0

Ausstellung Peter Sandbichler in der Galerie Thoman

Der in seiner Freizeit Klavier spielende harmoniesüchtige Universitätsprofessor, der schon lange auf meiner literarischen Festplatte herumgeistert, der sich eben eine Wohnung gekauft hat, und jetzt befürchtetet, dass er sein Klavier nicht mitnehmen darf bzw. nicht darauf spielen, weil er damit die Nachbarn stört, und dieses dann schweren Herzens verkauft.

Vielleicht hätte der ausgeweidete  Konzertflügel, der zurzeit in der Ausstellung von Peter Sandbichler in der Galerie Elisabeth & Klaus Thoman zu sehen ist, wahrscheinlich tief in der Seele wehgetan, so wie es wahrscheinlich das eines jeden Pianisten oder Pianistin gebrochen hätte.

Vielleicht aber hätte er manche Kinder, die zum Klavierspielen sozusagen „hinerzogen“ werden, begeistert oder zumindest lautes Lachen ausgelöst. Wie auch immer. Es gibt nicht nur den Flügel zu bestaunen in der derzeit in der laufenden Werkschau des Tiroler Künstlers, der vor einigen Jahren bereits die Galerie im Taxispalais mit einer Einzelaustellung bespielt hat.

 
Sandbichlers Medium ist der Karton, den er bereits in seiner Ausstellung in der Galerie im Taxispalais mit raumgreifenden Installationen auf das ausführlichste vorgeführt hat. Damals unter dem Titel Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners, einem Zitat des radikalen Konstruktivisten Heinz von Foerster, ein Satz, der wohl  zu langen philosophischen Gesprächen und Diskussionen Anlass geben mag. Faszinierend, was man mit so einem Material alles machen kann. Das Verpackungsmaterial wird hier seiner normalen Funktion enthoben und dabei sozusagen zur materia prima für den gestaltenden Künstler.
 
Im vorderen Teil der Galerie gibt es der Künstler subtiler. Da hängen etwa gerahmte makrameeartig gefaltete Zeitungsausschnitte an der Wand, und da finden sich dann auch wieder Bezüge zur Foerster-These über die Wahrheit. Denn Sandbichler wählt hier ganz gezielt die Artikel über politische Ereignisse aus.

So findet sich darunter etwa ein Artikel über den syrischen Diktator Assad, als dieser noch nicht durch den jetzt schon über zwei Jahre tobenden Bürgerkrieg bedroht war.
Wahrheit ist das, was uns die Tagespresse vermittelt, Oft sind es Schurkenstaaten oder deren meistens männliche politische Führerfiguren, die noch wenige Jahre vorher pragmatisch hofierte Partner des Westens waren. Aber das wäre jetzt wieder eine andere Geschichte.

Es lohnt sich, die zum Lesen kaum mehr geeigneten zusammengefalteten Zeitungsstücke vor allem im Bezug zu den im hinteren Teil der Galerie platzierten Arbeiten anzuschauen. Die Kartonwand am hinteren Ende der Galerie macht sozusagen die Grenze des Raumes fest, den wir am Eingang durch ein Drahtgitter betreten haben. Assoziationen zur EU-Außengrenze tun sich da vielleicht beim einen oder der anderen auf, die ja auch von hohen Zäunen aus Stacheldraht begrenzt – oder sollte man besser sagen: verschlossen? – wird.
 
Die Welt der Medien, hier wird sie uns nicht analytisch aufgedröselt, auch nicht erklärt oder gedeutet, hier wird einfach aus der Grundmaterie, eben der materia prima, etwas anderes , Zeitloseres gemacht, oder eben auch ironisiert. Spiel mit dem so zum Objekt, gewordenen, dem objet trouvé, wie wir es vom Surrealismus her kennen und wie dieses seither in den großen Museen schon lange seinen Stammplatz gefunden hat.

Es geht dabei um das Herausfinden von Spannungen, wie sie in der Konstruktion eben der ausgestellten Objekte zu Tage treten oder darin angedeutet werden. Um die Schönheit des Einfachen, wie sie die Arte Povera Kunst in den sechziger Jahren anhand einfacher Gegenstände ausgelotet hat

 
Peter Sandbichler, in Kufstein geboren, studierte bei den bekannten Bildhauern Wander Bertoni und Bruno Gironcoli an der Wiener Universität für angewandte Kunst sowie an der berühmten Städelschule in Frankfurt am Main. Und 1995 nahm er auch an der 46. Biennale von Venedig teil.

Die Ausstellung ist nur noch diese Woche bis einschließlich 16. November 2013 zu sehen.
Fotos: Galerie Elisabeth & Klaus Thoman

Helmut Schiestl

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert