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Kunst und Kultur in Tirol (6/1): Konrad Hochgruber und bald 10 Jahre Westbahntheater

9 Uhr. Viele FrühstückerInnen, ZeitungsleserInnen, Kunstschaffende im Café Central. Es riecht nach frischgebrühtem Kaffee. Ein Hauch von Zigarettenrauch schwingt mit uns mit, als wir die Tür zum Nichtraucherbereich aufstoßen. Hier lässt es sich länger plaudern, und mit Konrad Hochgruber, dem künstlerischen Leiter des Innsbrucker Westbahntheaters, das im März 2014 seinen ersten runden Geburtstag feiert, lässt es sich sehr gut lange plaudern. Am Nebentisch sitzt Bernhard Aichner und schreibt an seinem neuen Buch. Man kennt sich. Man grüßt sich. Hochgruber erzählt, mit welchem Drive Aichner seine Geschichten vorlese, wie gut er seine Figuren zum Leben erwecke. Und er als Schauspieler weiß, wovon er spricht, wie Figuren, oder Rollen, lebendig werden. Seine große Begeisterung für das Theater spürt man schon nach ein paar Sätzen. Ihren Anfang nahm sie in seiner Schulzeit.

„Theater ist seit meiner Schulzeit ein Thema für mich. Ausschlaggebend war eine sehr spannende SchülerInnenaufführung, bei der ich im Publikum saß. Ein Moderator auf der Bühne war Teil der Aufführung. Er hat gefragt, ob jemand im Publikum etwas sagen möchte. Ein riesengroßer Scheinwerfer ist auf mich gefallen. Ich bin tausend Tode gestorben, weil da doch die Aufforderung im Raum stand, etwas zu sagen. Direkt neben mir saß aber ein Schauspieler, der dann aufgestanden ist. Das war für mich der Start. Da habe ich begriffen, was für ein spannendes Medium das Theater ist. Ich habe mich daraufhin lange nebenberuflich damit beschäftigt. Und plötzlich stand da die Frage im Raum, ob ich das Spielen weiterhin als Hobby betrachten oder aber einen Beruf daraus machen sollte. Ich habe die Entscheidung getroffen, eine Ausbildung in Innsbruck zu absolvieren. Ab diesem Moment ging es richtig los. Und das Theater, es fasziniert mich noch immer, besonders das Erzählen von Geschichten im Zusammenhang mit einer Live-Situation. Theater spielen ist jeden Abend anders, es entsteht immer wieder eine andere Art von Interaktion mit dem Publikum. Wir arbeiten im Westbahntheater vor allem mit Ur- und Erstaufführungen, was miteinschließt, dass die Themen meistens sehr aktuell sind. Es entstehen Diskussionen und sehr aktive Auseinandersetzungen mit diesen brennenden Inhalten. Dabei werden dann das eigene Wissen und das der ganzen Gruppe immer wieder erweitert.“, so Hochgruber.

Konrad Hochgruber gründete vor beinahe zehn Jahren das Westbahntheater, nachdem er in größeren Häusern gearbeitet hatte, wie am Tiroler Landestheater und am Volkstheater München.

„Nachdem Ruth Drexel am Volkstheater aufgehört hatte, stand eine Entscheidung an. Es stellte sich die Frage, ob ich weiter auf größeren Bühnen spielen, zum Beispiel in Deutschland Städtetheater machen sollte. Da gab es konkrete Angebote.“

Gleichzeitig stellte sich ihm auch die Frage, wo er mit seiner Familie leben sollte. „In Innsbruck zu leben war eine klare Familienentscheidung.“

Die Gründe für ein eigenes Theater waren für ihn vielfältig: „Ensembles haben zwar viele Vorteile, aber auch einige Nachteile. Man macht genau das, was gesagt wird, spielt genau diese Rollen. Da dachte ich mir: Das kann´s auch nicht sein.“

Nach Hochgruber gab es damals noch wenige Theater, die neue Literatur spielten. Ab und an wurden neue Texte am Landestheater gespielt, aber alles in allem war das ein leeres Feld.

„Genau da haben wir angesetzt. Wir haben – damals noch mit dem Institut für Theater – angefangen, neue Texte auf die Bühne zu bringen, bis wir auf der Suche nach einer spannenden Aufführungslokalität auf eine ehemalige Konsumhalle gestoßen sind, in der früher Nudeln produziert wurden.“

Aus einer leeren, stark renovierungsbedürftigen Halle wurde also das Westbahntheater. Seinen Namen erhielt es, weil es in direkter Luftlinie zum Westbahnhof lag.

„Wir spielten als erste Produktion in den neuen Räumlichkeiten Quien ES!? von Thomas Gassner, der auch selbst inszenierte. Wir hatten eine neue Spielstätte gefunden, in der wir von nun an regelmäßig inszenieren wollten.“

Das Besondere am Westbahntheater ist sein ganz eigenes Konzept, einerseits was die AkteurInnen angeht, andererseits was die Stückauswahl betrifft.

„Wir haben eine Form gefunden, die damals einmalig war und die noch immer etwas Besonderes ist. Bei uns spielt eine Mischung aus ausgebildeten LaienspielerInnen und Profis. Das hat sich als sehr befruchtend herausgestellt. Die Profis kriegen sehr viel mit von den LaienspielerInnen: diese Begeisterung, dieses Brennen fürs Theater, dieses Miteinander. Das Laienensemble wiederum lernt viel von der Zusammenarbeit mit den Profis. Wie lernen Profis den Text, wie gestalten sie die Rolle? Der Austausch ist sehr anregend. Inhaltlich ist bei uns der neue Text im Zentrum. Wir vergeben häufig Stückaufträge an hauptsächlich Tiroler Autorinnen und Autoren. Wir spielen aber auch Stücke von bekannteren AutorInnen, die bisher kaum gespielt worden sind oder die wir erstmals nach Tirol bringen. Das betrachten wir als unsere Aufgabe. Wir wollen es AutorInnen erleichtern, ihre Stücke unter professionellen Bedingungen auf die Bühne zu bringen.“

Höhepunkte aus zehn Jahren Westbahntheater herauszufiltern, aus all diesen Erlebnissen und Erstaufführungen und Wiederaufnahmen, findet Konrad Hochgruber schwierig.

„Man identifiziert sich immer mit dem Projekt, das gerade läuft. Wir hatten so viele tolle Projekte. Ich mag besonders Stücke, die humorig sind, Tiefgang haben, ein bisschen trashig sind. Bei denen man unkonventionelle Inszenierungsformen entwickeln kann.“

Dabei sei es ihm wichtig, mit dem Medium Theater zu spielen und nicht zu versuchen, etwas auf eine pseudorealistische Ebene zu bringen.

„Wir machen Theater und wir spielen mit dem Theater. Wir versuchen, Humor zu entwickeln.“

Das erste Stück Quien ES!? wie auch Die Rote Wand als erstes Stück nach dem Umbau bleiben ihm trotzdem in besonderer Erinnerung. Aber auch alle anderen Stücke seien „relevant und die richtigen Stücke zur richtigen Zeit“ gewesen.

Im März 2014 wird das zehnjährige Bestehen des Westbahntheaters gefeiert, eines Theaters, das aus der Innsbrucker Kulturszene nicht mehr wegzudenken ist. Dafür haben sich Hochgruber und sein Team etwas einfallen lassen:

„Wir wollen einen Abend gestalten, an dem wir Musik aus zehn Jahren Westbahntheater präsentieren. Wir werden MusikerInnen einladen, die für uns Musik komponiert oder arrangiert haben. Mit Moderation, Bildern, Videoausschnitten im Hintergrund werden wir nicht die Stücke, sondern die Musik wieder auf die Bühne bringen. Das ist unsere Idee, zehn Jahre Westbahntheater zu feiern.“

Eine schöne Idee.

Vorerst aber erwartet die ZuschauerInnen des Westbahntheaters noch mindestens ein besonderes Zuckerl: In den nächsten Wochen wird eine Koproduktion mit der Carambolage Bozen gezeigt, eine italienisch-deutsche Uraufführung, La stanza dell´Orso e dell´Ape oder Engel lassen keinen fallen.

Termine: 08.11., 10.11., 15.11., 16.11., 17.11., 22.11.

Reservierung: online oder unter 0650 92 512 55

 
Man merkt, mit Konrad Hochgruber kann man gut plaudern. Was er noch über sein „Kellertheater im ersten Stock“ erzählen mag, was für ihn die Unterschiede zwischen seinen Tätigkeiten als Schauspieler, Regisseur und Schauspiellehrer sind und was den Theaterstandort Tirol mit all seinen Chancen und Schwierigkeiten ausmacht, könnt ihr demnächst auf provinnsbruck.at nachlesen.

Bild: Logo Westbahntheater

Barbara Zelger

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