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TOTENFRAU. Ein Tiroler Krimi erobert den internationalen Buchmarkt. Bernhard Aichner – ein Porträt und Interview Teil.DREI: Der Innsbrucker aus Osttirol

Das Café Central immer noch gut besucht – wir, mittendrin, bestellen uns eine weitere Tasse Kaffee. Die Zeit vergeht rasend schnell, während wir mit Bernhard Aichner über literarische Anfänge und den großen Start ins internationale Buchbusiness sprechen. Dorothea Zanon, Lektorin im Haymon Verlag, kommt in einer Arbeitspause ins Central. Aichner überreicht ihr Porträtfotos, die er von ihr gemacht hat. Ein guter Anlass für uns, das Gespräch weg von der Literatur hin zur Fotografie zu lenken.

Aichner war in den letzten zehn Jahren in der Werbefotografie tätig. Da sei sehr viel vorgegeben, meint er. Es reden viele Leute mit, entscheiden mit, wie das Endergebnis ausschauen soll. Was denn den größten Unterschied zwischen Schreiben und Fotografieren ausmache, wollen wir wissen.

„Man bringt sich in der Fotografie zwar sehr kreativ ein, aber man hat lange nicht die Möglichkeiten, sich zu verwirklichen, wie man beim Schreiben hat. Werbefotografie passiert im Team, GrafikerInnen sprechen mit, der Kunde spricht mit, ein Art-Director spricht mit. Der/die FotografIn ist Teil einer Mannschaft, beim Schreiben bin ich aber allein. Es ist alles hundertprozentig mein Schaffen.“

Die Kunstfotografie allerdings könne man mit dem Schreiben vergleichen. Da es aber auch in dieser Branche schwierig sei zu überleben, traf Aichner die bewusste Entscheidung, seine Energie ins Schreiben zu stecken.

Die Fotografie lehrte Aichner den fotografischen Blick, das Denken in Bildern, das genaue Beobachten: „Mein Schreiben wirkt oft filmisch. Das Fotografieren hat mich literarisch gebildet.“

Laut Aichner hat ein Text andere Möglichkeiten, etwas zu bewirken, etwas auszulösen, als ein Foto. Ein Foto stelle einen kurzen Augenblick dar, in dem alles still stehe. Es lasse zwar ebenfalls Freiraum für Interpretationen offen, trotzdem aber lasse ein Text mehr Deutungsspielraum zu. Ein Text gehe weit über den Augenblick hinaus.

„Man stelle sich das folgende Bild vor: Ein toter Hund liegt auf der Straße. Eine Fotografie, die auf den ersten Blick mehr kann als der Satz. Man sieht, wie der Hund aussieht, ob er verletzt ist, man sieht vielleicht, was passiert ist, wie es zum Tod kam. Ein Unfall vielleicht. Die Fotografie offenbart den Moment, es bleiben kaum Fragen offen. Der Text scheint hier unterlegen. „Ein toter Hund liegt auf der Straße.“ Sieben Wörter, die es aber in sich haben, die die Phantasie des Lesers/der Leserin anfachen. Der Text lässt dem Leser/der Leserin mehr Möglichkeiten, jede/r malt sich sein eigenes Bild.“

Trotz oder gerade wegen seiner eigenen Präferenz räumt Aichner ein, dass das sicherlich auch immer vom Typ des Betrachters/der Betrachterin oder vom Lesetyp abhänge. Persönlich ist er der Meinung, dass mit Texten eine bessere Fantasiewelt erschaffen werden kann.

„Ich bin aber auch nie so tief in die Kunstfotografie eingedrungen. Ich bin mir sicher, dass auch Fotografie sehr viel Fantasie schüren kann.“

Ein Fotografie-Projekt Bernhard Aichners ist der Bildband Innsbruck, der 2013 im Haymon Verlag mit informativen Texten von Georg Hasibeder erschienen ist. Das bringt uns natürlich auf die Frage:

Was ist, was bedeutet Innsbruck für dich?

