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„Katzenmusik – Tage für Improvisation“ (26. – 28.09., Vierundeinzig)

Vom 26. – 28.09. wird in Innsbruck (Vierundeinzig) ein „Mini-Festival“ stattfinden, das sich sowohl mit der Grauzone zwischen „Neuer Musik“ und improvisierter Musik als auch mit der Frage nach Konvention und Sperrigkeit beschäftigt. Ein paar Tage im Geist der Improvisation und der Fragen, die nicht immer Antworten finden. Die Musikerinnen kommen aus Paris, Berlin und ja, auch aus Österreich…

Obwohl „Neue Musik“ dem eigenen Kulturkreis erwachsen ist, gilt sie als schwierig, verkopft und sperrig – klingt in den Ohren vieler fremd, wenn nicht gar „falsch“, da sie sich gewohnter Harmonik entzieht. Wir scheinen ein bloßes Nebeneinander-Existieren, eine Art von Parallelgesellschaft vorzufinden: Jene Welt, in welcher das Spiel mit Atonalität als „Lärm“ und „Dissonanz“ wahrgenommen wird und bloß „Katzenmusik“ ist. Auf der anderen Seite die Welt der Künstler_innen und Rezipient_innen, welche sich im Experiment wiederfinden und dieses „verstehen“ und schätzen.

[video:http://youtu.be/mWkAb9q9A74]

Ein Mauerfall?

Ziel der „Tage für Improvisation“ ist es zum einen, jener „Katzenmusik“ Raum zu geben: Ein Hinlocken zum Hören und Empfinden des Ungewohnten. Eine der zentralen Fragen wird sein, ob und wie „fremd“ jene Musik ist. Oder um es in Anlehnung an Foucault zu formulieren: Ob man das „Murmeln des Außen“ begreifen kann und welche Ansprüche an Konventionen über Bord geworfen werden müssen, um zu einem „Begreifen“ dessen zu gelangen, was Musik ist und was nicht. „Begreifen“ kann dabei auch mit dem Empfinden beschrieben werden, etwas „Fremdes“ durch die Änderung der eigenen Ansprüche und Kategorien „vertrauter“ wahrzunehmen.

Damit soll auch die Möglichkeit eines Dialogs eröffnet werden, in dem nach den Anteilen des „Fremden“ im „Eigenen“ gesucht wird. Denn die Konfrontation mit „fremder“ Musik, die aus dem „eigenen“ Kulturkreis stammt, macht den Grad der Verwerfungen und Ausschließungen sichtbar, welche von der „konventionellen“ Rezeption vorgenommen werden. Wünschenswert wäre insofern, wenn das „Fremde“ im Zuge der Auseinandersetzung als „Anderes“ zu sehen begonnen wird: Nicht mehr als dem Selbstidentischen berührungslos Gegenübergesetztes, sondern im Zuge einer Alterität als es kontaminierend und bedingend –ähnlich einem Nachbarschaftsverhältnis.
Zum anderen setzt sich das Programm vonKatzenmusik ausschließlich aus Künstlerinnen zusammen, deren Werk in den Mittelpunkt gestellt wird: Dabei kommt Geschlecht ins Spiel. Ironisch gebrochen und provokant, wenn von „Katzen“ die Rede ist –eine in der Umgangssprache abwertende Bezeichnung für Frauen. „Katzenmusik“ drückt damit auch das Problem aus, mit dem Frauen zu kämpfen haben, wenn es heißt, etwas sei „durchaus gut für eine Frau“ und somit nach wie vor in Abgrenzung zum Universal des (männlichen) Künstlers rezipiert wird. Viele von ihnen weisen den Ansatz zurück, ihr „Frau-Sein“ zu thematisieren und wollen abseits der Kategorien von Männlichkeit und Weiblichkeit ernst genommen werden, was sich aber auch als problematisch herausstellen könnte, da jener Zugang wenig am Faktum der Marginalisierung von Frauen in der Kunst ändert, die sich etwa darin zeigt, dass die meisten Veranstaltungsreihen einen Frauenanteil von unter 20 Prozent aufweisen.

Nachbarschaftsarbeit

 

Katzenmusik“ referiert somit begrifflich in zweifacher Weise auf Ausschlussprozesse: Als abwertende Fremdzuschreibung gegenüber unvertrauter Musik und als herablassender Blick auf die Kunst von Frauen. Jene Fremdzuschreibungen resultieren häufig aus einem Fehlen der Auseinandersetzung und Reflexion, vor allem aber des direkten Dialogs: „Katzenmusik – Tage für Improvisation“ will hermetisch abgeschlossene Räume über Dialoge öffnen –zwischen Musikerinnen, Rezipient_innen und Wissenschaflter_innen.

Dabei kann gefragt werden, inwieweit die Marginalisierung „Neuer Musik“ selbst gewollt ist oder etwas, das im Zuge der eigenen Ansprüche an Kunst in Kauf genommen wird. Braucht es Theorie, um sich dieser Musik anzunähern? Verfolgt sie rein ästhetische Kriterien oder ist sie auch heute noch der ursprünglichen Zielsetzung der „Avantgarde“ treu geblieben, nicht rein ästhetisch sondern auch politisch zu sein? Welche Möglichkeit hat „Avantgarde“ Einfluss zu nehmen, wenn sie von der Masse ungehört bleibt?

Gibt es eine „weibliche“ Avantgarde? Wie kann Musik herausfordern und soll sie das überhaupt, wenn sie auch leicht und eingängig sein kann? Relativieren sich oder verschwinden Zuschreibungen wie „verkopft“ und „sperrig“ bei einem näheren Einlassen? Braucht es ein musiktheoretisches Verständnis von Tonalität, um Brüche bis hin zur vollständigen Auflösung der Struktur als lustvoll wahrnehmen zu können oder ist gerade hier ein rein neugieriges und sinnliches Einlassen Quelle von musikalischem Genuss? Diese und viele weitere Fragen sollen im Rahmen der Veranstaltungsreihe dazu einladen, in Dialog zu treten.
Der Anspruch, Dialoge einzuleiten, findet sich schließlich auch in der konkreten musikalischen Ausgestaltung: Die Musikerinnen werden größtenteils als improvisierendes Duo auftreten. Diese Form ermöglicht das Eröffnen eines unmittelbaren, diffizilen und differenzierten Dialogs zwischen den zwei Musikerinnen und zwei Instrumenten und bietet sich am besten an, auch deren Nachbarschaftsverhältnis zueinander auf die Schliche zu kommen, wenn die Grenzen des Eigenen und Anderem im Zuge der gemeinsamen Kommunikation zerfließen.
Hier findet man den Facebook-Event, Hörbeispiele und noch vieles mehr:

https://www.facebook.com/events/1438213533069821/

Markus Stegmayr

3 Comments

  1. Musikalisch kann sich Innsbruck hören lassen – ich finde es jedenfalls super, dass in dieser Stadt auch für  weniger zugängliche und experimentelle Musik Platz ist – schau sicher bei der einen oder anderen Veranstaltung vorbei!

  2. Und wieso nur Künstlerinnen?

    Und wieso kein Programm?
    Soll mann drei Tage lang im vierundeinzig herumwarten?

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