0

Tiroler Musikleben in der NS-Zeit

Veranstaltungsreigen mit Film, Symposium, Konzerten und Ausstellungen ab 21. November leistet Aufarbeitungsarbeit

 Geschönt, umgeschwindelt, verfälscht: Verstrickungen in den Nationalsozialismus werden in den Biographien der „Säulenheiligen“ der Musik in Tirol nach wie vor gerne verschwiegen. Anlässlich der Diskussionen über den Komponisten Josef Eduard Ploner (1894-1955) beschäftigen sich MusikwissenschaftlerInnen und HistorikerInnen mit dem Tiroler Musikleben in der NS-Zeit sowie mit dem Umgang der Fachwissenschaft und der Öffentlichkeit mit diesem Thema nach 1945.

Die Institute für Zeitgeschichte, Musikwissenschaft und das Archiv für Baukunst der Universität Innsbruck sowie die Abteilung für Musikwissenschaft/Musikalische Volkskunde der Universität Mozarteum Salzburg, das Gemeindemuseum Absam und die Tiroler Landesmuseen haben ein Programm zusammengestellt, das die bisherige Sicht auf die Musik und das Musikleben im Tirol der NS-Zeit erweitern möchte. Der Veranstaltungsreigen wird am kommenden Mittwoch, 21. November um 19 Uhr in der Buchhandlung Thalia (Museumstr. 4) eröffnet: Ein kurzer Farbfilm aus dem Jahr 1943 wirft ein interessantes Licht auf Musik und Öffentlichkeit im Innsbruck der NS-Zeit. Zu hören sind Werke von lokalen Komponisten aus der NS-Zeit sowie Features von Bert Breit und Hannes Schütz, die sich nach 1945 kritisch mit der NS-Vergangenheit auseinandersetzten.

Wissenschaftliches Symposium im Archiv für Baukunst
In einem Wissenschaftlichen Symposium am Donnerstag, 22. November werden Aspekte zur NS-Musikpolitik und zum Musikleben während der NS-Zeit diskutiert. Einer Peneldiskussion zum Umgang mit der NS-Vergangenheit stellen sich Mag. Dr. Kurt Drexel (Institut für Musikwissenschaft, Universität Innsbruck), Priv.-Doz. Mag. Dr. Christoph Hölz (Archiv für Baukunst, Universität Innsbruck), Prof. Mag. Dr. Johann Holzner (Brenner-Archiv, Universität Innsbruck) und Prof. i.R. Dr. Olaf Bockhorn (Institut für Europäische Ethnologie, Universität Wien). Gemeinsame Fragestellungen ergeben sich aus der dort zu sehenden Ausstellung „Bauten der dreißiger Jahre. Beispiele aus Tirol und Oberbayern“. Das Symposium und die Schau im Archiv für Baukunst der Universität Innsbruck (Adambräu, Lois Welzenbacher-Platz 1) stehen Interessierten von 9 bis 18 Uhr bei freiem Eintritt offen.

Konzert und Ausstellung im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
Seinen musikalischen Höhepunkt findet der Veranstaltungsreigen am Donnerstag, 22. November, um 20 Uhr in einem Konzert im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. Die Mezzosopranistin Martha Senn interpretiert bislang nicht in der Öffentlichkeit vorgetragene Lieder des Gymnasialprofessors und Widerstandskämpfers Franz Mair (1910-1945). Das Schweizer Ensemble um Thomas Dobler stellt ein Werk von Peter Zwetkoff (1925-2012) vor, der ebenso dem NS-Regime Widerstand leistete.

 

Die Darbietung ist als Hommage an den vor wenigen Monaten verstorbenen Komponisten zu verstehen. Mag. Dr. Franz Gratl, Kustos der Musiksammlung des Ferdinandeum, führt in die Ausstellung „Tiroler Musikleben in der NS-Zeit“ ein, die anhand von ausgewählten Objekte zur Kulturgeschichte während der NS-Zeit eine weitere Möglichkeit bietet, sich mit dem Tiroler Musikleben in dieser Zeit, den Voraussetzungen und den Nachwirkungen auseinander zu setzen. Die Ausstellung ist bis 7. Dezember zu sehen (Museumstraße 15).

Foto: Gautag 1941 in Innsbruck (Foto: TLM).
 

Helmut Schiestl

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert