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Leerstand sichtbar machen

Wohnraum ist in Innsbruck ein knappes Gut. Das – so will man uns zumindest glauben machen – sei der Grund für die prekäre Situation am hiesigen Immobilienmarkt. Horrende Mieten und jahrelange Wartezeiten auf den Anwärterlisten für Stadtwohnungen seien unvermeidbare Folgen dieser „Tatsache“. Die Politik (aller Lager) legt angesichts der sich zuspitzenden Lage unverhohlene Inkompetenz an den Tag. Während das Geschäft mit Anlegerwohnungen und Luxusimmobilien boomt, wird das Dach über dem Kopf für die breite Masse zum Luxusgut.

Alle vollmundigen Politikerversprechungen von leistbaren Mieten sind spätestens am Wahlabend verpufft. Doch ist Wohnraum in Innsbruck tatsächlich Mangelware? provinnsbruck wird in den folgenden Wochen genauer hinsehen und ergründen, wie es in der Hauptstadt der Alpen um den Leerstand bestellt ist. Und Sie, liebe LeserInnen, sind herzlich eingeladen, uns dabei zu helfen.

Die aktuelle Überarbeitung der Vormerk- und Vergaberichtlinien für die Sozialwohnungen der Stadt Innsbruck (provinnsbruck berichtete an dieser Stelle) markiert den jüngsten Tiefpunkt in der völligen Ideenlosigkeit der Politik im Umgang mit der Wohnungsnot. Wir wollen in diesem Zusammenhang das Tabuthema Leerstand ins Spiel bringen. Denn auch in Innsbruck stehen zahllose Gebäue ungenutzt leer.

Wie viele es sind, weiß niemand, denn es existieren keinerlei Statistiken dazu. provinnsbruck will den Leerstand nun sichtbar machen und aufzeigen, wo und warum in Innsbruck Immobilien unbewohnt sind, während tausende Menschen verzweifelt nach leistbaren Unterkünften suchen. Es geht nicht darum, einzelne anzuprangern, wir wollen vielmehr Bewusstsein für diese Problematik schaffen. Denn letztlich ist die Politik gefordert, im Sinne des sozialen Friedens Lösungen für das Problem Leerstand zu finden.

Zum Start der neuen Serie „Leerstand in Innsbruck“ stellen wir ein Objekt vor, das im Besitz der Stadt Innsbruck ist. Hier steht seit Jahren eine Stadtwohnung in Innsbrucks schönster Wohngegend ungenutzt leer.

Bienerstraße 1 – EG
An der Ecke Kaiserjägerstraße-Bienerstraße im Innsbrucker Villensaggen steht ein wunderbares gelbes Herrschaftshaus, das im Besitz der Innsbrucker Immobiliengesellschaft (IIG) ist. Das Haus wurde 1894 im Auftrag des damaligen Sparkassendirektors und Innsbrucker Altbürgermeisters Heinrich Falck von der Firma Johann Huter & Söhne erbaut.
Falck übertrug die Villa später seiner jüngsten Tochter als Aussteuer. Wie die Immobilie in den Besitz der Stadt Innsbruck überging, konnte im Zuge der Recherche nicht geklärt werden, jedenfalls sind seit den 1950er-Jahren drei geräumige Stadtwohnungen im Haus untergebracht.

Die Wohnung im Erdgeschoß steht nun aber seit Jahren leer. Mehr als 130 qm erstklassiger Wohnraum mit riesigem Garten in bester Lage verfallen ungenutzt. Hintergrund dieses Leerstandes: Die IIG will das Haus verkaufen, allerdings befinden sich im Haus noch zwei Mieter.

Daher setzt man nun auf den Faktor Zeit (eine Mieterin ist bereits recht betagt) und wartet ab. Die letzte Mieterin in der nun leerstehenden Erdgeschoß-Wohnung, eine ebenfalls betagte Dame, übersiedelte vor Jahren in ein Pflegeheim und wurde besachwaltert. Seit Anfang 2011 ist sie offiziell nicht mehr Mieterin in der Bienerstraße 1. Fazit: Die Stadt Innsbruck agiert als Immobilienspekulant und duldet bewusst Leerstand.

