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TÖDLICHER ALTRUISMUS – Peter Singer an der Universität Innsbruck

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Am 17. Juni soll im Rahmen des „Philosophischen Cafés“ der australische Bioethiker Peter Singer mit einem Vortrag über die philosophischen Grundlagen eines effektiven Altruismus an der Universität Innsbruck aufreten. Peter Singer ist ein berühmter Mann und wird dementsprechend als großer Star der Philosophie-Branche angekündigt. Groß ist der Name Singers am Veranstaltungsplakat zu lesen, klein nur das Thema des Vortrags.

Die Veranstaltung mit ihm ist eine „Special Edition“, ein Mitorganisator bejubelt den Auftritt mit Singers fettgedrucktem Namen und folgendem Aufrufezeichen. Sagt:  „Könnt ihr Euch vorstellen, wir haben den PETER SINGER bekommen – den berühmten, umstrittenen Peter Singer!“ „Echt jetzt?“ „Echt!“.

Und Peter Singer IST ein berühmter Mann. Berühmt  im Bereich der Tierrechtsbewegung, weil er nach seinem Dafürhalten wissenschaftlich bewiesen hat, dass man Tiere nicht töten darf. Nun, nicht alle Tiere, wenigstens bestimmte Tiere. Tiere, die bestimmte Eigenschaften haben. Und damit beginnt auch schon die andere Seite der Berühmtheit Singers.

Denn Peter Singer ist fürwahr ein berühmter Mann. Berühmt geworden mit Sätzen wie diesen: „Einen behinderten Säugling zu töten ist nicht ethisch gleichbedeutend damit, eine Person zu töten. Und oft ist es nicht falsch.“ „Es gibt Fälle, in denen es besser ist z.B. für ein schwerstbehindertes Kind, dass das Kind nicht lebt… Weil das ist so elend so ein Leben, dass man sagen könnte, es ist besser, wenn es nicht mehr weitergeht, und jetzt ist das Leben kaum angefangen, also ist es besser, dass es nicht weitergeht. Die Eltern können vielleicht ein anderes Kind haben, mit viel besseren Chancen, ein glückliches und gewöhnliches Leben zu führen.“ Und: „Wir denken, dass einige Säuglinge mit schweren Behinderungen getötet werden sollen.“

 

Hier ist also ein Denker, der unumwunden sagt, dass es für ihn berechtigt ist, Menschen mit Behinderung zu töten. Eigentlich sollte damit die Sache schon klar sein. Sollte.

 

Ist es für Singer aber nicht. Sein tut es so: Singer phantasiert sich in die Lebenslage von Menschen mit Behinderung hinein, die er als rein defekte, defizitäre Wesen wahrnimmt. Soll, so die Frage, jemand leben, der, so die Behauptung, im Leben Leiden zu erwarten hat? Und was das heißt, dass hat Singer seiner Meinung nach richtig erkannt – mit einem Blick von aussen auf sie, die anderen, die Menschen mit Behinderung. Weiter und zuerst spricht er bestimmten Menschen mit Behinderung (und bestimmten Menschen mit psychiatrischen Diagnosen) per se ab, überhaupt einem generellen Tötungsverbot zu unterliegen. Diese seien nämlich keine Personen. Menschen seien – wie Tiere – nämlich nicht dadurch Personen und Rechtssubjekte, weil sie eben Menschen sind, sondern nur insofern und nur dann, wenn sie ZUSÄTZLICH über äüßerlich erkennbares Selbstbewusstsein und die ebenso äußerlich erkennbare Fähigkeit, Bedürfnisse zu artikulieren und Handlungsalternativen zu ergreifen, verfügen. Und diese Eigenschaften gingen, so habe er, Peter Singer, nun gar nicht mehr „einfühlend“, sondern rein objektiv, erkannt, sogenannten schwer behinderten Säuglingen eben ab.  Weswegen sie unter Umständen, die Singer bestimmt, auch getötet werden dürften.

