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Ohne behördlichen Befähigungsnachweis ka Musi?

Straßenmusik gehört zum urbanen Flair einfach dazu. In Innsbruck wird jetzt ernsthaft darüber diskutiert, die Qualität der musikalischen Darbietungen behördlich überprüfen zu lassen.

 

Diese Idee kommt von Gemeinderat Rudolf Federspiel, der für seine Law-and-Order-Ansichten bekannt ist. Federspiel hat schon ein Kopfgeld auf Graffitisprayer/innen ausgesetzt und fordert eine Stadtpolizei, um der „Drogenszene“ Herr zu werden.

 

Sein Antrag, den er gemeinsam mit Ex-FPÖ-Mandatar Christian Haager eingebracht hat, verlangt, dass sich Straßenmusiker/innen einer Eignungsprüfung unterziehen müssen. Nur wer musikalisch mindestens auf Musikschulabschluss-Niveau spielt, darf dann im öffentlichen Raum trällern und bzw. oder klimpern.

 

Straßenmusik in Innsbruck
Dabei ist Straßenmusik in Innsbruck schon jetzt stark reglementiert: So braucht es eine amtliche Bescheinigung und mindestens jede halben Stunde muss der Standort gewechselt werden. Außerdem darf nur von 9:30 bis 21 Uhr musiziert werden – und das ohne Schlaginstrumente, Dudelsack und Verstärker. An Sonntagen und während der Zeit des Christkindlmarktes ist Straßenmusik generell verboten.

 

Ob der sympathische junge Mann auf dem Foto eine solche Prüfung bestehen würde, wage ich nicht zu beurteilen. Jedenfalls sang er sehr eindringlich und hatte nichts dagegen, für ein Foto zu posieren. Warum muss eigentlich alles immer bis ins letzte Detail überprüft und reglementiert werden? Vielleicht überlegen es sich die Damen und Herren im Stadtsenat nochmals und bedenken die alte Volksweisheit: „Wo man singt, da lass dich nieder. Böse Menschen kennen keine Lieder.“

 

Links

www.krone.at/Tirol/Strassenmusikanten_sollen_am_Magistrat_vorspielen_muessen-Falsche_Toene-Story-258477

 

Andreas Wiesinger

11 Comments

  1. klasse… und  hören wir jetzt dann nur noch schlager ? 😉 in innsbruck gibts sowieso viel zu wenig musik auf den straßen

  2. Gegenvorschlag: wir, der Souverän fordern einen Befähigungsnachweis von Politikern und Bankdirektoren und sonstigen Leistungsträgern, die die individuellen Freiheiten der Bürger immer noch mehr reglementieren und beschneiden wollen.

    Ich hab die Nase schon so was von voll, die zwar nie Geld für Bildung und Soziales haben, aber für immer noch dreistere bürokratische Dummheiten und für Bankenrettungen. *wut*

    • Ich hab die Nase schon so was von voll,von den sogenannten, selbsternannten Leistungsträgern, die zwar nie Geld für Bildung und Soziales haben, aber für immer noch dreistere bürokratische Dummheiten und für Bankenrettungen. *wut*

  3. alles verbieten, was nicht in die "tourismusstadt" innsbruck passt. trällern darf der junge herr am foto aber schon. federspiels antrag zielt auf instrumentales musizieren ab. aber eigentlich geht es um folgendes: "als musikanten getarnte bettler, denen bislang nicht bzw. nicht im gebotenen umfang einhalt geboten wurde". alles klar?

  4. Dieses Thema würde sich prima für einen Flashmop eignen!

    Man könnte sich ja zu einem bestimmten Zeitpunkt,  z.Bsp. in der Theresienstrasse treffen, natürlich mit möglichst vielen (auch improvisierten) Musikinstrumenten!  

    Aber bitte explizit nur Personen UNTER Musikschulabschluss-Niveau 😀

    Und dann möglichst falsch musizieren.

    Nun mal im Ernst, was kommt als nächstes? Gewandkontrolle? Frisurenkontrolle? Herrn Federspiel traue ich das leider zu!

