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Natur im Museum

Auch heuer wieder kann das Tiroler Landesmuseum mit einer interessanten und sehenswerten Sommerausstellung aufwarten. Waren es voriges Jahr Städtelandschaften aus der Kunstepoche der „Neuen Sachlichkeit“ bis herauf zur Gegenwart, so ist es heuer der Tiroler Künstler Lois Weinberger, dem eine Personale gewidmet ist.

Bekannt geworden ist Weinberger durch sein Konzept der Wiederberpflanzung von Industriebrachen, wobei dieser Ausdruck Weinbergers Kunst nicht genau beschreibt. Es ist keine Widerbepflanzung im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr lässt der Künstler einfach etwas zu, indem er den Pflanzen – meistens handelt es sich dabei um sogenannte Ruderalpflanzen – Raum gibt, sich dort anzusiedeln und zu wachsen. „Kunst gibt nicht das Sichtbares wieder, sondern macht sichtbar“, heißt es etwa in einem Zitat des Künstlers, abgedruckt in dem Katalog zur Austellung.

Und das erklärt die Sache schon recht gut. Es ist ein Weg, den der Künstler da seit den achtziger Jahren geht, und den er mit Konsequenz verfolgt. Immerhin war Lois Weinberger damit auch schon 1997bei der Kasseler documenta X beteiligt, wo er ein stillgelegtes Gleis des Kulturbahnhofes Kassel auf eben diese Weise gestaltet hat. Der Künstler hat zahlreiche Ausstellungen in Europa bestritten. Grob gerastert könnte man Lois Weinbergers Arbeit als eine Weiterführung der Land Art bezeichnen, Kunst, die die Landschaft durch künstlerische Interventionen bearbeitet und gestaltet.

 
Man braucht Zeit für die Ausstellung, obwohl sie nicht sehr groß ist, aber man benötigt sie, um sich auf das Gezeigte einzulassen, das dahinter stehende Konzept zu verstehen, die Spuren der Natur und auch die Texte, die wie Pflanzen sich um diese herum gestalten, dabei die einzelnen Werke erklären. Schon gleich am Eingang des ersten Ausstellungsraumes lenken Baumschwämme, die an der Decke angebracht sind, unsere Aufmerksamkeit auf sich. Schwämme, die man hier nicht vermuten würde. Lois Weinberger bringt sozusagen die Natur ins Museum.
 
Gut gefallen hat mir auch des Künstlers Beitrag für die Biennale in Benin, wo er Voodooartige Gesichter aus Papier geformt auf Äste von Pflanzen, die in dieser Gegend vorkommen, gesteckt hat, und so eine Art künstlerischer Installation gemacht hat.

Das ganze hat mich auch ein bisschen an meine eigene Kindheit erinnert, wo ich auch immer wieder Dinge, die ich wo gefunden hatte, anderen Elementen wie etwa Wasser aussetzte, um zu beobachten, wie sie sich dabei veränderten, oder manchmal steckte ich auch Samen die ich wo gefunden hatte, in die Erde eines Blumenstockes, um zu schauen, ob was dabei wuchs., Warten auf das, was passiert, was kommt. Auch wie sich Natur ihren Raum zurückerobert..
Der Künstler als Gärtner sozusagen, obwohl Weinberger sich selbst nicht so sieht, vielmehr ist er ein Ermöglicher von Natur, was immer sich daraus entwickelt. Er lässt ihr die Freiheit
 
Als ich die Ausstellung besichtigte, erklang plötzlich „Ein Freund ging nach Amerika“ von Musyl & Joseppa. Ein Lied das das Duo in den späten achtziger Jahren auf einen Text Peter Roseggers geschrieben hatte, und das man damals oft im Radio hören konnte. Dieses Lied ist nicht Teil der Ausstellung, es gab keinen Lautsprecher, der das Lied über einen Bewegungsmelder oder so was anspielen würde, zumindest habe ich keinen solchen gesehen. Wahrscheinlich haben es Ausstellungsbesucher mit einem iPod oder einem Handy gespielt.
Aber es hätte gut gepasst, als eine Art neuzeitlicher Hymne auf die Natur, über das Werden und Vergehen derselben ohne unser Zutun.
Und noch ein Foto hat mich sehr beeindruckt, es zeigt einen erfrorenen Star auf einem Ast sitzend. Dort sitzt er, total festgefroren, Opfer einer zu frühen Kälte vielleicht, die ihn überrascht haben mag und so ein Symbol  auch für die Unwirtlichkeit und Heimatlosigkeit abgebend, der wir alle an unserem Ende entgegengehen.
 
Die Austellung läuft noch bis 27. Oktober 2013.

Hier noch ein kleiner Film durch die Ausstellung http://www.youtube.com/watch?v=z0-jL62BoJg

Helmut Schiestl

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