 

Kein Wunder, dass Singers Thesen weltweit (und nicht nur, wie gerne behauptet wird, im deutschsprachigen Raum) als entscheidender Schritt zu einer neuen Akzeptanz für eugenische Maßnahmen und Euthanasie wahrgenommmen worden sind. Und dass sie auf vehemente Proteste von Betroffenenorganisationen und Initiativen von Menschen mit Behinderung gestoßen sind. Zuletzt richteten sich die Proteste gegen die Verleihung des Giordano-Bruno-Preises 2013 an Singer – eine Auszeichnung, deren Trägerkreis sich peinlicherweise in einem Netzwerk von Institutionen und Personen bewegt, die teilweise auf die NS-Euthanasiepolitik zurückgehen, von der sich Singer immer öffentlich distanzieren möchte.

 

Seit 30 Jahren wird den Protestierenden dabei immer wieder vorgehalten, sie würden mit ihrem Protest gänzlich falsch liegen: Singer sei nur falsch verstanden worden (Anmerkung: offensichtlich sind die, die gegen ihn protestieren, nicht in der Lage, ihn richtig zu lesen..). Es gäbe ohnehin eine organisierte Verleumdungskampagne gegen Singer von Linksextremist_innen, Feminist_innen, Lebensschützer_innen und – so – Singer, „Nihilisten“, die „von Behinderten benutzt werden“ (Anmerkung: bekanntlich sind Menschen mit Behinderung in dieser Gesellschaft eine sehr mächtige Gruppe, die quasi verschwörerisch alle möglichen politische Spektren für sich benutzt – und ebenso bekanntlich sind radikale Abtreibungsgegner_innen und Feminist_innen immer gut Freund_in…). Singer habe seine Position in einigen Punkten ja geändert und trete  z.B. nicht mehr dafür ein, Kinder mit Down Syndrom zu töten (Anmerkung: was ist mit den betreffenden Kinder, die zwischenzeitlich getötet worden wären, hätte man Singers bisheriger Position gefolgt?).

Singer trete ja nicht dafür ein, dass der Staat wie in der NS-Zeit behinderte Menschen töten solle, sondern dass etwa die Eltern darüber entscheiden sollen, ob ein behinderter Säugling leben soll oder nicht (Anmerkung: als sei die NS-Politik der „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ nicht dadurch zustande gekommen, dass eugenisch interessierte Ärzt_innen, Pfleger_innen und andere medizinisch Mächtigen eben diese Menschen von sich aus Töten WOLLTEN und dies eben unter dem NS-Regime DURFTEN – und als ob es nicht eine staatliche Maßnahme wäre, heute Eltern die Entscheidung darüber zu ÜBERLASSEN, ihre Kinder töten zu lassen – und als ob nicht Eugenik heute in der Regel ohnehin als „Eugenik von unten“ funktioniert, wo es „sowas wie Down-Kinder heutzutage doch nicht mehr braucht“).

Und das Argument der akademischen Freiheit: soll man nicht an den Hochschulen allen Positionen, einschließlich der Singers, die Möglichkeit der  öffentlichen Selbstdarstellung geben? Würde man nicht andernfalls bloße Meinungen verbieten und nur politisch gewünschte Autor_innen reden lassen?  (Anmerkung: Abgesehen davon, dass es sich für die davon Betroffenen ja nicht um eine bloße Meinung handelt: wenn der wissenschaftliche Diskurs offen und vielstimmig sein soll, wie kann es da legitim sein, einen Denker auftreten zu lassen, der bestimmten Menschen die Berechtigung abspricht, überhaupt zu existieren und später an einem solchen Diskurs mit ihrer Stimme teilnehmen zu können.

Und seltsam, dass eine dahinterliegende Diskussion als zulässig oder höchstens problematisch angesehen wird zur Klärung der Rechte und des Status von Menschen, denen von vorneherein das Bewusstsein und die Befähigung zur Artikulation, die eben zu einer Diskussion dazu gehören, abgesprochen wird. Auch dadurch kann der Status und die Rechte von Menschen nicht in dieser Weise zur Diskussion stehen.)

