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Innsbruck, deine Plätze … Marktplatz

Ein richtiger Marktplatz ist der Innsbrucker Marktplatz schon lange nicht mehr. 1679 wurde der Innsbrucker Wochenmarkt an den Inn verlegt, ehe er dann in die 1913/14 errichtete neue Markthalle (siehe unten) zog.
Vielmehr ist er heute durch seine seit den späten 90er Jahren errichtete Umsteigestation – (Bus)Terminal genannt –  eine Art Innsbrucker sozialer Treffpunkt. So trifft man hier ein schönes Spektrum der Innsbrucker Bevölkerung.
Jung und alt, Obdachlose, die den Platz frequentieren, weniger um auf Weiterfahrt zu warten, sondern, um sich vom vielleicht schon zu häufigen Umsteigen in ihrem Leben etwas auszuruhen, ebenso wie Jugendliche, die dort ein Date ausmachen. Auch Tourist(inn)en, Berufstätige, die hier in eine andere Buslinie oder in eine Straßenbahn wechseln. Es ist kein Ort, um länger zu verweilen, kein Platz der Ruhe – vielmehr einer der Unruhe, man kann dort viel beobachten: Menschen bei ihrer Geschäftigkeiten, nicht zuletzt deshalb nützen ihn wahrscheinlich auch viele, weil sie so das Gefühl haben, am Stadtleben hautnah teilzuhaben.
Der etwas östlich vom Terminal gelegene eigentliche Marktplatz  ist auch eher eine Verlegenheit, aus der bis jetzt noch nichts Richtiges geworden ist. Es gab schon viele Vorschläge und Ideen, diesem Platz eine eigene „Identität“ oder ein unverwechselbares Outfit zu geben. Umgesetzt wurde bis jetzt nichts. So sind die aus dem Boden ragenden Aluröhren, die der Entlüftung der darunter liegenden Tiefgarage dienen, von einigen schon für ein Kunstwerk gehalten worden – während andere sie eher als störend empfinden, weil sie das Bild der auf der anderen Seite des Inn gelegenen Häuserzeile von Mariahilf beeinträchtigen.
Nichtsdestotrotz hat der Marktplatz doch auch einiges kunsthistorisch Wertvolles oder zumindest Interessantes aufzubieten. Da wäre die 1913/14 nach Plänen von Fritz Konzert erbaute Innsbrucker Markthalle, ein „beeindruckender Jugendstilbau“, wie man in der in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts erschienenen Innsbrucker Kunsttopographie von Johanna Felmayer lesen kann.

Und wirklich, wenn man sich das Gebäude genauer ansieht, kann man einiges Interessantes entdecken, wie etwa reizvolle Reliefs, die verschiedene Tier- und Früchteornamente darstellen. Ende der fünfziger Jahre errichtete dann der Innsbrucker Architekt Willi Stigler einen ostseitigen Erweiterungsbau – ein beeindruckender Bau der Innsbrucker Nachkriegsmoderne, der auch in Friedrich Achleitners Standardwerk Österreichische Architektur im Zwanzigsten Jahrhundert Eingang fand.

Visavis davon befindet sich das ehemalige Ursulinenkloster. 1700 bis 1705 von Johann Martin Gumpp dem Älteren errichtet und ehemals das Ensemble des Marktgrabens und Innrains städtebaulich beherrschend, wurde der Bau 1980 profaniert und zum Teil leider abgerissen. Eine der vielen Innsbrucker Bausünden des vergangenen Jahrhunderts. Lediglich der Osttrakt und die Kirche stehen noch und vermitteln so noch einen Eindruck von der ursprünglichen Größe des Bauwerks.Während das Kloster und die Schule in den 70er Jahren in einem beachtlichen von Josef Lackner geplanten Neubau in der Höttinger Au eine neue Heimat fand, verabsäumte man es, am ehemaligen Areal etwas Interessantes Neues zu wagen und errichtete stattdessen einen eher schmucklosen Mehrzweckbau, der so wohl überall in Europa von der Waterkant bis Sizilien stehen könnte.

Leider wurde nicht zuletzt auch dadurch die ehemals (laut Dehio Tirol) „wesentlichste bürgerliche barocke Straßenanlage“ zerstört. Lediglich das Wallpachhaus (Innrain 14) zeugt mit seiner schönen Rokokofasade noch von jener ehemaligen Pracht. Und nicht vergessen dürfen wir natürlich die Johanneskirche, ein Kleinod des Innsbrucker Barock. 1729 von Georg Anton Gumpp erbaut und mit Deckengemälden von Josef Schöpf ausgestaltet. Für mich neben dem Dom die schönste Innsbrucker Barockkirche, leicht, luftig und lichtdurchflutet …

Die ehemalige Stadtburg der Grafen von Andechs und spätere Danklkaserne, die heute den Landesschulrat beherbergt, verdient bei dieser Platzbegehung auch noch Erwähnung, bildet sie doch einen schönen Abschluss dieses innerstädtischen Gevierts. Und nicht zuletzt beherbergt sie d i e Galerie Innsbrucks für meistens noch junge und unentdeckte Künstlerinnen und Künstler: Die Galerie im Andechshof, die immer wieder einen Besuch lohnt!

Helmut Schiestl

One Comment

  1. Ach, Innsbruck – manchmal ist dein Stadtbild so überragend, dass es nur noch wehtut … 


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