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Tatschdaun in Hötting

Die Bildungsreform nimmt enorm an Fahrt auf! Die aus Steuergeld finanzierte „amtliche Mitteilungszeitung Innsbruck informiert“ berichtet darüber höchst engagiert. Es ist nämlich so, dass Österreich seit einiger Zeit kaum mehr Hauptschulen hat, sondern „Neue Mittelschulen“, kurz NMS genannt. Dort findet moderner Unterricht statt, zum Beispiel in der NMS Hötting West.

Früher bloß eine ganz normale Schule, entwickelte sich die Institution zur „ersten Football Akademie Österreichs“, sozusagen einer echten „Ekedemi“. Die Schülerinnen und Schüler bekommen eine exzellente Sportausbildung in den Bereichen „Flägg Futboll, Tschierlieding und Teckl Futboll“.

Schon das eine sensationelle Steigerung des Bildungsniveaus, aber damit nicht genug: Die Schule bekommt eine eigene pädagogische „Kopore-it Eidentiti“ mit eigenen Schuljacken und wird von einem „Kotsching-Tiem“ begleitet. Sogar ein „Hedkotsch“ und eine „Tschierlieding Tre-inerin“ werden zur Verfügung gestellt!

Das ist echt „kuhl“, noch dazu gibt es eine eigene „Websait“: www.football-akademie.at/
Dort erfahren Ahnungslose auch, was unter „Tschierlieding“ „Flägg Futboll“ oder „Teckl Futboll“ verstanden wird. Letztere Tätigkeit ist ein Vollkontaktsport, bei dem es um „Raumgewinn“ geht. Also um etwas, das im späteren Leben ganz, ganz wichtig ist.
Achja: Tatschdaun schreiben die Engländer auch anders, nämlich „Touchdown“, und das bedeutet „einen Gewinn von sechs Punkten, indem der Ball in die gegnerische Endzone getragen oder dort gefangen wird.“

Womit klar sein dürfte, wohin die österreichische Bildungsreform geht.

 

Hinweis: Die Schreibweise orientiert sich an der neuen Rechtschreibung, wie sie auf Kakanien genauer beschrieben wird.

 

Foto: Damon J. Moritz / wikipedia

 

Erich Ledersberger

7 Comments

  1. Du kennst dich da ja richtig gut aus, oder? Weisst auch, dass Football ein sehr taktischer Sport ist, bei dem man sich viel merken muss. Ausserdem ist es ja eh blöd, wenn die Schüler sich mit ihrer Schule identifizieren, oder? Genau gleich blöd, wie wenn man sie zum sporteln bringt. Was sollen denn dicke Kinder beim Sport? Die ham dort ja gar nix verloren, oder?

     

    Dass die Leute, die die Akademie leiten, die besten ihres Faches in Österreich, vielleicht sogar tw. in Europa sind, ist ja auch blöd, da könnten die Kinder ja was gutes lernen, oder? Andi Pröller z.b. hätte in die NFL gehen können, ins Coaching der Oakland Raiders, bleibt aber lieber an einer NMS in Innsbruck. Dumm, oder?

     

    Schade, dass in Österreich grundsätzlich jeder Fortschritt gleich Scheisse ist und jeder der sich für was einsetzt gleich mal öffentlich lächerlich gemacht wird. Aber wahrscheinlich ist das moderner Journalismus…

  2. Ich kann nirgends herauslesen, dass der Autor die Football Akademie "Scheiße findet" … aber ich finde den Artikel sehr amüsant und zutreffend. Tirol hat die meisten SchulabbrecherInnen, die Lesekompetenz stürzt in allen Schultypen ab und europaweit sind wir eher unterdurchschnittlich.

     

    Und in Östereich? Die tägliche Turnstunde wurde ja gerade von ALLEN Parlamentsparteien beschlossen. Offizielle Begründung war übrigens das schlechte Abschneiden der österreichischen Athleten bei den Olympischen Spielen. Wer weiß, vielleicht sollten wir uns auf unsere Stärken besinnen und nur noch Skischulen eröffnen?

     

     

  3. Stimmt, steht nirgendwo, das er es scheisse findet. Auch das Update mit Kakanien hilft…

     

    Zum Thema Schulabbrecher könnt ich mir schon vorstellen, dass die Footballakademie helfen kann, schliesslich bindet sie dich auch an die Schule und Coaches und Lehrer stehen in direktem Kontakt. In den USA ists so, dass du bei schlechten Noten auch von Team aufgefangen wirst, zumindest an den guten Schulen. Ich halte das Betreuerteam für sehr gut und denke, dass speziell Daniel Dieplinger, der ja ausgebildeter AHS Leher ist, in dem Fall ein Glücksfall ist. Auch im Cheerleading (was mir auch nicht wirklich gefällt, wohl aber anderen) ist eine der besten Europas dran. Und wie gesagt, wenn es schon ein paar Schüler/innen gibt, die darum eher in die Schule gehen, hat das Projekt schon absolut Sinn.

  4. Stimmt: Ich finde Football NICHT "Scheiße". Ich finde bloß die häufige Verwendung von englischen Begriffen, die den meisten Menschen unbekannt sind, lächerlich. Genauer gesagt: Es sind Versuche, Fehlentwicklungen zu vertuschen.

    Wir haben in Österreich ein Bildungsproblem. Wenn an die 30% der 15-jährigen nicht zusammenhängend lesen können, dann sollten wir über die Ursachen nachdenken. Die tägliche Sportstunde wird daran nichts ändern. (Ich halte übrigens Sport für eine gute Sache, wenn es um den so genannten Breitensport geht. Der Spitzensport hilft vielleicht manchen Unternehmen, aber nicht den Jugendlichen.)

    Ob mein Text "moderner Journalismus" ist, weiß ich nicht. Ich bin kein Journalist, ich bin Lehrer und daher an Sprache interessiert. Bildung funktioniert nun mal in erster Linie über Sprache. Die ändert sich im Laufe der Zeit, damit habe ich kein Problem. Ein Problem habe ich damit, wenn (meistens englische) Wörter verwendet werden ohne Rücksicht darauf, dass möglichst alle sie verstehen.

    Das war das Thema. Nicht Football als Sport.

    Und wenn Schülerinnen und Schüler wegen Footballs eher in die Schule gehen und vielleicht "nebenbei" an Wörtern und Sätzen Gefallen finden, freue ich mich!

  5. Wir müssen Football nicht mögen und ehrlich gesagt Cheerleading find ich echt richtig doof aber: den Kindern soll es Spaß machen! Bei Football ist Teamgeist gefragt und es können Kinder mitmachen, für die Sport aufgrund ihrer Leibesfülle eher deprimierend ist. Es wird immer nur gejammert, dass die Schüler so blöd sind, dass das "System" nicht funktioniert (was ich auch glaube) und jetzt probiert mal jemand was Neues und wird promt ins Lächerliche gezogen. In 4 Jahren kann man sich lusig machen – oder eben auch nicht…

  6. Ich lese aus den Kommentaren zwei unterschiedliche Themen heraus die nichts, oder nur am Rande, miteinander zutun haben.

    Zum einen die Anpassung der englisch/amerikanischen Ausdrücke. Hier mein Lob an herrn Ledersberger zur interessanten Seite Kakanien, wird von mir bestimmt des öfteren besucht.
    Zum anderen um die "Futboll" Akademie. Ich muss sagen dass ich es eine sehr gute Idee finde, diesen Sport, der weit mehr mit Teamgeist und Taktik zu tun hat als Fußball, hier in Österreich mehr zu etablieren, auch wenn ich mit den europäischen Regeln nicht so einverstanden bin. Meiner Meinung nach wird Fußball mehr als überschätzt und ist ein "Proletensport" (wie man so sagt).

     

    Was den Begriff "neumodische amigerempel" betrifft, möchte ich darauf hinweißen, dass das erste aufgezeichnete Footballspiel, 1869 statt fand und Fußball, neben Rugby nur einige Jahre zuvor, seinen Ursprung, in dieser Form die es heute hat, hatte (aber alles weitere ist auf Wikipedia zu finden).

     

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