1

Innsbruck, deine Plätze … Südtiroler Platz

Heute ist in ganz Europa Fahrplanwechsel, und vielleicht deshalb auch ein Grund, sich mal des Innsbrucker Bahnhofplatzes anzunehmen. Eigentlich heißt er ja Südtiroler Platz, so wie auch der Bahnhofsplatz in Salzburg. Und daneben haben sie noch gemein, dass sie beide gleich hässlich sind. Keine Plätze zum sich dort länger aufzuhalten und wohlzufühlen.
Auch die Bauten die sie umgeben, machen die Sache nicht besser, was sie aber wohl mit den meisten Bahnhofplätzen in Österreichs Hauptstädten verbinden dürfte, was wiederum den Bombardements des Zweiten Weltkrieges geschuldet ist, die ja hauptsächlich die Bahnanlagen und das Drumherum zum Ziel hatten. Und nach dem Krieg musste das alles wieder schnell aufgebaut werden, für gute Architektur fehlte da einfach Geld und Zeit.
Dann kam noch die Bahnhofsoffensive der ÖBB, die in den letzten Jahren ihre Vor- oder Nachkriegsbahnhöfe durch neue schicke und weltstädtische Shopingcenterbahnhöfe ersetzt hat.. Salzburg hatte es da noch gut erwischt. Der Salzburger Hauptbahnhof ist noch aus der Monarchie, wurde im Krieg kaum zerstört, und wurde in den letzten Jahren sorgfältig und mit viel Geld renoviert und den neuen Verkehrserfordernissen behutsam angepasst.
Innsbrucks Hauptbahnhof – nach dem Krieg wieder aufgebaut, ziemlich schmucklos und der Neuen Sachlichkeit verpflichtet, in den späteren Jahren aber etwas heruntergewirtschaftet und vernachlässigt – musste vor einigen Jahren einem städtebaulich doch sehr innovativen und auch optisch sehr gut ins Bild passenden Neubau weichen.
Der neue Hauptbahnhof ist hell, lichtdurchflutet und auch die kommerzielle Schiene – Stichwort Shoppingmall  – hält sich bis jetzt noch in Grenzen, wenn man ihn etwa mit den Bahnöfen deutscher Großstädte oder etwa auch dem erst neu gestylten Wiener Westbahnhof, der in bereits wenigen Jahren aber laut ÖBB nur mehr ein Provinzbahnof sein wird, vergleicht. Auch wenn man in der M-Preis-Filiale manchmal längere Warteschlangen vorfinden mag als an den Schaltern der ÖBB. Was nicht eben zum Abbau von deren Defizit beitragen wird. Aber das wäre wieder eine andere Geschichte und darüber zu schreiben, würde den Platz hier sprengen.
Deshalb hinaus in die graue Weite des Platzes, der mal rot gewesen war, und auf den die verstorbene Innsbrucker Bürgermeistern Hilde Zach noch sehr stolz gewesen ist und sich noch für die Rotfärbung des Platzes stark gemacht hatte. Dieses Rot ist natürlich schon wieder länger verblasst, und so kann dieser Südtiroler Platz eigentlich außer eben dem schicken Gebäude des Hauptbahnhofes – übrigens  errichtet vom Architekturbüro Riegler/Riewe – der doch einigermaßen gut gelösten Umsteigeinsel für den öffentlichen Nahverkehr, und dem bei der Bevölkerung nicht unumstrittenen Hotel am Busbahnhof von Manzel, Ritsch und Sandner städtebaulich punkten.
Das erst vor wenigen Wochen seiner Bestimmung übergebene neue PEMA-Hochhaus, errichtet vom Architektenpaar  Henke/Schreieck am unteren Ende des Platzes, schließt dessen östliche Achse mit einem gut gelungenen Akzent ab. und verleiht dem Platz ein neues und doch sehr prägnantes Gesicht. Auf weitere zukünftige bauliche Innovationen am Südtiroler Platz kann und darf daher noch gehofft werden.
Doch nicht nur die Architektur des Platzes, sondern auch seine soziale Komponente sollte hier nicht zu kurz kommen. Dabei teilt der Südtiroler Platz seine Problemzonen mit wohl jedem Bahnhofsplatz einer größeren Stadt. Es ist ein Platz der Ankunft und des Ankommens. Die Marokanerszene ist dabei das Innsbrucker Spezifikum, und ein Zeichen dafür, dass Innsbruck eben in der Großstadt angekommen ist. Öffentliche Einrichtungen, die hier einem sozial unterschiedlich wahrgenommenen Problem Abhilfe schaffen und den „gestrandeten Menschen“ jeglicher Hautfarbe Hilfe anbieten, tun hier Not und es müsste hier sicher noch mehr von ihnen geben.
Dass der Südtiroler Platz außer als Drehscheibe für den öffentlichen Nah- und Fernverkehr kaum als Platz wahrgenommen wird und auch kaum zum Verweilen einlädt, mag wohl weniger an seiner Funktion liegen als vielleicht auch am fehlenden Grün, vielleicht einem Brunnen und Bänken, die zum Sitzen einladen, nicht zuletzt aber vielleicht auch am Fehlen einer netten Lokalszene. War schon das alte Bahnhofsrestaurant des mittlerweile abgerissenen Hauptbahnhofs kein wirklicher Hit mehr, so hat sich da nicht wirklich etwas Neues aufgetan. Auch hier darf noch gehofft werden. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Helmut Schiestl

One Comment

  1. für mich ist der Südtiroler Platz ein gesichtsloser Durchgangsort, ohne Charakter oder Charme – ja, wenn es wenigstens Sitzgelegenheiten und Grün gäbe. Nur will man das nicht, sonst könnten sich da ja ein paar Sandler einfinden – traurig, wenn ein zentraler Platz einen solchen UNort darstellt …

Schreibe einen Kommentar zu Verstehe nur Bahnhof Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert