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Auf der Flucht – ein Portrait

bahador_safi„Ich bin vor zwei Jahren aus Afghanistan geflohen. Die Taliban besetzten meine Stadt. Seit ich mich erinnern kann ist dort Krieg. Meine Eltern sind schon alt, darum sind sie dort geblieben. Ich telefoniere oft und bin so in Kontakt mit Ihnen.“

So schildert Bahador Safi, 23 Jahre alt, die Situation in seiner Heimat. Seit vier Monaten ist er in Innsbruck und wohnt im Flüchtlingsheim Reichenau in Innsbruck. Es ist bereits seine vierte Station in Österreich. Nach Traiskirchen, Fieberbrunn und Hall ist er nun in Innsbruck angekommen. „Mir gefällt es in Hall und in Innsbruck am Besten. In Fieberbrunn waren wir in einem kleinen Heim auf einem Berg untergebracht, zu Fuß zwei Stunden von Fieberbrunn entfernt. Dort war es sehr kalt im Winter.“ In Innsbruck kann er Fußballspielen, spazieren gehen und Leute treffen. „Das Wetter ist meistens schön, hier sind viele Leute, das ist super.“

Bahador Safi sucht nach Worten, oft fallen sie ihm nicht gleich ein. Drei Mal in der Woche besucht er den Deutschunterricht, der im Flüchtlingsheim angeboten wird. „Die Menschen sind sehr nett in Österreich. Sie reden mit mir und helfen mir auf Deutsch lesen und schreiben zu lernen.“
Sein Gesicht strahlt, während er mir Schwarztee einschenkt und Kekse anbietet. Wir  sitzen auf dem Boden, seine zwei Zimmerkollegen und ein afghanischer Freund aus dem Heim sitzen auch hier und ergänzen seine Schilderungen. Heute freut er sich auf den Abend. Er wurde von der Wasserwacht zur Weihnachtsfeier nach Mils eingeladen. Bei dieser Organisation hat er mitgeholfen die Straße und die Natur zu säubern.

Jetzt arbeitet er beim Krankenhaus in Hall. „Ich schneide die Hecken und mähe den Rasen. Und wir werfen die 30 Jahre alten Röntgenbilder weg, die im Keller des Krankenhauses sind. Ja, arbeiten ist besser als nur daheim sein.“ Asylwerber wie Bahador Safi, die auf einen Asylbescheid warten, dürfen beim Land, beim Bund oder der Gemeinde arbeiten und verdienen 3 Euro pro Stunde.

„In Afganistan habe ich mit 15 Jahren schweißen gelernt. Hier würde ich auch gerne schweißen. Vielleicht geht das. Oder ich betreue alte Menschen.“ Bahador sieht zu seinem Freund hinüber. Dieser erklärt: „Ich helfe in einem Altersheim mit und bringe den Menschen Kaffee, singe mit ihnen und mache ein bisschen Spaß. Das macht dem alten Menschen und mir Freude.“

Bahador Safi will hier in Österreich bleiben, eine Familie gründen und arbeiten. „Am liebsten hier in Innsbruck oder in Hall. Alle Städte sind hier schön. Wie lang ich auf einen positiven Bescheid warten muss, das weiß ich aber nicht.“

Factbox

Im Flüchtlingsheim Reichenau wohnen derzeit 200 AsylwerberInnen. Es wurde 2012 generalsaniert. Rund 1500 AsylwerberInnen aus zirka 40 verschiedenen Nationen leben derzeit in 20 Flüchtlingsheimen in Tirol. Das entspricht etwa 0,2 Prozent der Tiroler Bevölkerung. Tirols AsylwerberInnen kommen vor allem aus Tschetschenien, dem kurdischen Raum, aus Afrika, Afghanistan, Irak, Iran sowie dem ehemaligen Jugoslawien und Albanien. Es wohnen  Familien und alleinstehende Asylwerber in Tirol. Die AsylwerberInnen bekomme monatlich 240 Euro Grundversorgung bezahlt.

Daniel Furxer

One Comment

  1. Wenn die Überalterung so weitergeht und immer weniger Kinder geboren werden, braucht Europa in den nächsten Jahrzehnten Millionen Menschen, die zuwandern. Ganz abgesehen davon, dass Asyl ein Menschenrecht ist: Wir müssen beginnen, Zuwanderung nicht immer nur als problematisch, sondern als Chance zu begreifen. Viele, die zu uns kommen, bringen Talente mit – andere sind vielleicht traumatisiert: Nur eine Gesellschaft, die sich den neuen Herausforderungen stellt statt sich abzuschotten, wird die zukünftigen Herausforderungen meistern. Rassisten vergiften nicht nur unser Zusammenleben – sie haben neben engen Herzen auch nur sehr wenig Hirn.

    Rasse: Mensch, Heimat: Erde.

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