Likes und Smilies für den wieder bewältigten Tag? Oder für das eben gemachte originelle und gelunge Suizidselfie? .

  2. Hallo Helmut

    ….die „Nazikeule“ war keinesfalls mein Anliegen, maximal ein Aspekt…ich differenziere in dieser Diskussion sehr genau – den von dir erwähnten „selbstgewählten Freitod“ stelle ich nur bedingt in Frage bzw. kann mann/frau diesen nicht in Frage stellen, denn wer es tun will – tut es ohnehin.
    Auch die „passive“ zweifle ich nicht an!

    Die „aktive Sterbehilfe“ ist für mich allerdings schon von besonderer Qualität und bin verwundert über die oftmalig vehemente, reflexionslose Forderung…

    Zu deinen Abschlußsätzen kann ich berichten mich mit der Thematik nur ausseinandergesetzt zu haben, da genau dieser Fall eingetreten ist und daraus eine Legitimation für „aktive Sterbehilfe“ abgeleitet wird/wurde…“gefällt mir“ – nicht 🙁

    http://derstandard.at/2000007618531/Todkranke-Amerikanerin-Brittany-Maynard-nahm-sich-das-Leben

    http://diepresse.com/home/panorama/welt/4584624/Gehe-in-Wurde_USBurgerin-setzt-geplanten-Suizid-um?from=suche.intern.portal

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