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Letzte Talfahrt Last Descent – Ein Fundbüro der Erinnerung

Wie schon vor einiger Zeit berichtet, wird vom Verein „ZEITGEIST Gruppe“ in der früheren Hungerburgtalstation vom 25. bis zum 28.4. eine Theaterperformance unter dem Titel „Letzte Talfahrt Last Descent – Ein Fundbüro der Erinnerung“ stattfinden. Das Projekt arbeitet mit Erinnerung an den früher stark frequentierten Ort, der seit der Eröffnung der neuen Hungerburgbahn vereinsamt ist.

Die ZEITGEIST Gruppe besteht aus fünf Frauen, die sich aus früheren Theaterarbeiten
kennen. „Ein Fundbüro der Erinnerung“ ist das erste Projekt in dieser Konstellation. Neben der Innsbrucker Bühnenbildnerin Lisa Überbacher, die das Projekt ins Leben gerufen hat gehören Corinna Popp (Regie), Maria Walser (Choreographie), Susanne Albrecht (Kostümbild) und Alida Breitag (Dramaturgie) zum künstlerischen Leitungsteam. Die DarstellerInnen setzten sich aus StudentInnen der Innsbrucker Schauspielschule sowie Innsbrucker BürgerInnen zusammen, die sich als Laien in die Performance einbringen. Das Projekt konnte durch die Finanzierung im Rahmen der TKI open, der stadt_potenziale 13 sowie durch das BMUKK zustande kommen.
Um mehr über das Projekt zu erfahren habe ich Lisa Überbacher, die die Idee zum Projekt hatte, ein paar Fragen gestellt:
Kannst du euer Projekt in ein paar Sätzen zusammenfassen?
„Letzte Talfahrt Last Descent- Ein Fundbüro der Erinnerung“ ist eine ortsspezifische Theaterperformance, die durch das ganze Gebäude der alten Hungerburgbahntalstation führt. Dabei geht es um Erinnerungen von Menschen, für die die Bahn, als sie noch in Betrieb war, zum alltäglichen Leben gehörte. Das Material für unsere Arbeit kommt aus Zeitungsartikeln, bis zu 100 Jahre alten Ansichtskarten sowie Gesprächen mit direkten Anwohnern der Bahn aus verschiedenen Generationen und wird durch Improvisationen mit den Schauspielern und Tänzern zur Arbeit am Stück verwendet.
Das Publikum, das einer fiktiven Geschichte folgend durch das ganze Gebäude samt Keller und Wohnung im ersten Stock geführt wird, soll sich dabei auch selbst erinnern: An einen besonderen Ort von nicht immer freiwilliger Zusammenkunft, an den einst mit Anderen – Fremden, Freunden und Nachbarn – geteilten Alltag.
Wie bist du auf die Idee gekommen?
Ich bin am Richardsweg auf Höhe der Mittelstation „Alpenzoo“ aufgewachsen, deshalb ist die Bahn ein Teil meiner Kindheit. Seit die Bahn 2005 stillgelegt wurde und das Gebäude leer steht, will ich darin einen Theaterabend veranstalten. Bereits während meines Bühnen- und Kostümbild-Studiums an der Wimbledon School of Art in London habe ich an vielen „Site-Specific-Projekten“ (Site-Specific bedeutet: den
Ort, seine Strukturen, seine Geschichten und seine Atmosphären als Inspiration zu
Begreifen) gearbeitet und von Anfang an die Herausforderung an solchen Arbeiten geliebt: die Inspiration durch die Räume, die Überbleibsel von Geschichte und Personen, die man in leeren Räumen vorfindet usw. Als ich auf einem Zwischenstopp in Innsbruck zu Weihnachten von der Ideenwerkstatt von nonconform hörte, dachte ich mir: „Oh, das ist die letzte Möglichkeit, jetzt oder nie.“ Den Wunsch in der Hungerburgtalstation eine Theaterarbeit zu verwirklichen gab es also schön länger, konkret an der Konzeption arbeite ich seit ca 1.5 Jahren….
Was ist dir am wichtigsten bei diesem Projekt?
Einerseits möchten wir den Ort, der einst ein viel besuchter Durchgangsort war, wieder beleben. Viel zu lang ist dieses Gebäude mit seiner schönen, schlichten Wartehalle und dem faszinierenden Blick auf die Nordkette leer gestanden. Wir wollen den InnsbruckerInnen mit der Arbeit Nachnutzungsmöglichkeiten präsentieren. Außerdem möchte ich meine Leidenschaft für Theater an theaterfernen Orten mit dem Innsbrucker Publikum teilen. Wir wollen die BesucherInnen auf eine Reise in die Vergangenheit mitnehmen und die 99 Jahre Hungerburgbahnbahngeschichte für einen Moment wiederbeleben. Es wäre schön, wenn unsere Arbeit alte Erinnerungen, Geschichten, Anekdoten in den BesucherInnen weckt und nach der Vorstellung jedeR etwas zu erzählen hat.
Was sollen die Menschen, die sich die Performance ansehen, mitnehmen?
 
