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Lamin J. abgeschoben – Doch unser Widerstand bleibt!

Am Samstag, 28. Mai 2011 in der Früh wurde Lamin von Wien-Schwechat aus über Brüssel nach Gambia abgeschoben. Nach einem fast vier Wochen andauernden Bleiberechtskampf, bei dem Lamin zweimal gegen die rassistische Staatsgewalt erfolgreich war, wollten Politik, Polizei & Behörden an ihm die Härte des Gesetzes demonstrieren.

 

Unter Missachtung jeder Form der Rechtsstaatlichkeit wurde ihm zehn Tage lang die Entscheidung des Innenministeriums verheimlicht. Politiker_innen, Beamt_innen und Polizist_innen haben Lamin und seine zahlreichen Unterstützer_innen belogen und hintergangen.

Vorgeschichte: Breite Solidarität für Lamin – die Wochen des Wartens
Am Montag, 9. Mai meldete sich Lamin um 20 Uhr gemäß den Auflagen des "gelinderen Mittels" (2-mal täglich Meldepflicht bei der Haller Polizei). Er wurde von den Polizist_innen für die Abschiebung, die für Dienstag morgen, 10. Mai um 7 Uhr von Wien-Schwechat angesetzt war, verhaftet. Daraufhin blockierten 200 Aktivist_innen aus unterschiedlichen Gesellschaftsbereichen alle Ein- und Ausgänge der Haller Polizei. Nach vier Stunden wurde die Abschiebung abgebrochen. Ein Riesenerfolg und ein Zeichen, dass ziviler Widerstand notwendig ist und etwas bewirken kann.

Von diesem Zeitpunkt an wurden von Aktivist_innen "Solidaritätswachen" über Nacht vor dem Haller Flüchtlingsheim organisiert. Diese Soli-Wachen wurden auch von den anderen Heimbewohner_innen begrüßt. Das Vertrauen in die Polizei, die stets beteuerte, Lamin sei derzeit nicht in Gefahr, war nicht mehr vorhanden. Jeden Tag begleiteten zwei Menschen mit Vollmachten Lamin zur Haller Polizei. Sowohl das Innenministerium als auch die Tiroler Behörden sagten, dass die Entscheidung über die Berufung noch dauern würde…

Die Festnahme und die Lügen
Am Freitag, 27. Mai in der Früh wurde Lamin bei der täglichen Polizeimeldung in Hall gewaltsam von sechs Polizist_innen festgenommen. Den begleitenden Personen wurde trotz bestehender Vollmacht jeglicher Kontakt zu ihm verweigert. Die Begleitperson wurde sowohl am telefonieren als auch am Kontakt mit Lamin gehindert. Auch wurde ihr Einsicht in den Bescheid verweigert. Ein Grundrecht, welches jeder Bevollmächtigten zusteht.


Lamin wurde sofort nach Wien gebracht und durfte keinen Kontakt zu seinen Rechtsberater_innen aufnehmen. Der Bescheid, der als Grundlage für die Verhaftung diente, lag seit mehr als 10 Tagen bei den Tiroler Behörden, namentlich bei Klaus Lamplmayr, Leiter der Fremdenpolizei der BH Innsbruck-Land.

Wütende Proteste gegen zynische Machtpolitik
Anfänglich waren alle Menschen, die sich seit vier Wochen für Lamin eingesetzt hatten geschockt. Wie zynisch können Beamt_innen sein? Wie zynisch & menschenverachtend kann ein System sein, dass sich "Demokratie" nennt und vorgibt, Menschenrechte zu achten und zu verteidigen? Freitag Abend gab es in der Innsbrucker Innenstadt spontane Proteste gegen das Vorgehen der Polizei.

Am Freitag Nachmittag solidarisierten sich die 14 teilnehmenden Organisationen bei der 2. Bleiberechtskonferenz in Linz und forderten die sofortige Freilassung von Lamin. Ebenfalls am Freitag Abend demonstrierten in Wien rund 70 Aktivist_innen vor dem ÖVP-Partyzelt am Heldenplatz gegen die rassistische "Fremden"- und Abschiebepolitik.

