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Stadtgeschichte: Fatti di Innsbruck

Geschichte wird gemacht: Woran wir uns erinnern und was vergessen wird, ist Teil und Ergebnis einer bestimmten Erinnerungskultur. Manche Ereignisse werden glorifiziert, andere weitgehend verdrängt.

Die Fatti di Innsbruck („Fakten von Innsbruck“) im November 1904 sind dafür ein Beispiel: Anlässlich der geplanten Eröffnung der italienischsprachigen juridischen Fakultät kam es in Innsbruck zu schweren Ausschreitungen.

Video zum Thema

 

Während italienischsprachige Studenten am 3. November in der Altstadt feierten, grölten Deutschnationale: „Walsche raus!“, in dieser Nacht kam es zu zahlreichen Schlägereien, die sich zu regelrechten Straßenschlachten auswuchsen.

 

Neben vielen Verletzten und 137 Verhaftungen (unter ihnen der spätere italienische Ministerpräsidenten Alcide De Gasperi) gab es auch einen Toten: Der Maler August Pezzey wurde durch Bajonettstiche getötet. Das Fakultätsgebäude der Fakultät in der Liebeneggstraße wurde verwüstet und niemals eröffnet.

 

In der Folge wurde die Universität „ent-italienisiert“, italienischsprachige Professoren wurden beurlaubt oder (wie an der Romanistik) nicht nachbesetzt. Damit hatten die Deutschnationalen einen entscheidenden Sieg errungen und ihre Idee des „deutschen Tirolertums“ gestärkt. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten wurde die Uni Innsbruck zu einem Hort reaktionären und rechtsextremen Gedankenguts.

 

Nachsatz: Im Herbst 2012 wurde das PhD-Doktoratsstudium Italienisches Recht / Dottorato di ricerca in materie giuridiche an der Universität Innsbruck eingerichtet.

 

Fotos von Schwarz Weiß 
 


Andreas Wiesinger

6 Comments

  1. Die Italienerfeindlichkeit war auch in der Zwischenkriegszeit und nach dem Zweiten Weltkrieg in Innsbruck / Tirol noch stark spürbar: Besonders die Südtirolfrage schaffte zum Teil offene Feindlichkeit. Wer hingegen heute zum Beispiel während der Weihnachtszeit oder zu Sylvester durch die Innenstadt spaziert, wird sehen, dass glücklicherweise nicht jeder Rassismus von Dauer ist!

     

    • "Rassismus" ist in diesem Zusammenhang fehl am Platz – das waren/sind territoriale Streitigkeiten zweier nationalistisch geprägter Staatsformen…. Südtirol ist klimatisch/vegetation sehr attraktiv und eine zusätzliche "Kornkammer" kann jeder sich "autark" nennende Staat sehr gut gebrauchen….

  2. "Rassismus" passt meiner Meinung nach schon – wobei natürlich nicht das ohnehin überholte Konzept der "Rasse" gemeint ist. ItalienerInnen wurden als "Welsche" vulgo "Walsche" bezeichnet und das bezog sich ganz klar abfällig auf eine fremdländische Bevölkerungsgruppe. Das dabei eigentlich andere (ökonomische, soziale etc.) Beweggründe eine Rolle spielten, liegt eh auf der Hand.

     

    • "…die fremdländische Bevölkerungsgruppe", bezog sich in erster Linie darauf, dass in diesem Teil Tirols ladinisch + italienisch gesprochen wurde/ wird = Trento/Trentino/ Trient = "Welschtirol" – unterschiedlichen Sprachgebrauch und die einhergehenden Konflikte / Abgrenzungen als "Rassismus" zu bezeichnen ist übertrieben – besonders jene die immer von "Rassimus" sprechen müssen ja eine genau Vorstellung der "Rasse" haben ….wie sieht das bei dir aus ?…was/wer ist eine "Rasse" ?

  3.  wie ich geschrieben habe, halte ich nichts vom  Konzept der "Rasse". Wir wissen ja aus der Genetik, das das Erbgut von Menschen variiert und das ist auch sehr gut so, sonst wäre die menschliche Art längst ausgestorben. Daraus irgendeine politische oder soziale Unterscheidung abzuleiten – eben "Rassismus" – ist gefährlich und menschenverachtend. Dieser ist immer irrational: Denn natürlich gab und gibt es keine "tirolerische oder italienische Rasse", ebenso wenig wie eine jüdische und arische.

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