Mein größter Traum wäre es, den InnsbruckerInnen den Charme des in den 1950er Jahren erbauten Gebäudes, der mich so begeistert, näherzubringen und Stadtbewohner sowie Politik davon zu überzeugen das Gebäude zu sanieren, anstatt es abzureißen. Die Brücke ist, meines Wissens nach, ein Industriedenkmal und einzigartig mit der Talstation verbunden. Es wäre schade, wenn diese Verbindung aufgegeben wird. Bitte verstehe mich nicht falsch, ich bin weder gegen die neue Bahn, noch gegen neue Architektur, nur bin ich der Meinung, dass in diesem Fall Erhaltung besser wäre als Neubau. In meinen Augen ist das Stadtteilgeschichte, die sich dort abgespielt hat.
Des weiteren soll der Abend ruhig auch Unterhaltung sein. Ein Abend, der zum Erinnern anregen soll, mit Geschichten, die mit einem Augenzwinkern erzählt werden und manchmal auch phantastisch sind… Das Publikum soll Lust bekommen alles anzufassen, zu hinterfragen, es soll auch genießen den Spielern nahe zu sein und auch selbst aktiv sein zu können. Das Publikum kann ruhig neugierig sein.
Sind schon neue Projekte in Arbeit?
 
Natürlich arbeite ich weiterhin als Bühnen- und Kostümbildnerin an Stadttheatern, bzw. in der freien Theaterszene. Mein Wunsch wäre aber, dass das „Fundbüro der Erinnerungen“  weitere ähnliche Projekte anregt. Mir schwebt eine Serie von Site- Secific-Arbeiten zum Thema Erinnerung vor, die alle in alten, leerstehenden, ehemals öffentlichen Gebäuden, wie Postämtern, Krankenhäusern, Hotels, Bahnhöfen usw stattfinde. Ach da gibt’s viel ungenützten Raum..
 
Möchtest du sonst noch etwas sagen?
Die Herausforderung bei solchen Arbeiten ist ja vor allem, dass man kein gut strukturiertes Theater hinter sich hat. Es gibt vor Ort keine Werkstätten, Techniker und auch kein Equipment. Alles was man braucht, angefangen beim Bohrer bis hin zu den Getränken für die Crew…an alles muss gedacht werden. Da es im Moment weder Strom (der soll noch kommen), noch Wasser gibt (das wird es auch bei den Vorführungen nicht geben), muss man an ganz schön viel denken. Hinzu kommen baupolizeiliche Vorgaben, strukturelle Maßnahmen…manchmal verfluche ich es nicht einfach Theater im Theater zu machen. Aber andererseits genieße ich auch die Freiheit und vor allem das improvisieren müssen und können. Daraus entstehen oft die besten Ideen.
Wir, das Kernteam der Produktion, sind 5 Frauen und 2 Männer… es ist ein super Team, wir funktionieren als Kollektiv, haben viel Respekt vor der Arbeit des anderen, helfen und unterstützen uns Gegenseitig, sprechen viel und über alles.. vom Plakatentwurf, bis zu den Kostümen, der Choregraphie, Requisiten…
Lisa Überbacher
Geboren 1982 in Innsbruck. Nach ihrer Matura im Jahr 2000 studierte sie zunächst Kunstgeschichte und klassische Archäologie an der Leopold Franzens Universität Innsbruck und belegte einen einjährigen „Foundation Course in Art and Design“ an der University of Lincoln. 2005 begann sie ihr Bühnen- und Kostümbildstudium „Theatre Design“ an der Wimbledon School of Art in London, das sie mit Auszeichnung abschloss. Seit dem arbeitete sie bei den Salzburger und Bregenzer Festspielen, am
Burgtheater Wien, dem Tiroler Landestheater und am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. Seit Oktober 2010 arbeitet Lisa Überbacher freiberuflich.
EIN FUNDBÜRO DER ERINNERUNGEN
Eine ortsspezifische, spartenübergreifende Theaterproduktion
Premiere 25.4.2013, 18.00/19.30
weitere Aufführungen: 26.4., 27.4., 28.4., jeweils um 11.00, 12.30, 19.30 und 21.00
Ort: alte Hungerburgbahntalstation, Rennweg 41, Innsbruck
Idee/Leitung/Bühnenbild: Lisa Überbacher
Regie: Corinna Popp
Choreographie: Maria Walser
Dramaturgie: Alida Breitag
Kostümbild: Susanne Albrecht
Musik: Jan Beyer
Licht: Florian Weisleitner
Grafik: Christina Haslwanter
Mit: Schauspielstudenten der Schauspielschule Innsbruck,
Günter Lieder, Philipp Rudig und weiteren
Wir bitten um Kartenreservierung unter: zeitgeistgruppe@yahoo.de
0650/32 063 56 (Mo–Fr 14–18 Uhr), begrenzte

 

Elli Sporer

2 Comments

  1. Also ich finde sowohl die Location an sich als auch das geplante Projekt interessant – schau ich mir sicher an! 

  2. wirklich originelle idee!

    jogge oft an der alten talstation vorbei und fühle auch immer diese leichte melancholie, wenn ich diesen einstig so belebten raum so leer und finster dastehen sehe.

    schau ich mir sicher an.

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