     

  5. Einstimmig abgelehnt wurde der Antrag Federspiels im Stadtsenat. Der spricht jetzt von "Sauerei" und hat die Katze aus dem Sack gelassen: Man müsse doch gegen die Bettler vorgehen. Was bedeutet, die Armen zu bekämpfen – nicht die Armut. Menschlich ist der Mann ein Abgrund …

  6. Einstimmig abgelehnt wurde der Antrag Federspiels im Stadtsenat. Der spricht jetzt von "Sauerei" und hat die Katze aus dem Sack gelassen: Man müsse doch gegen die Bettler vorgehen. Was bedeutet, die Armen zu bekämpfen – nicht die Armut. Menschlich ist der Mann ein Abgrund …

  7. Präsentieren wir dem federspiel echte Straßenkultur. Das Bündnis für mehr Sensibilität für Straßenkultur veranstaltet ein Protesforum der Straßenkunst am 11.06. in der Zeit von 15:00Uhr – 20:00Uhr auf der Maria-Theresien-Straße (von der Anichstraße bis zum Eingang der Altstadt sämtliche öffentliche Stellen beidseitig.)

    Hier der Text für die polizeiliche Anmeldung und Erklärung.

    Link: http://www.facebook.com/?sk=messages&tid=1743802031411#!/event.php?eid=173500166042027

     

    Sehr geehrte Damen und Herren!

    Ausgegangen von der politisch kontrovers geführten Diskussion auf Stadtregierungsebene über „Qualitätskontrollen“ der Straßenkünstler_innen, und das Erschweren der Genehmigungen, haben sich Bühnen, Bild und Straßenkünstler_innen getroffen, um auf den gesellschaftlichen Wert der Straßenkulturen aufmerksam zu machen. Unter dem Motto „Bekenntnis zur Stadt bedeutet auch Bekenntnis zur Straßenkultur“, soll Hrn. Gemeinderat Federspiel und anderen Fraktionen im Gemeinderat, ein kultureller Input gegeben werden, um die abwertenden Aussagen über Straßenkultur noch mal kritisch zu überdenken.

    Weil diese Kundgebung als Sensibilisierungsmaßnahme für Zivilgesellschaft und Politik zu verstehen ist, handelt es sich in diesem Fall nicht um eine klassische Veranstaltung, sondern um eine demokratisch legitimierte Kundgebung. Die Darbietungen sollen nicht als Entertainment betrachtet werden, sondern als Mittel der Kommunikation. Jede/r Künstler_in drückt sich durch seine/ihre Kunstform aus, die auch nicht von jeder/m verstanden werden muss, jedoch erwarten wir uns von ALLEN gewählten Vertreter_innen, eine gewisse Grundsensibilität, die sich gerade im Diskurs der Sub- und Straßenkultur sehr vermissen lässt. Wir betrachten diesen Zustand als gesellschaftspolitische Schieflage, die aktiv gesetzte Kulturoffensiven und Initiativen von uns erfordert.

    Wir verzichten hierbei auf klassische Umzüge und Märsche. Unsere Kunst soll sprechen.

    Aktionsraum ist die Maria-Theresien-Straße, von der Kreuzung Anichstraße bis zum Eingang der Altstadt auf beiden Straßenseiten im ÖFFENTLICHEN Bereich.

    Solidarisch unterstützt wird die Forderung nach mehr Sensibilität für Straßenkultur, von diversen Musiker_innen, Tänzer_innen, Clowns, anderen Straßenkünstler_innen, Bühnenkünstler_innen, Schauspieler_innen von Theater und Film, und Unterstützer_innen der Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik, die auch vor Ort ihre Solidarität zum Teil über Ansprachen zum Ausdruck bringen werden.

    Erwartet werden voraussichtlich 50 aktive Künstler_innen. Die Versammlung und Präsentation ist auf Positivität und Freude an der Vielfalt in Innsbruck ausgelegt.

    Koordination des Bündnisses übernimmt Mesut Onay.

    Mit freundlichen Grüßen

     

     

     

  8.  (Visionäre) Outlaws

     

    Auf der Straße und im urbanen Raum lässt es sich gut erfahren, was erlaubt ist und was nicht. Fasziniert von der Möglichkeit, sich dort relativ frei präsentieren zu können, habe ich 1982 in Wien begonnen, professionell Straßenmusik zu machen. Es wurde unter Helmut Zilk als Bürgermeister anfänglich sehr liberal gehandhabt und man konnte z.B. auf den Fußgängerzonen im Zentrum täglich zwischen 17:00 und 21:00 ohne Genehmigung auftreten. Samstags ging ich zum Flohmarkt, wo es in der Mitte einen Platz gab, auf dem Straßenkünstler ihre Darbietungen zeigten. 

