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Im gelb-schwarzen Konfettiregen

Im gelb-schwarzen Konfettiregen versank der Gemeinderatssaal und die Bürgermeisterin bleibt Meisterin. Fleißige Hände haben ausgezählt und es waren 56% gelbe und 44% schwarze Wahlkonfetti. COP ist zu gratulieren, wenn sie es jetzt schafft, die Lager zu versöhnen, kann sie viele Jahre Meisterin bleiben. Schwarz und Rötlich werden sich wohl kaum bitten lassen, wenn es um bezahlte Stadtratsämter geht. Die Grünen sind ja schon dabei und sehen COP längst als "ihre" Bürgermeisterin. Grüngelbe Gratulationen zeugen beinah schon von Frühlingsgefühlen.

 

Wahrscheinlich ist es besser, wenn sich unsere PolitikerInnen endlich wieder lieb haben. Bei der "Qualität" unseres politischen Personals ist eine Konzentrationsregierung der besten Köpfe sehr anzuraten. Ein demokratiepolitisches Alarmsignal ist die Wahlbeteiligung von nicht einmal 45%. eine komfortable Mehrheit für die INNSwurscht-Fraktion. Vielleicht weil sich die Leute weder von Rosen noch von Stressbällen bestechen, noch von überlebensgroßen Plakatfressen angrinsen  lassen wollen.

 

Diese Materialschlacht – übrigens aller im Gemeinderat vertretener Parteien – ist doppelt unverständlich angesichts der großen und wachsenden Zahl der armen Menschen in Innsbruck. Die soziale Schieflage ist das eigentliche Problem: Teures Wohnen, hohe Preise, niedrige Löhne.  Immer mehr, die kaum ein paar Euro zur "freien" Verfügung haben. Da kann eine kaputte Waschmaschine oder PKW-Reparatur schnell zur Existenzprobe werden. Wie wärs, wenn der neue Gemeinderat schon für nächstes Mal transparente Wahlkampffinanzierung mit verbindlichen Obergrenzen festlegt?

 

In Innsbruck bleibt alles beim Alten: Die Frauen haben im Stadtrat das Sagen und es gibt eine Bürgermeisterin: COP ist ziemlich genau das Gegenteil von Hilde Zach. Heute hätte sich die wohl ganz zach gefreut. Die alte und neue Meisterin schaut ein bissl aus wie Lady Di, wobei uns die Erfahrung lehrt, wie brutal Frauen mit Prinzessinnenimage zuschlagen können.

Weniger gefallen dürfte die gelbe Meisterin unserem verdienten Landesjager Platter. Gratuliert hat er ihr trotzdem – ebenso wie Platzgummer im Gemeinderatssaal. Ende gut, alles gut: Unser volksverTreter/innen werden uns sicher gut re-gieren und sich um unser Anliegen sehr verdient machen. 

 

Plakat: Norbert Pleifer

Andreas Wiesinger

4 Comments

  1. uns aus dem Elend zu erlösen, können nur wir selber tun! Die Damen und Herren Poli-Ticker haben ihre Macht bestenfalls von uns geliehen. Und wir nehmen unsere Stimmen aus den Wahlurnen, weil wir so am besten miteinander sprechen können. Das neue Stadtrecht enthält ja gute Möglichkeiten dazu. Die Alternative zu Politfrust kann nur mehr und wirksamere Demokratie sein; sonst verlieren wir sie.

  2. wers glaubt: dem ist nicht zu helfen

    denn ab heute fliessen milch und honig.

    *
    Vereinzelt springen Terroristen über Wiesen. 
    Wie chic. Die Fotoapparate sind gezückt. 
    Die alten Bürgerseligkeiten sprießen, 
    die Rettung, Freunde, ist geglückt. 
    Die Schüler schleimen wiederum die Wette. 
    Die Denker lassen Drachen steigen. 
    Utopia onaniert im Seidenbette, 
    die Zeiten stinken, und die Dichter schweigen. 
    Wie schön, daß sich das Recht zum Rechten fand: 
    Es herrscht wieder Frieden im Land.
    (konstantin wecker)

     

    danke wiese für so manche correctio fraterna.

