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Opposition quo vadis?

Grün ist nun in einer Koalition mit Schwarz. Ob das gefällt oder nicht. Das Koalitionsabkommen ist für Schwarz allemal, für Grün scheinbar auch genehm. Ob es gefällt oder nicht.
Die Frage ist aber nicht nur mehr, wem diese Koalition etwas bringt, der ÖVP, den Grünen oder den Tiroler_innen. Die Frage ist, und sie ist bisher nicht aufgeworfen worden: Wie wird Demokratie weiterhin versucht umgesetzt zu werden? Wie wird die zukünftige Oppositionsarbeit aussehen?

Oppostitionsarbeit ist immer schwierig – vor allem in Tirol mit den gebündelten Machtstrukturen ist sie umso schwieriger. Die Grünen und – auch, das muss gesagt werden – die Liste Fritz haben die Aufgabe während einer Schwarz-Roten Regierung bestmöglich gemeistert. Was bleibt nun nach dem Ruf der Grünen in die Regierung?

Die Liste Fritz, mit dem verbliebenen Landtagsabgeordneten Andreas Brugger und der Landtagsabgeordneten Andrea Haselwanter-Schneider kennen die Arbeit in der Opposition, und sie werden sie sicherlich dementsprechend wahrnehmen. Aber zwei Abgeordnete vermögen nicht die Arbeit erledigen, die für eine solch demokratiepolitisch wichtige Aufgabe zu erfüllen wäre.

Während nun die Liste Fritz marginalisiert wurde, zog es vier Menschen eines mit der Erfahrung zweier Regierungsparteien ausgestatteten bürgerlichen Lagers, das derzeit mehr mit sich selber, als mit Politik für Tirol beschäftigt ist, ebenfalls in den Landtag. Aus internen Streitereien – und eben erfahrungsgemäß – machtpolitischen Zugängen erübrigt sich (derzeit) also eine Einschätzung, wie "Vorwärts Tirol" als Oppositionspartei agiert.

Bleibt (neben der FPÖ, die hier zumal ausgeklammert wird) die SPÖ:
Müßig zu erwähnen, dass die SPÖ in Tirol seit 1994 in einer Regierung mit der ÖVP war (inklusive der Proporzjahre). Generationen von Politiker_innen, die nur Regierungsarbeit kennen.
Die Erfahrung auf Bundesebene während der Blau-Schwarz-Orangen Regierungszeit zeigt, dass es nicht einfach ist Machtpolitik abzugeben und oppositionelle Demokratiepolitik zu gestalten. Zugegeben, die SPÖ versuchte es, jedoch eher plump, beleidigt und einfallslos. Wie wird es nun in Tirol sein?

Derzeit agiert die SPÖ – ersichtlich vor allem auf den sozialen Foren – hauptsächlich mit Kritik an den Grünen, und vergisst dabei, dass die Grünen lediglich die Juniorpartner_innen sind – wichtiger aber wäre es nach wie vor der ÖVP auf die Finger zu hauen, auf den Mund zu schauen. Das Agieren der SPÖ – neben vielleicht strategischen Überlegungen – scheint mehr in einem beleidigten (und strategischen) Kontext, als im demokratiepolitischen zu stehen.
Woher soll die SPÖ aber auch Oppositionsarbeit kennen? Gerhard Reheis, selbst ehemaliger Teilhaber der Regierung, kennt Oppositionsarbeit nur vom Hörensagen und ich bezweifle, dass aus einem "Machtpolitiker" über Nacht ein "Oppositionspolitiker" wird. Zu tief sitzt der gewohnte Blick von der Regierungsbank aus auf den Landtag.

