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Mister Mader oder: System ERROR

Terminkalender Landtag. Quelle: tirol.gv.at

Terminkalender Landtag. Quelle: tirol.gv.at

Es hat gedauert. Lange gedauert. Man kann es „Abwarten und Tee trinken“ nennen oder es als langsames Erwachen aus der Schockstarre sehen, dass es schon wieder „einer der Unseren“, nennen wir es mal: „übertrieben“ hat. Sehr übertrieben. Mehr als 5 Tage nach Bekanntwerden sieht VP-Landesgeschäftsführer Martin Mallaun in der Causa Mader „keine gute Optik“, am Wochenende bringt Landeshauptmann Günther Platter in der Regierungssitzung einstimmig eine Sonderprüfung aller Geldflüsse vom Land in der Causa Mader/Verein Technikerhaus auf den Weg. Erforderlich dazu ist aber noch ein Beschluss des Finanzkontrollausschusses. Und der tagt erst wieder Ende September. 38 Tage bis zum Beschluss der Prüfung durch den Landesrechnungshof. Jedes Ergebnis vor Weihnachten grenzt an ein Wunder. Wo doch eh alles „rechtens“ gewesen sein wird.

Bauern wissen: in so einer Zeitspanne wächst Gras so gut, dass man es schon fast wieder schneiden kann. Schon letzte Woche war offenbar ausreichend Zeit landhausintern zu prüfen, ob rechtlich alles korrekt abgelaufen ist. Wäre dies nicht so, würde wohl keine Prüfung eingeleitet werden. In der Politik ein altbekanntes Spiel. Auf der Strecke bleibt die Moral. Doch nicht nur die des ehemaligen Landtagspräsidenten Helmut Mader.

In der Mietpreishochburg Innsbruck auf 188 gratis zu wohnen, ist und bleibt ein starkes Stück. Und wieder einmal war es der Ein-Mann-Blog von Markus Wilhelm www.dietiwag.org der all das aufdeckt – kein sogenanntes „etabliertes“ Tiroler Medium. Mader wohnt zum Nulltartif in einer Wohnung des eigenen Vereins. Eines Vereins, der für sein Studentenwohnheim, in der auch die Verbindungsräumlichkeiten der „Ambronia“ untergebracht waren, gerne um Subventionen ansuchte und diese auch bekam. Eines Vereins, dessen Obmann er lange Jahre war. Ehrenamtlicher Obmann, ohne jegliches Gehalt. „Nur“ für eine monatliche Aufwandsentschädigung von etwas mehr als 1.000 Euro. Was dieser Trick rein steuerlich bedeutet, können SteuerberaterInnen besser beurteilen.

screenshot eines Wohnschnäppchens auf www.immodirekt.at. 18 Quadratmeter um 450 Euro.

screenshot eines Wohnschnäppchens auf www.immodirekt.at. 18 Quadratmeter um 450 Euro.

Die Optik wird auch dann nicht unschiefer, wenn betont wird, dass Mader bis zu 300.000 Euro in die Wohnung investiert hat und der Betrag mit der zukünftigen Miete bis zum Tode gegengerechnet wird. Man möchte meinen: wer 300.000 Euro in seine Wohnung investieren kann dürfte wohl auch das nötige Kleingeld haben, Miete zu bezahlen. Und als Multi-Pensionsbezieher sollte Mader kein großes (Finanz)Problem damit haben.
Aber was ist mit dem Hinweis, dass Mader ja doch einige Jahre lang 358 Euro Miete bezahlt hat? Lachhaft. Bei 188 Quadratmetern einfach nur lachhaft. Wie lachhaft das ist, zeigt dieses aktuelle Beispiel: Auf immodirekt.at wird ein „Studentenhit“ angepriesen: 18 Quadratmeter zum Schnäppchenpreis von 450.- EUR. Eine „Wohnung“, die zehn Mal kleiner ist, als die des Alt-Landtagspräsidenten, kostet um 100 mehr. Das sitzt.

Doch nun alles einzig auf die Person Helmut Mader abzuschieben, ist viel zu einfach. Auch wenn er der Hauptprofiteur ist. Wer sich die Berichterstattung der letzten Tage angeschaut hat, dem wird wieder einmal klar: wenn man die richtigen Kontakte hat, kann man es sich in Tirol richten, wie man es braucht. Es ist ein System des miteinander-verbandelt-Seins, des gemeinsamen Wegschauens, des kollektiven erst-gar-nicht-wissen-Wollens. Ein System, das mit Regierungseintritt der Grünen aufgebrochen werden sollte. Transparenz heißt das Modewort. Wie weit sich ein System, das über so viele Jahrzehnte entstanden ist und sich so lange hält, wirklich aufbrechen lässt, wird man sehen. Ein ehrliches Bemühen kann man den Grünen nicht absprechen. Allzu oft aber schon sind jene, die das „System“ verändern wollten, vom „System“ verändert worden. Was es braucht, sind weniger „WegschauerInnen“ und mehr „HinschauerInnen“. Weniger „ZudeckerInnen“ und mehr „AufdeckerInnen“. Und auch: Mut zum Neinsagen. Hält man einmal auch nur ein bisschen die Hand auf, ist man rasch ein Fisch, der mit dem Strom schwimmt und irgendwann den Bach runter geht. Es ist eben letzten Endes auch eine Frage von Rückgrat, Charakter und Moral. Wenn einer kaum etwas davon hat, müssen einfach andere mehr davon haben.

