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Offtanz Tirols PSYCHO – wie war’s?

Das Tanzstück PSYCHO von Offtanz Tirol, das im November drei Mal im Freien Theater in Innsbruck aufgeführt wurde, war ein voller Erfolg.

Es zog mich in den Bann und Worte wie psychischer Tod auf den Erneuerung und Auferstehung folgt, Suche nach der eigenen Identität, Endlichkeit und Unausweichlichkeit des eigenen Todes tauchten in meinem Kopf auf, während ich die Tanzszenen beobachtete.

Foto: Daniel Jarosch

Eine Szene in der fiktiv ein Sarg getragen wurde, die Verstorbene sich aber gar nicht darin befand, sondern in einem Schaukelstuhl auf der anderen Seite des Raumes saß, blieb mir stark in Erinnerung, weil sie gleichzeitig witzig und gruselig war: Die Sargträgerszene wurde tänzerisch ein paar Mal wie mit einer Videokamera zurückgespult und die TänzerInnen trugen wie im Stummfilm eine ausdrucksstarker Mimik zur Schau. Meine Assoziation war, dass Menschen, die man verloren hat immer wieder im Kopf auftauchen, wenn man an sie denkt. Sie sind gedanklich trotzdem noch da, wie die Tänzerin im Schaukelstuhl.

In einem Künstlergespräch mit Paolo Baccarani und Eva Müller konnten die Hintergründe des Stückes noch weiter erörtert werden: Der Keller, in dem das Stück spielte erinnerte an  das Unbewusste im klassischen Freud’schen Modell, sowie an Platon’s Höhle. Die Dunkelheit suggerierte, dass es viel mehr gibt, als das was wir über das menschliche Gehirn glauben zu wissen.

Die Psyche ist historisch bedingt ein wandelbarer Begriff. Jede Generation verändert die schon bestehenden Modelle und Darstellungen der Psyche. Das gilt im aktuellen Diskurs für die Gehirnforschung, die durch bildgebende Verfahren das soziale Gehirn im Gegenzug zum Gehirn als autonome Einheit entdeckt, das sich im Zusammenspiel mit Beziehungen und Lebenserfahrungen neuronal vernetzt und bis ins hohe Alter entwicklungsfähig bleibt.

Der Tanz sollte zeigen, dass diese unfassbare Komplexität der Psyche auch im Körper erkennbar ist: Empathie ist etwas im Körper Spürbares und Bewegung zu einem großen Teil ein unbewusster Prozess, in dem  erlernte Bewegungsmuster, Routinen sowie Instinkte eine entscheidende Rolle spielen, nicht nur bewusste Wahrnehmung und Kontrolle.

Foto: Carmen Sulzenbacher

Die gebrochenen zombie-artigen Bewegungen im Tanz sollten zeigen: Bewegungen sind nicht vollkommen planbar, der Körper ist verletzbar und Risikofaktoren ausgesetzt, was die Szene zeigen sollte, in der ein Tänzer mit dem Einrad um und durch die anderen auf den Boden liegenden TänzInnen fuhr, die dem Einradfahrer ausweichen mussten.

Foto: Daniel Jarosch

Das Genre „Zombie“, die die TänzerInnen verkörperten wurde von George Romero und anderen AutorInnen ab 1969 neu definiert und als Satire der bürgerlichen Scheinheiligkeit und Heuchelei gegenüber gestellt. Zombiefilme zeigen infizierte Menschen, meistens so genannte Untote, die nicht als Menschen anerkannt werden, die keine Rechte haben. Sie verköpern „nacktes Leben“, das frei beendet werden darf auch in einem lustvollen Rausch von Gewalt. Dabei knüpfen diese Filme an ein antikes Thema an, das Thema der Außenseiter, die Leinwand aller möglichen Projektionen wie Angst, Lust, Scham, Macht und Ausgrenzung werden können.

Foto: Carmen Sulzenbacher

Weitere Aufführungen des Stückes sehr erwünscht!

Text: Barbara Tatschl

 

PSYCHO – Offtanz Tirols neue Produktion

Barbara Tatschl

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