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Denk.mal anders

Denkmäler sind Manifestationen von Geschichte und erzählen Geschichten. Vermeintlich große Männer (viel seltener Frauen), die im öffentlichen Raum ihre eigene, längst vergangene Wichtigkeit darstellen. Ein interessantes Kunstprojekt entstaubt nun die historischen "SuperheldInnen" in Innsbruck.

 

"M – Eine Stadt braucht ihre Superhelden" von den Peanutz Architekten (Markus Blösl) entlockt den Denkmäler mit mobilen und fest installierten Sprechblasen überraschende Aussagen. So outet sich Walther von der Volgeweide als Poetry-Slam-Fan, was angesichts der fleißigen hiesigen Slamszene und der geistigen Verwandtschaft zum Minnesang kein Zufall ist.

 

Wer aufmerksam durch Innsbruck spaziert, wird noch einige weitere Veränderungen feststellen. Da Denkmäler heute kaum noch zeitgemäß erscheinen und auch ein bisschen an autoritäre Systeme erinnern, ist diese Kunstaktion ein willkommener Anlass, sie zu über-denken und mit neuen Bedeutungen zu versehen.

 

Hier noch die Projektbeschreibung der Peanutz Architekten im Wortlaut:

 

Margaretes Rückkehr

Eines Nachmittags im Juli 2012 nimmt Gräfin Margarete [1] den Zug von Wien nach Innsbruck. Im Wiener Exil verbrachte sie viele Jahre mit Nachdenken. Als alleinige Erbin Tirols stand M im Interessenskalkül der Europapolitik und war Opfer der Staatsräson. Aber die Sehnsucht nach ihrer Heimat Tirol hatte sie nie verlassen. Mit ihrer Rückkehr möchte sich M gegen den Vorwurf von Begierde und Skandal ein Denkmal in Innsbruck bauen und ihren Beinamen “Maultasch” endgültig abstreifen.

 

Um zu erfahren, was seit ihrer Regierungszeit passiert ist – Habsburgerdynastie, Bergiselschlachten, Weltkriege, Wirtschaftswunder, Olympische Spiele und Fremdenverkehr – besucht sie ihren nächsten Verwandten, den Habsburger Rudolf den IV [2]. Ein deprimierter Rudolf sinniert: „Wofür wir Denkmäler stehen, weiß heute fast niemand mehr. Wir haben unsere Bedeutung verloren. Selbst Pichler [3] beschwert sich, und von Walther [4] habe ich ohnehin keinen Ton mehr gehört … das waren noch Zeiten, als wir dem öffentlichen Raum Bedeutung gaben.“

 

M wird nun schlagartig klar. Noch einmal muss sie die Geschicke des Landes lenken: „Wir müssen die historischen Persönlichkeiten, an denen man tagtäglich vorbeigeht, ohne sie wahrzunehmen, wieder in den Vordergrund rücken.” „Stadtraum braucht Belebungsaktionen”, meint Adolf Pichler [3], „Mit Hilfe von montierten Sprechblasen richten die historischen Superhelden Fragen an den Passanten oder kommentieren über ein Zitat das aktuelle Treiben.”

 

[1] Margarete v. Tirol (1318–1369), mit dem Beinamen Maultasch, erbte die Grafschaft Tirol. Nach dem Tod ihres Sohnes Meinhard III. übergab die Landesfürstin Tirol im Jahr 1363 an Rudolf den VI. von Habsburg und lebte danach im Exil in Wien. Seit Juli 2012 hat M ihr Denkmal in der Bäckerei – Kulturbackstube.

[2] Rudolf der IV. von Habsburg (1339–1365), genannt der Stifter, war Herzog von Österreich und Gründer der Wiener Universität. Sein Denkmal steht auf dem Boznerplatz.

[6] Adolf Pichler (1819-1900) war ein Schriftsteller und Naturwissenschaftler. Sein Denkmal steht am Adolf Pichler Platz.

[4] Walther von der Vogelweide (1170–1230) gilt als bedeutendster Lyriker des Mittelalters. Sein Denkmal steht im Waltherpark.

(Quelle: Wikipedia)

 

Fotos von Claudia Grünzweig


Andreas Wiesinger

2 Comments

  1. Interessant auch, dass es von Margaretha Maultasch kein Denkmal in Innsbruck (oder sonst wo?) gibt. Obwohl sie ja immerhin einmal Herzogin war.

  2. was sagen uns Denkmäler? Sie sind die Grabsteine geschlagener Schlachten, versunkener Imperien, verblichener Sieger. Sie sehen auf uns herab.

     

    und dann Walther: seine Waffe war das Wort und das Lied seine Gabe. Es soll keine leidvolle Zeit sein, solange wir singen mögen. Wir schreiben gemeinsam unsere Geschichte, fragend schreiten wir voran. Ohne Fürst Führer Held und Star kann jede r alles schaffen. Singen wir dieses Lied gemeinsam.

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