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Truth has the structure of fiction

Wir befinden uns gerade in der heiligen Karwoche, in der Friede und Versöhnung gefeiert werden (vgl. Osteuropa), in der wir alle fasten, in der aufgrund unserer Verweigerung der Gesetzmäßigkeiten der Konsumgesellschaft die Einkaufszentren Innsbrucks einen großen finanziellen Verlust erleiden müssen. In dieser stillen Woche, kann ich nicht still bleiben.

Sehr wichtig fürs Verständnis dieser Einlassung meinerseits sind zwei Tatsachen:

1.dass ich aus einem Nicht-EWR-Staat komme und hier, an der Uni Innsbruck, studiere

2. dass ich ein gutes Gedächtnis habe.

Dementsprechend konnte ich die inspirierende Diskussion mit Herrn Sebastian Kurz, in den Räumen der ÖH Innsbruck im Herbst 2012 nicht vergessen. Damals wurde uns (den ausländischen StudentInnen) erklärt, dass wir in Österreich auch nach dem Studium erwünscht und willkommen sind. Was für ein Gefühl ich diesbezüglich des Studiums während habe, ist ziemlich Wurscht, nehme ich an. Eben, wie könnte ich mich nicht willkommen fühlen, wenn ich in jedem Semester einen Studienbeitrag in der Höhe von EUR 726,72 bezahlen darf? Wie könnte ich mich nicht willkommen fühlen, wenn mir gesagt wird, mit meiner Aufenthaltsbewilligung (die jährlich zu verlängern ist) darf ich arbeiten, prinzipiell, falls mein zukünftiger Arbeitgeber eine Arbeitsbewilligung für mich beantragt.

Fällt noch jemandem diese Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis auf? Aufgeklärt worden bin ich damals auch über die Studiengebühren, nämlich, dass diese niedrige Summe, die ich im Semester zahle, praktisch nichtig ist, im Vergleich zu dem, was der Staat für mein Studium ausgibt, nur schön verpackt gesagt. Auch wenn ich dem Staat für seine Güte ein wenig zurückzahlen möchte, in Form eines Volontariats oder eines unbezahlten Praktikums, darf ich das, natürlich. Natürlich, wenn davor diese Tätigkeiten bei AMS von meinem zukünftigen Praktikums- bzw. Volontariatsgeber angezeigt worden ist.

Also wie könnte ich mich nicht willkommen fühlen, wenn hier meine Matura nicht gleichwertig ist und ich trotzdem und trotz vieler Barrikaden einen Platz an der Uni bekommen habe? Wie könnte ich mich nicht willkommen fühlen, wenn ich im Semester viel bezahlen und im Prinzip arbeiten darf? Wie könnte ich mich nicht willkommen fühlen, wenn ich vor meinem freiwilligen Einsatz eine Anzeigebestätigung vom AMS bekommen darf?

Für meine außerordentlichen Leistungen kann ich vielleicht kein Leistungsstipendium bekommen, weil sie keine StudentInnen aus Nicht-EWR-Staaten beanspruchen können, aber die Staatsbürgerschaft könnte ich wegen außerordentlicher Leistungen verliehen bekommen, im Prinzip. Im Prinzip schon, wenn ich eine besonders integrierte Fremde bin.

In dieser stillen Woche konnte ich nicht still sein und musste diese Beichte ablegen, damit es sofort wieder vergessen werden kann und wir alle harmonisch in einer gesegneten Gesellschaft der Égalité weiterhin leben können.

Eine Studentin aus einem Nicht-EWR-Staat, weil das das Einzige ist, was zählt.

Gast

One Comment

  1. Nicht-EWR-Staat Schweiz!
    Wie geht er mit Nicht-Scheizern um?
    Wie hat der Kantönli-Geist abgestimmt?

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