Auch auf die Frage, ob Innsbruck eher Weltstadt oder Provinnsbruck sei, hat Aichner schnell eine Antwort parat:

„Innsbruck ist eine Kleinstadt, in der es sich sehr gut leben lässt. Den Begriff „Weltstadt“ finde ich aber blöd, das war einfach nur ein Werbeslogan. Hier leben fast 130.000 Menschen. Die Stadt ist nicht größer. Sie ist lebenswert, sie ist liebenswert. Es gibt alles, auch in der Kultur, nur ist alles klein. Wenn es mir hier zu eng wird, kann ich verreisen. Reisen ist super, aber Zurückkommen finde ich immer wieder schön.“

Aichner ist von den Vorteilen seiner Wahlheimat überzeugt. Im Vergleich sei etwa Berlin Kreuzberg nicht wahnsinnig viel größer als Innsbruck. Und da fahre man ja auch nicht jeden Tag in einen anderen Stadtteil.

„Von Innsbruck aus ist man schnell in Wien und schnell in München. In zwei Flugstunden rauscht man quer durch Europa. Wir sind super angebunden mittlerweile, und ja, es gibt hier sogar Internet.“ (Aichner zwinkert)

Auch Innsbrucks Kunst- und Kulturszene empfindet Bernhard Aichner positiv:

„Ich schaffe es lange nicht, mir alles anzuschauen, was im Theater läuft. Ich kann nicht in alle Konzerte gehen, die mich interessieren. Innsbruck muss sich diesbezüglich wirklich nicht verstecken. Es gibt immer wieder Leute, die etwas Neues auf die Beine stellen. Sicher sind einige Dinge provinzieller als zum Beispiel in Berlin. Aber Innsbruck ist nun mal provinzieller als Berlin. Wir leben zwischen den Bergen und trauen uns bestimmt weniger als anderswo. Das sieht man in der Werbung, das sieht man im Theater. Aber das passt auch so. Weil Wien nicht weit weg ist, weil München nahe ist. Und es gibt zum Glück auch hier viele experimentierfreudige Menschen.“

Aichner selbst hat sich nie eingeschränkt gefühlt:

„Mir hat aber auch nie jemand gesagt, dass ich irgendetwas nicht schreiben kann oder nicht umsetzen darf. Auch wenn etwas schneller als anderswo zu einem Skandal werden kann, gibt es dennoch Leute, die sich trauen, etwas Verrücktes zu machen.“

Innsbruck sei für Aichner inspirierend, biete Unmengen an wunderschönen Orten. Ein paar seiner absoluten Lieblingsplätze nennt er uns gerne:

 

Bernhard Aichner hat in der Schriftstellerei seine Berufung gefunden. Er mag es, für sich allein zu arbeiten, wählt dazu auch mal öffentliche Plätze wie das Central. Er reist gerne und liebt es, sein Werk zu präsentieren. Innsbruck hat er zu seiner Heimat gemacht.

Sein Thriller Totenfrau erscheint am 10. März im btb Verlag. Im Rahmen seiner großen Lesereise wird Bernhard Aichner natürlich auch in Innsbruck lesen,

und zwar am 24. März um 20:00 Uhr im Treibhaus-Turm,

mit musikalischer Begleitung von Lukas Bildstein (Schlagzeug)

und Florian King (Kontrabass).

Um 17:00 Uhr gibt es eine Signierstunde/Plauderei im Café der Thalia/Wagnerschen.

www.bernhard-aichner.at

Eine Reportage von Barbara Zelger und Anja Larch.

Anja Larch

2 Comments

  1. Ich habe den leisen Verdacht, dass Bernd Aichner der bessere Fotograf als Schriftsteller ist. Aber das ist natürlich reine Geschmackssache und nichts als ein subjektives Urteil.

  2. Ich finde nicht, dass man gegeneinander aufwiegen sollte, was Bernhard Aichner „besser“ kann, zumal das eine mit dem anderen nicht wirklich viel zu tun hat. Er verwirklicht sich im Schreiben (von dem, was er schreibt) und bereitet damit vielen, vielen Menschen schöne, unterhaltsame Stunden und ein wenig Nervenkitzel. Das ist, was er machen will und das gelingt ihm meines Erachtens und Empfindens nach gut.

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