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Von Shakespeare bis Lady Gaga: Die Schätze des Innsbrucker Zeitungsarchivs

50 Jahre hat die Innsbrucker Institution mittlerweile auf dem Buckel und wird dabei immer moderner und bleibt am Puls der Zeit. Aus 15 Ordnern mit Buchbesprechungen, die Archivgründer Michael Klein 1966 als Doktorand nach Innsbruck mitbrachte, sorgfältig ausgeschnitten und aufgeklebt, hat sich in mittlerweile mehr als fünf Jahrzehnten die größte universitäre Dokumentationsstelle für journalistische Literaturkritik im deutschen Sprachraum gebildet.

 

Über 1 Million Zeitungsartikel stehen den BenutzerInnen des Innsbrucker Zeitungsarchivs, kurz IZA, zur Verfügung. Das Wörtchen ‚universitär’ soll dabei nicht abschrecken: Zwar werden die Bestände des IZA hauptsächlich zu Forschungszwecken genutzt, das IZA wendet sich aber an jeden Literaturinteressierten. Gesammelt werden nicht nur Rezensionen zu deutschsprachigen Texten und zur Weltliteratur, sondern alles, was irgendwie mit Literatur und ihren Nachbargebieten zu tun hat: Theaterbesprechungen, Bestenlisten, Interviews mit Autoren, Porträts, Reportagen zu Buchmessen und Buchpreisen, Leserbriefe und Glossen, das Sammelgebiet ist breit gefächert. Auch Literaturverfilmungen, Kabarett, sprachwissenschaftliche Themen und sogar Musik finden Eingang in die Bestände des IZA.

 

Die Auswertung von 32 Tages- und Wochenzeitungen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Südtirol gehört zum täglichen Geschäft des Teams. Die Stärke liegt dabei in der Mischung von Regionalität und Internationalität. Die großen Zeitungen wie Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung oder Die Zeit werden ergänzt durch kleinere, lokale Zeitungen wie die Dolomiten, Vorarlberger Nachrichten, Tiroler Tageszeitung oder der Stuttgarter Zeitung. Von Berlin bis Bozen, Wien bis Zürich wird also der gesamte deutschsprachige Raum abgedeckt. Artikel zu kleinen Dorfbühnen finden sich genauso wie die Besprechung des neuen Bestsellers von John Grisham.

 

Wer jetzt an düstere Kellerräume denkt, in denen verstaubte Archivare zwischen meterhohen Zeitungsstapeln sitzen, ohne je einen Hauch von Tageslicht zu ergattern, der irrt. Und wer neidisch meint, er wäre auch gern hauptberuflicher Zeitungsleser/in, der liegt ebenso falsch. Zum gemütlichen Lesen kommen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nämlich nicht. Das geschulte Auge erkennt sehr schnell, ob ein Artikel ins Programm passt oder nicht.

Trotzdem gibt es immer wieder lebhafte Diskussionen und jede/r im Team hat seine eigenen Vorlieben. Ist „Gnomeo und Julia“ nun eine Literaturverfilmung? Und Lady Gaga eine Songwriterin? Wen es interessiert: Ja, „Gnomeo und Julia“ hat es als Shakespeare-Adaption in die Bestände des IZA geschafft, und auch die omnipräsente Lady hat mit Artikeln, in denen es um ihre Texte geht, das IZA erobert.

 

Den Sprung ins digitale Zeitalter hat das IZA bravourös geschafft und arbeitet mittlerweile als Online-Archiv. Musste früher jeder Artikel in mühseliger Kleinstarbeit so ausgeschnitten und aufgeklebt werden, dass er auf A4-Format passte, so werden seit dem Jahr 2000 alle neuen Zeitungsartikel eingescannt, aufbereitet und beschlagwortet. Was früher von Hand passierte, geschieht jetzt am Computer: die Artikel müssen mit einem speziellen Programm zugeschnitten werden, damit BenützerInnen am Schluss eine praktische A4-Seite in Händen hält. So entstand eine umfangreiche Datenbank, die täglich wächst. Auch der Altbestand wurde digitalisiert.

 

Zur fortlaufenden Erfassung der täglich eintrudelnden Zeitungen kommen noch Schenkungen privater SammlerInnen ans Innsbrucker Zeitungsarchiv, die helfen, Lücken zu schließen und neue Gebiete abzudecken. So stammen die ältesten Artikel inzwischen aus den 1910er Jahren. Bequem von Zuhause aus recherchieren oder vor Ort im 8. Stock des Geiwi-Turmes in den Mappen der Zeitungsauschnittsammlung blättern: das IZA ermöglicht beides. Gegen eine kleine Gebühr können die Artikel des Altbestandes dort kopiert oder wahlweise im Internet bestellt werden. Der Neubestand setzt sich aus frei zugänglichen, als PDF-Datei gratis downloadbaren und für 1 Euro bestellbaren Artikeln zusammen.

 

Was die Datenbanken des IZA von anderen Online-Archiven abhebt, ist die sorgfältige Beschlagwortung jedes Artikels. So kann zum Beispiel zu einem bestimmten Autor, einer Lyrikerin einer bestimmten Zeitung oder einem spezifischen Thema gesucht werden. Egal ob man sich für das Motiv der Liebe oder eine literarische Figur interessiert, ob man wissen möchte, worüber die Tiroler Tageszeitung im März 2005 berichtet hat oder wie das neue Stück von Elfriede Jelinek aufgenommen wurde: Die erweiterte Suche ist so eingerichtet, dass zu jeder Fragestellung das Passende gefunden werden kann.

Das Besondere daran ist auch die Vielzahl von Quellen, die repräsentative Vergleiche ermöglichen und ein Spiegelbild des gesamten Literaturbetriebs darstellen. Wo sonst bekommt man schon auf einen Blick einen Überblick, was unterschiedliche Zeitungen zu einem Thema oder Buch geschrieben haben?

 

Neben Zeitungsartikeln verfügt das IZA über eine umfangreiche Sammlung von Literatur- und Kulturzeitschriften, die vor Ort eingesehen und kopiert werden können. Für die Audio- und Videothek schneiden die Mitarbeiter literarische Radio- und Fernsehsendungen wie Literaturverfilmungen, Theateraufführungen oder das mittlerweile eingestellte Literarische Quartett mit, was vor allem für die Lehre am Institut für Germanistik genutzt wird.

 

Egal ob man nun Lehrer/in ist und Material für den Unterricht sucht, sich über seine/n Lieblingsautor/in informieren möchte oder die Möglichkeit nutzen will, ganz verschiedene Zeitungen und Zeitschriften lesen zu können, Literaturliebhaber werden im IZA fündig.

 

Neben der täglichen Archivarbeit ist das IZA auch ein Ort der Forschung. Studenten recherchieren für ihre Diplomarbeiten, Wissenschaftler für Aufsätze und Vorträge. Zudem werden Tagungen veranstaltet und zwei Publikationsreihen herausgegeben.
Das IZA ist Montag bis Freitag 9-13 Uhr geöffnet, nachmittags nach Vereinbarung.

 

Text von Veronika Schuchter

 

Innsbrucker Zeitungsarchiv
Institut für Germanistik
Universität Innsbruck
Innrain 52
6020 Innsbruck

Mail: iza@uibk.ac.at


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