     

  3. Es ärgert mich, dass FI sich zuerst im Wahlkampf eine regelrechte Schlacht mit der ÖVP liefert (mit weitgehend berechtigten Argumenten gegen Platzgummer, BTW!), dann aber eine Dreierkoalition Gelb/Grün/Rot ohne ÖVP ausschließt.

    Wie soll eine neue Stadtregierung möglichst unbeeinflusst von den alten, im ÖVP-Korruptionssumpf gewachsenen und lange gereiften Mechanismen arbeiten, wenn gerade jene, die diese Mechanismen hochhalten, erst wieder in der Koalition sitzen? Samt Jagdschein- und Vorortvillenbesitzer Christoph "ich mauschle mit der Landes-ÖVP" Platzgummer? Selbst wenn Opposition für die ÖVP bedeuten würde, dass zwei StadträtInnen nicht amtsführend wären – so what? Die Grünen hatten bisher auch eine nicht amtsführende Stadträtin.

    Die ÖVP hat mehr als deutlich gezeigt, dass sie nicht willens ist, ihre Strukturen zu ändern. Es hilft auch Platzgummers heiße Wahlkampfluft nicht, um das zu verbergen. "Volksbewegung" – tschuldigen, aber will der uns verarschen?!? Die einzige Bewegung, die ich bei der ÖVP immer wieder sehe, ist die der zuvor gefüllten Hand hin zur eigenen Hosentasche. Und vielleicht die des Händefaltens am Sonntagvormittag im Ratzinger-Outlet.

    Mit einer ÖVP in der Regierung ist zu befürchten, dass es innerhalb der Koalition immer wieder mal interne Mehrheiten gegen Grün bzw. Grün/Rot geben wird und damit auch, dass Anliegen und Projekte der Grünen gar nicht erst zur Abstimmung kommen.

    Ganz konkret bräuchten wir etwa – da das mein Sachgebiet ist, bringe ich jetzt dieses Beispiel – eine Wende in der Verkehrspolitik hin zur aktiven Zurückdrängung des Autoverkehrs. Etwas, was die ÖVP, aber auch FI seit mehr als einem Jahrzehnt – entgegen immer noch gültiger Gemeinderatsbeschlüsse aus der Zeit des "Verkehrskonzepts" – durch "interne" Anweisungen an Magistratsbeamte unterm Tisch verhindert haben. Wir pulvern jährlich Millionen (!) von Euros mehr in unseren öffentlichen Verkehr als notwendig wäre, weil Öffis im Stau stehen und daher viel langsamer voran kommen, als sie eigentlich könnten. Kann man das mit einer ÖVP in der Stadtregierung wirklich aufgebrochen kriegen? Oder fängt dann gleich wieder das Gejammere der Auto- und Wirtschaftslobbies an, weil für diese und jene Tram-Spur ein paar Parkplätze weichen müssten, und ein Bleck-Block aus FI und ÖVP entscheidet wieder entgegen jeder Vernunft so, wie es die Autolobby verlangt? Wie oft wurden entsprechede Beschlussanträge in den vergangenen Jahren von diesen Gruppierungen abgelehnt, und waren die präsentierten Zahlen noch so hart und die Verluste noch so real!

    Wenn Oppitz-Plörer einen wirklichen Schwenk wollen hätte, dann hätte sie die ÖVP nicht in die Regierung geholt. Es ginge ja auch ohne. So bleibt mir nur zu hoffen, dass die ÖVP sich in sachpolitischen  Fragen öfter an einer gelb/grün(/rot)en Mehrheit orientieren muss als Grün(/Rot) an einer gelb/schwarzen.

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