Markus Koschuh

3 Comments

  1. wieder eine Erklärung für die Politikverdrossenheit der Bevölkerung. Man schüttelt immer wieder den Kopf, wie gleichgültig, rücksichtslos und frustriert das Volk ist – solche Politbonzen verändern die Moral des Volkes – anstatt mit gutem Beispiel voran zu gehen. Aber die Gier is a Luada

  2. Andererseits: Günther Platter, mutig

    Es muss ein bißchen der Bequemlichkeit geschuldet sein, dass das auf den dummen Bullen eindreschen unverändert weiter geht. Seitdem er in hohe politische Ämter kam, muss sich der heutige Landeshauptmann damit herumschlagen, dass er für blöd gehalten und wegen seines starken Oberländer „ck“ durch den Ckackao gezogen wird. Ein bißchen weniger bequem wäre es, Günther Platter ernst zu nehmen. Man täte gut daran. Der Vergleich macht sicher.

    Historischer Exkurs: ÖVP-Landesrat Konrad Streiter musste 2005 mit einem TIWAG-Beratervertrag von 18.500 Euro monatlich überzeugt werden, seinen Regierungssitz zurückzulegen. Streiter kündigte diesen Vertrag von selbst – vorangegangen war einer Woche öffentlicher Debatte darüber, ob ein Ex-Politiker als Consulter eines Landesunternehmens wirklich 2.000 Euro mehr verdienen müsse, als Landeshauptmann van Staa. Später hielt dessen Nachfolger Platter seinem Finanzlandesrat lange die Stange – trotz dessen billiger Penthouse-Wohnung in Innsbruck, die einem großen Tiroler Liftbetonierer gehörte. Erst später öffentlich gewordene angenommene Jagdeinladungen vom Liftbetonierer Schultz an den umstrittenen Finanzlandesrat Switak brachten die Tiroler ÖVP dann so in Bedrängnis, dass Letzterer gehen musste.

    Und jetzt Mader: Der Mann ist seit 48 Jahren in der ÖVP engagiert und er kennt die Nomenklatura und die Klaviaturen des mächtigen Apparats in- und auswendig. Er sitzt in der Mitte eines Netzwerks, in dem das ganz große Geld hängt: Auf den knapp 100 Metern zwischen Landhaus-Eingang und TIWAG-Eingang am vor sich hin rostenden Innsbrucker Wallnöfer-Platz. Aber Mader hat sich geweigert, seine Wohnung aufzugeben. Sie haben ihm wahrscheinlich eine schöne Wohnung anderswo angeboten, einen sauberen Abgang ohne die Schmach, gegangen zu werden und weiß was ich noch alles. Jetzt ging es darum, wer am längeren Ast sitzt. Und wo zuletzt die ÖVP-Chefs so oft gezaudert und gezögert haben (siehe Exkurs), kennt Günther Platter jetzt kein Pardon.

    Es ist ein Vabanque-Spiel auf vielen Ebenen, das der Landeshauptmann mit seiner klaren Abgrenzung zur Korruption und zur Freunderlwirtschaft spielt. Man kann ihn unglaubwürdig nennen und zurecht auf die Vergangenheit verweisen. Gemessen wird Platter aber an der Zukunft. Die Rache des Helmut Mader, der 48 Jahre in der ÖVP war, nimmt der Landeshauptmann in Kauf – lustig wird das nicht, denn Mader weiß mehr, als der Führungsspitze seiner nunmehrigen Ex-Partei lieb sein kann.

    Noch heikler ist aber, dass der Landeshauptmann einen neuen Standard gesetzt hat. In Zukunft wird die Tiroler ÖVP mit jedem Korruptionsskandal anders umgehen müssen, als mit dem bisherigen vertuschen, verleugnen, vernadern der Aufdecker. Sie wird gemessen an den klaren Worten des Landeshauptmanns, dass Politiker sich nicht bereichern dürfen und aus ihrer Funktion kein Vorteil entstehen darf. Das hat zunächst Respekt verdient, weil es mutig ist.

    Und es hat eine Reaktion verdient: Wer den Landeshauptmann ernst nimmt – und er hat in den letzten Tagen bewiesen, dass er ernst zu nehmen ist – stellt jetzt die richtigen Fragen. Wenn der Landeshauptmann der Korruption wirklich ein Ende bereiten will, sollten wir ihm helfen: Her mit den Stories über andere Luxuswohnungen ohne Mieten und ähnliche Dienste unter Freunden. Und wenn der Landeshauptmann der Korruption doch kein Ende bereiten will und nur zum Schein und für die Show in der Causa Mader durchgreift – dann sollten es die Tiroler auch erfahren.

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