Für eine Erneuerung kann die SPÖ beitragen, wenn sie sich auf ihre "alten" Inhalte besinnt: Eintreten für Gerechtigkeit, Freund_innenschaft – für die Menschen und nicht für Parteistrukturen. Die SPÖ muss demokratiepolitisch akzeptieren, dass ihre Arbeit, ihr Auftreten nicht honoriert wurde.
Heraus aus dem beleidigten Eck, offensiv in die Opposition! Mit neuen Inhalten, mit neuen Strukturen – und mit neuen Gesichtern. Das Zeichen, das die SPÖ mit der Bestätigung von Reheis gesetzt hat, ist alles andere als ein Aufbruch in eine harte Opposition. Es gäbe sie aber, die jungen "Wilden". Es gibt sie im VSSTÖ, bei den Jusos – auch im Innsbrucker Gemeinderat. Empfohlen sei der SPÖ sie auch "werkeln" zu lassen und sie nicht zu Parteisoldat_innen auszubilden.

Die Grünen werden sich selbst vor ihrer Basis und ihren Wähler_innen verantworten – das zu provozieren ist nicht Aufgabe der SPÖ – ; Die Aufgabe der SPÖ ist es Oppositionspolitik zu betreiben. Sie, die SPÖ, hat nun die Chance zu zeigen, was sie wirklich könnte – aber müsste dabei aber auch Konsequenzen ziehen. Sie muss sich verändern, sie muss lernen… und das flott – und vielleicht hat sie sie auch die Arbeit der Grünen während der letzten Jahre beobachtet und kann nun in ihre Rolle schlüpfen. Das würde der SPÖ guttun und wäre notwendig für die Demokratie in Tirol.

Text und Foto: Dave Bullock

4 Comments

  1. Für die SPÖ ist die Opposition die letzte Rettung, sonst hätte sie sich selbst zu Tode regiert bzw. ministriert. Wie die Roten ihre Rolle anlegen, hängt von ihnen selbst ab. Wir werden ja sehen, welche Schnitzer Schwarzgrün machen werden. Das Sozialkapitel im Koalitionsvertrag lässt jedenfalls eher Übles befürchten …

  2. Was so Genossen in der Vergangenheit eingestreift und geschluckt haben, dafür hat die Spö bei der Wahl das passende Ergebnis kassiert. Allerdings mach ich mir um die Partei keine Sorgen. Mehr schon ums Tannengrün. Im Eigeninteresse würden die eine starke Opposition gegen die dunkle Seite der Macht brauchen. Allein auf weiter Flur, wird das noch ein bizarres Schauspiel

  3.  Zur SPÖ nur soviel: Solange Sesselkleber wie Ernst Pechlaner in der Partei das Sagen haben, wird sich die SPÖ nicht bewegen – selbst wenn der liebe Gott vor der Tür stünde oder Beelzebub höchstpersönlich: die Pechlaners in der SP bleiben – und das seit bald 25 Jahren – Bremsklotz und Hemmschuh für eine fortschrittliche Entwicklung der einst stolzen Partei.

  4. wer waren die geburtshlfer der grünen anfang der 80er-Jahre?? jawohl – und nicht nur in österreich  -die roten. man setzte auf akw`s – obwohl niemand mehr etwas wissen wollte. man setzte auf hainburg – obwohl bei vielen ein umdenkprozess in richtung energiesparen stattfand. man setzte auf autos in den städten – die folgen sehen wir heute. man setzt auf senioren – und vernachlässigt seit jahrzehnten die jungen. cap & co, die einst den "altvorderen" eine ordentliche gosche anhängten,
    sind längst selbst alt und grauhaarig.  nachfolger für sie gibt es bis heute keine. übrigens der spd gehts nicht anders. wer "entpolisierte" die gesellschaft, und öffnete damit dem neo-liberalismus tür und tor? franz vranitzky. man fragt sich wirklich, ob es in der spö überhaupt noch sozialdemokraten
    gibt. nicht umsonst musste auch werner faymann am letztjährigen parteitag streichungen hinnehmen, sodass er nur mehr 83% der delegiertenstimmen erhielt.
    im "tiefschwarzen" nö betrug der bei der ltw 1979 das stimmenverhältnis övp/spö 48% zu 46%,
    heute ist das verhältnis 50% zu 21% der stimmen.
    eine gute charakteristik bietet die coverstory "eine partei zerbröselt" im "profil"

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