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Land Tirol: Zensur statt Kultur?

Wer bisher der Meinung war, dass Zensur hier zu Lande kein Thema mehr ist, irrt. Laut Angaben der TKI (Tiroler Kulturinitiativen / IG Kultur Tirol) spricht sich Landesrätin Dr. Beate Palfrader dezidiert gegen die Förderung zweier Siegerprojekte aus, die im Rahmen der TKI open 12 von einer unabhängigen Fachjury ausgewählt wurden. Doch wer bestimmt eigentlich, was (kein) Thema ist?

 

STELLUNGNAHME DER TKI:

 
Land Tirol zensuriert Kulturprojekte bei TKI open

Zum ersten Mal in der zehnjährigen Geschichte der Förderschiene TKI open lehnt das Land Tirol Kunstprojekte ab, die von einer unabhängigen Fachjury ausgewählt wurden. Landesrätin Palfrader stellt sich gegen künstlerische Meinungsfreiheit.

Das Auswahlverfahren von TKI open gilt österreichweit als Musterbeispiel für transparente Kulturförderung: eine Fachjury, bestehend aus fünf ExpertInnen, diskutiert in einer öffentlich zugänglichen Jurysitzung über die eingereichten Kunst- und Kulturprojekte und wählt diejenigen aus, die im Rahmen des Fördertopfes TKI open realisiert werden sollen.

TKI open 12 wurde unter dem Motto „kein Thema“ ausgeschrieben und verstand sich als Einladung an KünstlerInnen und Kulturschaffende, Themen aufzugreifen und künstlerisch zu bearbeiten, die aus unterschiedlichsten Gründen „kein Thema“ sind, weil sie vergessen, verschwiegen, bagatellisiert – kurz unter den Teppich gekehrt werden. Gerade bei diesem Thema entscheidet Kulturlandesrätin Beate Palfrader, dass zwei von der Jury ausgewählte Kunstprojekte weiterhin kein Thema sein sollen und nicht gefördert werden.

Es handelt sich dabei zum einen um das Projekt Alpenländische Studien von Tal Adler, das sich auf künstlerische Weise mit der NS-Vergangenheit in Tirol auseinandersetzt und Aspekte bearbeitet, die bis dato kaum beleuchtet wurden.

Zum anderen wurde das Projekt Wahlen sind Betrug des Künstlers Oliver Ressler abgelehnt, das den 1968 in Paris geprägten Slogan „Wahlen sind Betrug“ ("Elections piège à cons") aufgreift und in einer Plakatserie öffentlich zur Diskussion stellt.

Die Begründung für diese Entscheidung wurde der TKI lediglich mündlich mitgeteilt. Eine schriftliche Stellungnahme von Seiten des Landes gibt es trotz mehrfacher Nachfrage durch die TKI und die ProjektbetreiberInnen bis dato nicht. Es liegt auf der Hand, dass die Gründe, warum das Land Tirol die Entscheidung einer Fachjury aushebelt, politisch motiviert sind. Die Ablehnung der „Alpenländischen Studien“ wurde u.a. damit begründet, dass die NS-Vergangenheit in Tirol hinlänglich aufgearbeitet worden sei. Dies widerspricht der mehrmals von LH Platter geäußerten Position, dass eine lückenlose Aufarbeitung dieser Geschichte notwendig sei. Das Projekt „Wahlen sind Betrug“ wird als „inhaltlich falsch“ bezeichnet.

Kulturlandesrätin Palfrader setzt sich über die Meinung einer Fachjury hinweg und meint, dass die beiden Projekte den „Qualitätskriterien des Landes“ nicht entsprechen würden. Die Frage ist, auf welche Qualitätskriterien sich die Landesrätin bezieht. Es stimmt zwar, dass die zuständige Landesrätin die Letztentscheidung in Förderangelegenheiten hat. Im Falle von Projekten, die dem Kulturförderungsgesetz oder den Richtlinien des Landes widersprechen würden, wäre ein solcher Schritt auch nachvollziehbar. Die zwei angesprochenen Kunstprojekte widersprechen jedoch in keiner Weise gesetzlichen Richtlinien sondern allenfalls dem Geschmack und der politischen Haltung der Landesrätin. Ihre Ablehnung ist demokratiepolitisch mehr als bedenklich und ein unakzeptabler Angriff auf die Meinungsfreiheit in Tirol.

Für die TKI stellt diese Entscheidung des Landes die Förderschiene TKI open grundsätzlich in Frage. Es ist weder den JurorInnen noch den Kulturschaffenden zuzumuten, dass nach einer transparenten und fairen Jurierung das Land Tirol ausgewählte Kulturprojekte im Nachhinein aus fadenscheinigen inhaltlichen Gründen ablehnt.

Die TKI fordert daher:

• Die Zurücknahme der Förderablehnung durch die Kulturlandesrätin und die Kulturabteilung des Landes!
• Schluss mit parteipolitischer Einflussnahme auf künstlerische / kulturelle Inhalte!
• Radikale Transparenz in der Fördervergabe!

Wenn Sie unser Anliegen unterstützen möchten, schicken Sie bitte ein Statement an

Kulturlandesrätin Dr. Beate Palfrader

(BUERO.LR.PALFRADER(at)TIROL.GV.AT) und cc an die TKI (office(at)tki.at).

Weitere Informationen:


http://www.tki.at/tkiweb/tkiweb
 

Isabella Krainer

6 Comments

  1. …zache Geschichte! Hab davon gerade hier in Wien gehört, weil mich ein Kollege drauf angesprochen hat und ich konnte es nicht glauben… was geht dann da ab?

     

  2. zu behaupten, die NS-Zeit in Tirol sei schon genug aufgearbeitet, ist totaler Blödsinn! Frechheit, was Stadt und Land eigentlich tun sollten, darf auch von Künstlern nicht gemacht werden! Dafür haben wir ein neues Museum, das lächerlicher, bedeutungsloser und teurer nicht mehr geht!!!

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