 

Auch in Innsbruck wird sogleich versucht, zu beschwichtigen: man habe Singer ja nicht wegen seiner Positionen zur Tötung von Menschen mit Behinderung eingeladen, sondern zu einem anderen Thema, eben Altruismus. Dumm nur, dass das Schlagwort „Altruismus“ bei Singer gerade die moralische Ummantelung abgibt, die Tötung von Menschen mit Behinderung zu rechtfertigen: immerhin gehe es ja darum, Leiden zu beenden und das sei ein selbstloser, positiver Akt für Andere. Singer liebt Gedankenexperimente. Machen wir selbst eins: ein Wissenschaftler schreibt ein Buch, in dem er „beweist“, dass Frauen minderwertige Wesen sind und dass es legitim ist, Frauen zu vergewaltigen, und wird damit berühmt.

Auch wenn man in den heutigen Zeiten des antifeminististischen Backlashs da nicht mehr sicher sein kann:  sicher würde man diesen Wissenschaftler nicht an der Universität reden lassen, auch wenn er mit einem neuen Buch daherkommt. Für Menschen mit Behinderung gelten aber offensichtlich andere Regeln. Schon in den 90er Jahren wurde einer im Rollstuhl sitzenden Demonstratin gegen einen Singer-Aufritt von einer jungen, fitten Studentin entgegengeschleudert, sie solle hier gefälligst nicht so rumschreien, sondern endlich einmal rational begründen, warum man sie nicht töten darf.

 

Singers Thesen waren in der Wissenschaft in der Tat eine Zäsur, ein Dammbruch. Sie haben den gesellschaftlichen Trend sowohl prägnant ausgedrückt, wie entscheidend weiter angetrieben, die Anderen, die so fremd, so eigenschaftslos erscheinen, die, die kein „gewöhnliches Leben“ erwarten sollen, auszusondern und ihre Existenz in Frage zu stellen. Danach durften Gerichte die Geburt von Menschen mit Behinderung als „wrongful birth“,  als Schaden von Beginn an, titulieren.

Danach wurden die von Singer ohnehin so geliebten Kosten-Nutzen-Kalküls wieder populär, die einen Krankenkassenfunktionär in Deutschland dazu brachten, einfach einmal auszurechnen, wieviel Geld man sich ersparen würde, sollten die, die mehr Unterstützung brauchen, sterben (in Zeiten der Austeritätspolitik, der Ideologie des öffentlichen Sparens und der „Budgetpfade“ durchaus konsequente und verführerische Gedanken…). Danach wurde in der Pränataldiagnostik die Selektion auf neue Höhen getrieben.  Peter Singer an der Universität Innsbruck sprechen lassen zu wollen, heißt so oder so dieser Entwertung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu dienen.

Matthias B. Lauer

Gast

14 Comments

  1. …warum ist dieser Herr ein berühmter Mann bzw. bei wem und wodurch?…Empirismus od. andere (ernsthafte)“wissenschaftliche“ Methoden scheint er ja nicht anzuwenden?…bedenklich ist allerdings, dass es auch bei uns politische Kräfte gibt, die z.b. Abtreibung auf Krankenschein fordern und somit ins selbe Horn pusten…Immer wachsam bleiben… 🙁

  2. Abtreibung ist nicht dasselbe wie Mord an Menschen, weil einer sagt, dass die eh kein lebenswertes Leben führen könnten bzw. sie halt zu viel kosten und zu wenig zurückgeben. Bei der durchaus wichtigen Debatte über Singer und seine offensichtlich heute sehr anschlussfähige Fascho-Philosophie muss man enorm aufpassen, dass man sich nicht auf derselben Seite mit Abtreibungsgegner*innen wiederfindet.

