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„Super, ge? Dann kriegen einmal nicht immer alles die Flüchtlinge.“

Am kommenden Dienstag, 22. September, ist der „Autofreie Tag“. In Tirol haben sich die verschiedenen Player des Öffentlichen Nahverkehrs auf eine schöne Aktion verständigt: Alle zahlen immer nix. Einen Tag lang. Egal ob Bus oder Bahn. Die einen sollen mal das Auto stehen lassen und die Vorteile der Öffis kennen lernen, die anderen können einfach einen Gratis-Ausflug machen (so steht es auch auf der Homepage des Verkehrsverbund Tirol). Klingt toll. Ist es auch. Für einen Busfahrer offenbar aber auch ein ganz „besonderes“ Statement.

Regiobus. (c) VVT

Regiobus. (c) VVT

Ich steige in den Bus, der mich nach einem Krankenbesuch vom Krankenhaus Natters wieder nach Innsbruck bringen soll. Die Kasse des Fahrers streikt, ich sage: „Von mir aus können wir das mit dem gratis Fahren statt Dienstag auch heute machen.“ Der Busfahrer erwidert: „Nana, das kriegen wir schon hin. Aber die Aktion am Dienstag ist super, ge? Dann kriegen einmal nicht immer alles die Flüchtlinge.“
Dass man gegen diesen Stumpfsinn einfach etwas sagen muss, ist logisch. Im Ping-Pong-Stil geht es dahin. Wirkliche Einsicht das Busfahrers: Fehlanzeige. Das Gespräch endet dann aber doch mit einem „Na, sind eh arme Teifl“ seinerseits, womit ich es bewenden lasse.

Der Herr Busfahrer ist kein „Nazi“. Dieser werte Herr Busfahrer ist vielmehr ein (un-)schönes Beispiel, auf welch furchtbar fruchtbaren Boden die oft gezielte Falsch-Informations-Kampagne der FPÖ fällt. Erst heute sah sich die Polizei in Kärnten veranlasst, eine von der FPÖ verbreitete Falschmeldung zu korrigieren: Die Kärntner Freiheitlichen hatten in Umlauf gebracht, dass einige Flüchtlinge in den Hungerstreik getreten wären und 2.000 Euro pro Monat fordern würden. Kompletter Humbug – sage nicht ich, sondern sagt die Kärntner Polizei. Und bitte wie oft kommt es vor, dass die Polizei eine Partei öffentlich korrigiert? Die FPÖ, ein Fall für die Polizei also. Denn es sei gänzlich anders, als von der FPÖ dargestellt: Laut Polizeisprecher Rainer Dionisio forderten die Asylwerber „nicht einfach einen fiktiven Betrag von 2.000 Euro“. Vielmehr habe es Diskussionen wegen der bereits lange dauernden Asylverfahren der Menschen gegeben, in denen diese darauf hingewiesen hätten, dass sie bei einem positiven Abschluss ihrer Verfahren mindestens über diesen Betrag (durch eigenes Einkommen und/oder mit staatlicher Unterstützung) verfügen würden. (Quelle: orf.at)

Mit gezielten Falschmeldungen wie der hier beschriebenen, mit manchmal manipulierten und sicherlich manipulierenden Fotos oder Texten betreibt die FPÖ ihr mieses Spiel. Und sie ist gut darin. Widerrufe stehen an der Tagesordnung und scheinen einkalkuliert. Eine Meldung, die von HC Strache via facebook verbreitet wird, wird binnen kürzester Zeit von 10.000 Menschen geteilt und von Hunderttausenden gesehen– ein Widerruf, dass die Meldung leider leider nicht stimmt, wird aber höchstens von 1.000 Menschen geteilt. Die Bilanz passt und ist Strategie.

Doch zurück zum „Autofreien Tag“ am Dienstag und dem Busfahrer, der diese Aktion etwas missverstanden haben dürfte: Die Aktion gilt für alle in Tirol. Egal, ob kloan, groaß, schiach, schian, Marianne, Mohammed, für Flüchtlinge genauso wie für hier Geborene, für Leute, die Miete zahlen müssen, für Leute, die Mader heißen.

Vielleicht werde ich am Dienstag gratis durchs Land tingeln. Vielleicht treibt es mich nach Natters. Vielleicht frage ich einige Flüchtlinge, mich zu begleiten. Grad zu fleiß.

Markus Koschuh

One Comment

  1. Presseaussendung der Polizei Kärnten

    Bereits am 15. September 2015 kam es in einer Asylwerberunterkunft im Bezirk Völkermarkt zu einem angeblichen Hungerstreik von rund 20 Asylwerbern. Diese Personengruppe hat bereits vor längerer Zeit in Österreich um Asyl angesucht, ihr diesbezügliches Verfahren ist aber bis dato noch nicht abgeschlossen. Mit dem angekündigten Hungerstreik wollten sie eine Beschleunigung bzw. den zeitnahen Abschluss ihres Asylverfahrens erreichen. Konkret erwarteten sie die Ausstellung von Reisepässen sowie 2.000,- Euro im Monat vom Staat.

    Dazu wird festgehalten, dass Fremde, denen in Österreich Asyl gewährt wurde, während der ersten 4 Monate nach Asylgewährung (wie auch während des Asylverfahrens) Anspruch auf Grundversorgung haben. Danach erhalten sie – wenn sie kein eigenes Einkommen beziehen – die Mindestsicherung, gegebenenfalls auch die Familienbeihilfe, wie auch ein Reisedokument.

    Die Asylwerber forderten nicht einfach einen fiktiven Betrag von 2.000,- Euro, sondern errechneten diesen Betrag aus den in Österreich geltenden Sätzen, der ihnen und ihren Familien nach positiven Abschluss des Verfahrens bzw. nach weiteren 4 Monaten in der Grundversorgung zustehen würde.

    Nach Gesprächen mit dem Quartiergeber ließen die Asylwerber von ihrem Vorhaben ab, es gab keinen Hungerstreik. Eine polizeiliche Intervention fand nicht statt.

    Presseaussendung
    vom 19.09.2015, 20:27 Uhr

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