     

    1983 wurde das Gesetz überarbeitet und war für einige Monate (Gott sei Dank im Winter) ausser Kraft gesetzt worden. Dies haben "Nouschin Vosoughi" und ich zum Anlass genommen, mit dem Kulturstadtrat, dem Bezirksvorsteher der Innenstadt, Strassenkünstlern und Journalisten im "Metropol" darüber zu diskutieren. Es ging maßgeblich um den Paragraphen des sog. "Bettelmusizierens", wonach es eigentlich nicht gestattet ist, sowohl aktiv, als auch passiv Geld entgegenzunehmen. Es erschienen einige Artikel und am nächsten Tag wurde ich zu einem Interview in die Sendung "ohne Maulkorb" eingeladen. Als ich unmittelbar danach auf der "Kärntnerstraße" auftrat, forderte mich ein Polizist auf, den Gitarrenkoffer zu schließen, in welchen das Publikum ihre Spenden legte. Als ich mich weigerte, wurde ich festgenommen und eine Nacht eingesperrt.

     

    Ähnlich erging es mir ein halbes Jahr später in Zagreb, wo ich beim Musizieren auf der Fußgängerzone auf die Wache mitgenommen wurde. Danach hat man mich 3 Tage u.a. mit massivem Psychoterror ins Gefängnis gesteckt, ich musste dann das Land innerhalb von 24 Stunden verlassen und bekam 5 Jahre lang Einreiseverbot.

     

    Als ich 1987 erstmals in Innsbruck auftrat, erschienen in der "Tiroler Tageszeitung" ebenfalls Artikel über den Umgang mit Straßenkunst. Hier wurde diese restriktiver geregelt. So musste man sich eine Genehmigung holen, die 3 Tage gültig war und 260 Schilling (heute ca. € 30,-) kostete.

     

    1990 bis 1992 habe ich den Spiess umgedreht und mich als bezahlter "Stadtgaukler" für jeweils 3 Monate im Sommer vom Kulturamt und den Geschäften subventionieren lassen.  

     

    1995 habe ich unter dem Titel "Straßenkunst und was dazu gehört" im Rahmen vom "Festival der Träume" im "Utopia" eine Ausstellung und Podiumsdiskussion mit Herbert Waltl, Wickerl Adam und Roland Girtler organisiert.

     

    In Europa waren Ende der 70er Jahre die großen Zentren der Platz vor dem Centre Pompidou (Paris), Covent Garden (London), oder der Piazza Navona (Rom) und die Szene hatte einen regen Austausch. Aus dieser Bewegung sind weltweit dutzende Festivals entstanden und berühmte Künstler und Theatergruppen hervor gekommen, wie Peter Sellars, der auf der Straße Puppentheater aufführte, oder Royal de Luxe, die heute ganze Großstädte mit ihren poetischen Inszenierungen bespielen.

     

    Ich möchte mich gerne kreativ bei dieser Kundgebung einbringen, indem ich sowohl aus meinem Klassik-Programm "Tom & Ferry" etwas zum Besten gebe, welches seine Anfänge in besagter Zeit hat, als auch mit einer kleinen Installation einen Input geben. 

     

    Dazu nehme ich von mir Kopien von Artikeln, Postkarten, einen Kalender von 1991 und eine Broschüre mit.

     

    Außerdem die Langspielplatte "otto & bärnelli" / lage(r)bericht (1981), die CD "Rumpelstielz" von Klaus der Geiger / 20 Jahre Straßenmusik (1996) mit und folgende Bücher zu diesem Thema: "Bouffonneries" / les Theatres de la rue (1980), "passing the hat" / streetperformers in America (1981), "Strassenmusik" / ein Handbuch (1981), "Guida al Mimo e al Clown" (1982), "Musicisti di Strada" / Ferrara (1989), "Oerol" / Tershelling als Podium (1992), "Chalon dans la rue" (2. Auflage 1996), "Odin Teatret" (2000), "20 Jaar Oerol" (2001), Straattheater (über einige der bekanntesten Festivals), Royal de Luxe 1993-2001 (2001), Straßenbilder / Straßentheater in Holzminden (1995), "Otto & Bärnelli" 1977-1997, "cirque Plume" (1998), "go.stop.act! / die Kunst des kreativen Straßenprotests (2005).  

     

    PS: der Gründer des Festivals "Mimos" in Périgueux öffnet 2 Mal pro Woche seine private Bibliothek in Marseille, in der sich 2000 Bücher zu diesem Bereich befinden.

     

    Tom Zabel / IBK

     

     

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