  3. Abtreibung auf Krankenschein kannst Du, lieber Martin, jetzt aber nicht mit der Tötung von geborenen (behinderten) Menschen vergleichen. Wobei ich aber zu Peter Singer auch ein differenziertes Verhältnis habe. Ich denke, dass es sehr wohl schwerste Krankheiten und Behinderungen gibt, bei denen eine Tötung ein Akt der Humanität sein kann. Das muss und wird eines Tages auch gesetzlich geregelt werden (müssen). So wie es ja jetzt schon in verschiedenen Ländern die erlaubte Tötung auf Verlangen gibt, Beispiel Miederlande, Belgien, dort sogar schon für schwerst behinderte Kinder, wo sich diese Frage eben auch stellt, wie weit hier über das Leben von den Eltern der betroffenen Kinder entschieden werden kann. Ich denke aber, dass das in irgend einer Form entschieden werden muss, einerseits wegen dem medizinischen Fortschritt: Krankheiten können heute schon im Mutterlieb festgestellt werden, und die Frau hat natürlich das Recht dazu, diesen Fötus abzutreiben, das Recht, nicht die Pflicht!, darin liegt der Unterschied. Andererseits gibt es Krankheiten, die heute mittels medizinischer Technologien zwar nicht geheilt werden können, die Betroffenen können aber mittels dieser Technologien am Leben erhalten werden. Ob so ein Leben sinnvoll ist, darüber sollten eigentlich nur die Betroffenen – so sie dazu in der Lage sind – selbst entscheiden oder ihre Eltern. Das ganze hat mit der Ideologie der Nazis sehr wenig bis nichts zu tun. Ich sehe darin einen Grenzbreich menschlicher Verantwortungsethik, die wir aufgrund nicht zuletzt des Verlustes metaphysischer Sinngebung übernehmen müssen, so wie wir auch die Verantwortung für unser Leben selbst zu tragen haben.

    • Danke für diesen Kommentar, Helmut!
      Sich aufregen befeuert sicher den eigenen Adrenalin-Haushalt.
      Der Vernunft hilft das wohl wenig.

  4. Hallo Helmut & Marcel – es geht nicht um „gleichsetzen“, es geht darum Dinge zu Ende zu denken…Da z.b. die Pränataldiagnostik immer besser wird ist es also nur ein „logischer“ Schritt, sofern bei einem Fötus mögliche Behinderungen oder z.b. unliebsames Geschlecht, Augenfarbe, Haarfarbe usw. festgestellt wird, oder weils halt finanziell gerade nicht passt, diesen dann einfach abzutreiben…Es gibt verläßlichste Verhütungsmethoden und die derzeitigen Regelungen (Fristenlösung) sind ausreichend…

    Ich persönlich sehe es nicht als erstrebenswerte Aufgabe der Folgegeneration ein Gesellschaftsbild zu hinterlassen, welches darauf abzielt nur die gesunden, starken, und Vermögenden zur Fortpflanzung zu ermuntern…Ich verwähre mich auch gegen eine „Philosophie“, oder in diesem Fall wohl besser „Ideologie“ die nach 10.000 Jahren Intelligenz &- Zivilisationsgeschichte nicht mehr hervorbringt, als alles zu töten was nicht ins Egozentrische Weltbild der Selbstverwirklichungsappologeten passt – Der Mensch ist zu höherem bestimmt und sollte seine Intelligenz dafür einsetzen Leben zu erhalten und es wachsen zu lassen…

    Und nein, ich bin kein „religiöser Fundi“, aber am Gebot: „Du sollst nicht töten“ halte ich stark fest und ist eines der wichtigsten „Gesetze“ die sich die Menschheit gegeben hat.
    Wer dieses Gebot verinnerlicht muß auch über „Tierrechte“, „Krieg“ usw. nicht lange nachdenken bzw. weiß die korrekte Antwort, ohne ein philosophisches Lebenswerk abliefern zu müssen…

    Ich kann allerdings zustimmen zur Aussage, dass jene die auch bereit sind dann Verantwortung zu übernehmen (z.b. Eltern) auch eine Entscheidungshoheit haben sollten/dürfen – sie sollen aber auch nie der Annahme verfallen „Alle“ wären dafür und es wäre ganz normal, ja sogar gratis, „unwertes Leben“ od. „unnötige Esser“ zu vernichten – Hatten wir alles schon – In diesem Sinne „Wehret den Anfängen“ 🙁

  5. .
    .
    Ich will nicht
    in die Rolle eines MassenMörders kommen
    .
    durch diese dummen Gesetze
    die Politiker,
    die alle Angst vorm Sterben haben,
    formulieren,
    zu einer Zeit
    wo sie keine Idee haben
    wie Sterben –
    oder wie LEBEN – mit einer Kranhheit ist.
    .
    (Prof. Dr. Niels Birbaumer)
    .
    .
    http://www.youtube.com/watch?v=f01gDV-Onx8
    .

