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MARGRET – Chronik einer Affäre @ KUNSTRAUM Innsbruck

Affären haben es in sich: den Reiz des Verbotenen, die ruchlose Lust und ganz viel Leidenschaft. Auch wer selbst – aus moralischer Integrität oder Mangel an Gelegenheit – keine Affäre hat, kann sich einem gewissen voyeuristischem Interesse kaum entziehen.

 

Im Kunstraum Innsbruck wird morgen, am 7. September um 18 Uhr, eine Ausstellung eröffnet, die einer Affäre ein künstlerischen Denkmal setzt.

 

MARGRET – Chronik einer Affäre

08.09.12 – 03.11.12

 

Aus dem Ausstellungstext

Die Bild- und Textchronik einer Affäre, das Secret Diary eines Kölner Geschäftsinhabers vom Jahr 1970 wird erstmals nach mehr als vierzig Jahren ausgestellt. Eine voyeuristische Text-Bild-Collage, die trotz Essensrechnungen und Übernachtungsbelegen, trotz Postkarten und Haarproben nicht in einem zeitgeschichtlichen Museum oder Archiv ausgestellt wird, sondern in einer Kunstinstitution. Ist der Text-Bildrapport Outsider-Kunst, Amateur-Kunst oder wie die damalige konzeptuelle Story-Art ein Beitrag mehr, sich in den Genre-Ecken der Kunst herumzutreiben?

 

Ganz sicher ist die Story über Margret ein Rapport, der sich an den Rändern der Kunst bewegt und ihr erst viele Jahre danach zugeordnet werden kann. Kein Außenseiter, sondern ein Besessener betreibt Auto-Voyeurismus, wenn es darum geht Buch zu führen über Sex, Orte, Termine, über das, was die Frau trägt, was er ihr an Kleidern kauft, über die Hotels, Restaurants und was dabei gegessen und getrunken wurde. Nach Geschäftsschluss liebt Günter (39) Margret (24) von 15 – 17 Uhr in Rückenlage, also in gängiger Missionarshaltung. Daneben steht gleichwertig der Eintrag vom Tag danach: „Teufelssalat gegessen“. Margret ist Sekretärin in Günters Geschäft. Beide sind verheiratet.

 

Alles ist top secret – so glaubt Günter. Es fängt mit Fotos an, mit leeren Antibaby-Pillenschachteln, mit Spesenrechnungen teurer Restaurants und kurzen Notizen. Im September 1970 setzen die Aufzeichnungen ein, mit genauer Beschreibung aller Vorgänge beim Vorspiel und dem Akt, aber auch alles an Äußerlichkeiten drum herum. In schwarzer und roter Maschinenschrift, der Buchhalter seiner eigenen Obsession.

 

In Günters Opel Kapitän ist man auf „Dienstreisen“, nächtigt in Kurhotels und besucht die Spielbank in Wiesbaden. Dann verlagert sich das Stelldichein auf eine Mansardenwohnung im Geschäftshaus Günters. Niemand soll es wissen, aber die Umgebung kann es sich denken. Margret kocht Rouladen und Rotbarschfilet mit Gurkensalat, Man trinkt Cappy (Orangensaft) mit Grünem (Escorial, hochprozentig) und sieht „Buntfernsehen“. Margret zieht sich für ihn die Kleider an, die er ihr schenkt. Er, ein perfekter Liebhaber, aber in Wahrheit ein Stecher, der alles im Griff haben will. Sie genießt seine Aufmerksamkeit, seine Großzügigkeit, lässt sich gerne manipulieren, ist eifersüchtig, wird schwanger trotz Pillen und lässt illegal abtreiben – zum dritten Mal in ihrem jungen Leben.

 

Vor Weihnachten 1970 hören die Berichte und Fotos auf. Die Beziehung scheint am Ende. Margret hat Angst. Sie kündigt ihm an, „das nach Weihnachten die Fickerei am Ende sei und Du nicht auf 2 Hochzeiten tanzen könntest…“ Er lässt sich mit anderen Frauen ein. Nicht wirklich eine Love-Story, sondern eine obsessive Fick-Beziehung, jedoch mit hunderten von grotesken Dokumenten im bundesrepublikanischen spießigen Kölner Milieu zu Beginn der Ära Helmut Kohl.

 

Dank an Siegfried Sander, Hamburg, der die Dokumente bereitwillig zur Verfügung gestellt hat. Zur Ausstellung, die im Anschluss in den KW Berlin zu sehen ist, erscheint ein Buch, herausgegeben von Nicole Delmes und Susanne Zander, mit Texten von Veit Loers und Susanne Pfeffer im Verlag der Buchhandlung Walther König.

 

KUNSTRAUM INNSBRUCK

Öffnungszeiten
Di-Fr 11 – 18 Uhr, Sa 11 – 17 Uhr, So/Mo geschlossen

Eintritt frei!

Maria Theresien Str. 34, Arkadenhof
A-6020 Innsbruck

 

Illustrationsfoto von der Homepage www.kunstraum-innsbruck.at/

2 Comments

  1.  klingt jedenfalls nach einer sehr leidenschaftlichen Affäre und interessanten Ausstellung – Danke für den Tipp!

    • Ein sehr gut gemachter Fake, offensichtlich, denn wenn die obsessive Arbeit des noch anonymen Geschäftsmannes und die sehr intimen Fotos seiner noch anonymen Geliebten Zeitdokumente wären, und  nun der Oeffentlichkeit zum Frass vorgeworfen würden, müssten sich die Ausstellungs- und Buchmacher überlegen, ob auch ihre intimen Lebensdetails in wenigen Jahren so präsentiert werden sollen. Das fände ich nichts als selbstverständlich.

       

       

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