Ich stoße mit der wunderschönen bosnischen Kellnerin Samina im Café Bonjour auf ein gutes und glückliches neues Jahr an. Gebe ihr einen Kuss auf ihre Wange, ehe ich mich in eine stille Ecke sitze und Samina einen imaginären Liebesbrief schreibe. So kann doch alles wieder seinen normalen Lauf nehmen, denke ich, und Weihnachtskekse eine Offenbarung sein oder gar ein Durchstich in ein neues Leben hinein.
Ich frage mich, wie würde ich Saminas Liebe wohl aushalten, und alles um sie herum? Oder würde ich mir vielmehr sagen müssen, dass das alles nur in einem ganz bestimmten Punkt zu seiner Vollendung finden kann, etwa dem Duft ihres Oberarms, wenn sie mit diesem beim Servieren ganz nahe an mein Gesicht kommt, so dass ich diesen in allen seinen Farben einatmen kann?
Brigitte, die Frau am Nebentisch, redet vor sich hin, redet und redet. Lässt ihre Mutmaßungen wohl über das kommende Jahr über den Tisch. Es ist wohl der Tisch einer imaginären Therapeutin, über den sie ihre verbalen Mutmaßungen rollen lässt wie Münzen in die Hände eines Spielmachers. Und die von Brigitte imaginierte Therapeutin lächelt und bestärkt sie ihn ihren Vermutungen immer wieder mit einem „vielleicht“ oder „ja warum nicht …“ Während Brigittes Lebenstraum in seiner Schwerfälligkeit immer mehr nach unten sinkt wie die Quecksilbersäule eines Thermometers. Dazu tickt die Uhr diskret im Hintergrund und spannt die Zeit dazu auf wie ein Himmelszelt.
Ein Text, der besonders durch seine synästhetischen Wendungen besticht. Prost!