  6. Erstaunlich, was hier geschrieben steht.
    Ich habe einige Bücher von Peter Singer gelesen und bekunde offen, ein großer Fan von seinen Thesen zu sein. Diese haben aber rein gar nichts mit der Darstellung in obigem Artikel zu tun, welcher bewusst verzerrt und aus dem Kontext reißt. Jedenfalls freue ich mich sehr auf seinen heutigen Vortrag und empfehle jeden, sich ein bisschen mehr mit Singer zu befassen. In den meisten anderen Ländern ist es vor allem die politische Rechte, die sich gegen Singer stellt. Dass das Gros der Kritik hierzulande von links kommt, lässt mich rätseln. Singer ist ein brillianter Ethiker, der es versteht die Themen der Gegenwart in einem präferenzutilitaristischen Kontext zu betrachten und Lösungswege aufzuzeigen. Seine Thesen sind – so scheint mir – wunderbar vereinbar mit jenen von Dawkings, Schmidt-Salomon, Stephen Pinker, etc.

    • Natürlich ist Dawkins (von den anderen Aufgezählten weiß ich es nicht) ähnlicher Kritik ausgesetzt wie Singer, ihm wird eine Nähe zu sozialdarvinistischen Thesen vorgeworfen (als jemand, der Dawkins auch gelesen hat, kann ich allerdings sagen dass nichts weiter von der Wahrheit entfernt wäre). Ich habe zwar Singer nicht gelesen und kenne ihn nur in groben Umrissen, könnte mir aber vorstellen, dass die Kritik an seinen Überlegungen ähnlich zustande kommt.

  7. Der obige Text geht auf kein einziges (!) Argument Peter Singers ein. Er greift einige Konklusionen Singers heraus und stellt sie als absurd hin, ohne diese Behauptung auch nur mit einem Wort zu begründen und konsistente Alternativpositionen aufzuzeigen. Zum Beispiel: Wenn man es für zulässig hält, das Leben von Föten unter gewissen Bedingungen zu beenden, dann trägt man die Beweislast in der Frage, warum die Bewertung plötzlich krass anders ausfallen sollte, wenn das Kind den Aufenthaltsort wechselt. Und die Geburt ist nichts weiter als das: ein Wechsel des Aufenthaltsorts. Denn vor und nach der Geburt gilt: Das Kind ist nicht eigenständig überlebensfähig, es ist auf das Zutun anderer angewiesen. Zudem ist es möglich, dass ein Kind im Bauch (etwa im 9. Monat) weiter entwickelt ist als ein Kind ausserhalb (etwa bei einer Frühgeburt im 7. Monat). Die hier implizit vertretene Position, wonach es unter gewissen Bedingungen zulässig ist, das Leben eine Fötus zu beenden, aber unter keinen Bedingungen zulässig (sondern gar immer ein Verbrechen) ist, das Leben eines Neugeborenen zu beenden, erweist sich vor diesem Hintergrund als komplett willkürlich und unhaltbar. (Die Position der Abtreibungsgegner ist logisch wenigstens konsistent!) Wer diesen grossen Widerspruch nicht einmal erahnt oder absichtlich ignoriert, sollte zurückhaltend sein mit Kritik gegenüber jemandem wie Singer, der sich redlich darum bemüht, eine nicht-willkürliche, vernünftige altruistische Position zu finden.

  8. Ein Philosph darf meiner Meinung nach auch jeden Gedanken aussprechen, auch menschenfeindliche, sie müssen alle auf den Tisch…
    Herr Singer hat in meinen Augen jedoch die Grenze des rein Philosphischen überschritten, indem er gesellschaftspolitische Empfehlungen abgibt, bzw. seine Gedanken so darstellt, dass sie als Rezepte für gesellschaftspolitische Umsetzbarkeit genommen werden könnten.
    Das ist eine riesengroßer Unterschied, den man nicht hoch genug einschätzen kann!!!!
    Hier so zu tun, als ob das eine „Thema“ nichts mit dem anderen zu tun hätte, oder als ob es sich gar um freien Diskurs oder „Meinungsäußerungen“ handeln würde, wenn öffentlich überlegt wird, ob Eltern das Recht bekommen sollen, ein neugeborenes Kind zu töten, ist nicht in Ordnung. Der Hervorbringer dieser Ideen ist der selbe Mensch.
    Ich bin dem glücklichen Zufall dankbar, dass es noch kein totalitäres System auf der Welt gab, dass seine gesellschaftspolitischen Thesen als Handlungsanweisungen übernommen hat.
    Er hat für mich damit das Recht verwirkt, jemals irgendwo auftreten zu dürfen, ohne sich für diese Ideen zu rechtfertigen, es gibt nur noch dieses eine Thema, über das man mit ihm streiten kann. Jedenfalls solange, bis er diese gesellschaftspolitischen Überlegungen eindeutig widerruft.
    Es ist perfide, dass er jetzt im Gewande das Tierrechtlers daherkommt und hauptsächlich junge Menschen fischt.
    Ich selber bin aus tiefstem Herzen den Tieren zugetan, und auch ich stelle mir viele Fragen in Bezug auf das Recht auf Leben und besonders ein glückliches Leben nicht nur für alle Menschen, sondern auch für Tiere. Die Vorstellung, dass sich immer mehr Tierschützer auf diesen Menschen berufen, ohne seinen geistigen Hintergrund zu kennen, oder das eine sogar gegen das andere abwägen, ist für mich entsetzlich.
    GLÜCKLICHER WEISE BIN ICH IN DER LAGE, SELBER ZU DENKEN.

    • Das ist auch meine Krankheit. Nur gibt es da verschiedene Formen davon, es heißt im Text, Sahne hätte die mittlere Form der Krankheit gehabt. Ich war – vielleicht auch mit dieser Form der Krankheit – eineinhalb Jahre in der Kinderklinik. Die Symptome sind jedenfalls sehr ähnlich. Ich habe allerdings kein Morphium bekommen. Es gibt mittlweile europaweit Selbsthilfegruppen und in Salzburg ein EB-Haus, wo über diese Krankheit und die Möglichkeiten einer Heilung geforscht wird http://www.debra-austria.org/startseite.html . Ich abe den Text, der ja auch in einem Buch veröffentlicht worden ist, auch gelesen und das Buch unserer Selbsthilfegruppe zur Lektüre empfohlen. Weiß allerdings nicht, ob auch Peter Singer über diese Krankheiten in seinen überlegungen schreibt. Glaube aber, mich dunkel erinnern zu können, dass er mal in einem Interview was darüber gesagt hat. Ich habe aber auch kein Problem damit, wenn über diese Thematik in einem öffentlichen phlosophischen Raum diskutiert wird.

  9. Dieser Beitrag ist eine äusserst schiefe und aus dem Kontext gegriffene Darstellung der Philosophie Singers, eine richtige Strohmann-Tirade. Wer sich neutral informieren möchte, bitte nicht hier auf diesem Blog …

    Singer ist vermutlich der Philosoph, der bisher insgesamt am meisten Gutes bewirkt hat. Sein Einsatz für die Armutsbekämpfung und den Tierschutz hat sehr viel Leid in der Welt verhindert.

    Seine Position zum Infantizid hat *nichts*, wirklich *gar nichts* mit Diskriminierung zu tun, genau so wenig wie z.B. auch Abtreibung. Er hat selbst eine jüdische Vergangenheit und seine Positionen sprechen sich exakt *gegen* Diskriminierung aus.

    Viele seiner Interview-Aussagen wurden absichtlich falsch ins Deutsche übersetzt, und Leute haben ihn absichtlich missverstanden und sogar tätlich angegriffen. Singer (und vermutlich auch der Blog-Autor hier) ist ein Opfer einer Schmutzkampagne, die vor allem im deutschsprachigen Raum geführt wurde. Im englischsprachigen Raum ist er ein angesehener Philosoph.

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