Abschiebeflug – Und keine/r will Verantwortung übernehmen
Samstag Früh ab 5 Uhr protestierten rund 20 Menschen am Check-In-Schalter der Brussels Airlines mit Infoblättern gegen die Abschiebung von Lamin. Zwei Aktivist_innen versuchten noch im Flugzeug gegen die menschenverachtende Abschiebepraxis zu kämpfen. Die beiden konnten noch kurz mit Lamin reden, bevor die drei Fremdenpolizisten sie abdrängten.

Die Versuche, Passagier_innen über die Situation und den Fall von Lamin zu informieren und sie zu Zivilcourage zu animieren, waren leider erfolglos. Auch die Crew weigerte sich, die Abschiebung zu beenden, was der Pilot hätte machen können. Stattdessen wurden die beiden Aktivist_innen von drei Polizisten gewaltsam aus dem Flugzeug geschafft und die Abschiebung von Lamin wurde durchgeführt.

Wut und Trauer
Um der Wut und der Trauer über die Ereignisse Ausdruck zu verleihen, waren Samstag Vormittag, 28. Mai bei einer Kundgebung vor der BH Innsbruck ca. 400 Personen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Zusammenhängen anwesend. Nach der Kundgebung fand ein spontaner Flashmob, ebenfalls als lautstarke Form des Protests gegen die Abschiebung, statt.

Am Abend wurde in Hall nahe der Polizeistation, wo Lamin besonders den Zynismus und die Brutalität der Behörden, jedoch auch die Solidarität einer breiten Unterstützer_innenschaft erfahren hat, eine weitere Kundgebung veranstaltet. Dabei wurde die Verwicklung und die Beteiligung der Haller Polizist_innen thematisiert.

Lamin ist einer von vielen und wie viele ist er einer von uns!
Lamin war bereit, für ein gesichertes Leben in Österreich zu kämpfen. Wir als seine Unterstützer_innen waren es auch.
Wir sind enttäuscht & wütend aber wir geben nicht auf! Wir haben unser Vertrauen in Polizei und Rechtsstaat, welches ohnehin nie sehr groß war, endgültig verloren. Solange sich Beamt_innen, Politiker_innen und Polizist_innen hinter Paragrafen und Gesetzen verstecken und vorgeben, nur ihre "Pflicht" zu tun, muss und wird der Widerstand gegen diese Unverantwortlichkeit weitergehen.

Für Lamin und alle anderen Flüchtlinge, Illegalisierte und Migrant_innen!
Für die globale Bewegungsfreiheit aller Menschen!
Für die gleichen Rechte für alle Menschen!

www.plattform-bleiberecht.at

Redaktion

3 Comments

  1. Das Stadtblatt schreibt auch von "Marokkaner-Terror am Hauptbahnhof", was erwartest du dir? Der Mainstream ist Österreich ist rechts, also sind auch die Medien rechts.

  2. … und im heutigen Stadt Blatt schlagen die Rechten zurück: Noch-Bürgermeisterin Oppitz-Plörer und ihre "christlich-soziale" Kollegin Waibel sprechen sich klar für die derzeitige "rechtstaatliche" Abschiebepraxis aus. Sie sind blind für Probleme mit der derzeitigen Asylpolitik und bekommen auch noch Schützendeckung von van Staa.

    Es wird Zeit, dass solche Menschen in der Politik keine führende Rolle mehr einnehmen!

    Hier der Artikel:

    http://regionaut.meinbezirk.at/innsbruck/politik/bis-hierher-aber-sicher-keinen-millimeter-weiter-d76718.html

    Und die Antwort der Grünen:

    http://regionaut.meinbezirk.at/innsbruck/politik/menschlichkeit-anstatt-pragmatismus-d76722.html

     

    Was sagen die Roten dazu? Gibt es da zumindest die Chance auf Zusammenarbeit mit den Grünen in Innsbruck?

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