Helfen Sie uns, Leerstand in Innsbruck sichtbar zu machen. Melden Sie sich bei uns, wenn Sie Wohnungen oder Häuser kennen, die seit längerer Zeit ungenutzt leerstehen: leerstand.innsbruck@hotmail.com

Randnotiz: Aufmerksame LeserInnen werden wissen, dass auch gegenüber des Objektes Bienerstraße 1 seit Jahren eine Villa leersteht. provinnsbruck hat dazu recherchiert: Das Haus in der Kaiserjägerstraße 24 ist eine imposante rote Villa im Neoranaissancestil aus dem Jahr 1895, erbaut von Baumeister Josef Spörr im Auftrag des k. k. Kämmerers Ferdinand Graf von Thurn & Taxis. Bis Mitte des vergangenen Jahrzehnts wurde dieses Objekt als Wohnhaus genutzt (zwei 6-Zimmerwohnungen sowie eine kleinere Wohnung im Dachgeschoß).

Dann kaufte die Firma Innerebner die Villa und ließ sie aufwändig zu einem Bürogebäude umbauen, man wollte sie künftig als Fimrenzentrale nutzen. Es folgte alsbald der Konkurs der Firma Innerebner und das Objekt stand leer. Vor zwei Jahren erstand nun Hotelier August Penz das Haus aus der Innerebner-Konkursmasse. Nach weiteren zwei Jahren Leerstand konnte diese Villa nun mit 1. Jänner 2014 an eine Steuerberaterkanzlei vermietet werden.

Text und Idee: SQUATTER


7 Comments

  1. Nachdem der Herr Vizebürgermeister Kaufmann sich so reinhängt, um die Vergaberichtlinien für städtische Wohnungen weiter zu verschärfen, wäre doch das Mindeste, solche Wohnungen nicht einfach leer stehen zu lassen. Aber natürlich macht es mehr Spaß, Leute zu drangsalieren und seine Macht auszuspielen als sich der eigentlichen Hauptaufgabe der Politik zu widmen: DIENST-LEISTUNG an der Bevölkerung nämlich!

  2.  bitte bedacht sein, mit der veröffentlichung von leerständen. ich habe das gefühl, dass etliche baufirmen es darauf abgesehen haben könnten… ich jedenfalls bin für die erhaltung der schönen gärten und natürlich eine sinnvolle nutzung der gebäude!
    dankeschön jedenfalls für das wichtige thema!

  3.  Sehr tolle Initiative! Es wird Zeit, sichtbar zu machen, was die Ursachen für die Wohnungsnot in Innsbruck sind.

  4. So einen widerwärtigen Schwachsinn hätte ich von provinnsbruck nicht erwartet.

    1.) Detaillierte Angaben über die Art und Weise, wie ein Haus bewohnt wird, im Internet zu veröffentlichen ist fahrlässig.
    2.) Alter und gesundheitlichen Zustand von Hausbewohnern im Internet zu veröffentlichen ist widerlich.
    3.) Leute zum Schnüffeln anzuheuern weckt Erinnerungen an grausliche Zeiten, die (offensichtlich) nur Vereinzelte heute wieder haben wollen.

    Pfui!

    • 1.) Angesichts der Wohnungsknappheit ist es durchaus wünschenswert, wenn es in diesem Punkt etwas mehr Transparenz einkehrt. Es ist vielmehr ungeheuerlich, wenn hier künstlich eine Wohnraumknappheit erzeugt wird.
      2.) Solange hier nicht die Namen der BewohnerInnen bekanntgegeben werden, ist das in diesem Fall vertretbar. Immerhin sind es andere, die hier mit dem Faktor Zeit spielen. Dies aufzuzeigen, ist offenbar das Ziel des Verfassers.
      3.) Wenn es "an grauslige Zeiten" erinnert, wenn auf Missstände in der Wohnungspolitik hingewiesen wird und mitunter die Eigentumsfrage gestellt wird, dann ist Ihnen auch nicht mehr zu helfen.

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