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Memento mori: Das Leben ist tödlich

tod

An diesem lustigen Knochenmann komme ich fast täglich vorbei und begrüße ihn freundlich. Der Tod hat bekanntlich ein ganz mieses Image und passt nicht so recht in unsere schnelllebige, manchmal auch oberflächliche Welt. Die eigene Endlichkeit empfinden viele als narzisstische Kränkung und auch ich kann mir ein Leben ganz ohne mich nicht wirklich vorstellen. Ich lebe sehr gern und bin oft dankbar für dieses Dasein. Trotzdem finde ich den Tod weder gruselig, noch verbinde ich Angst damit – im Gegenteil: Ich kann mir keinen schlimmeren Fluch als das „ewige Leben“ vorstellen.

Vielleicht hat das auch mit meinem Lateinlehrer zu tun, der uns damals neben dem Futur II („ich werde gewesen sein“) auch den Gedanken des „Memento mori“ vermittelt hat. Er empfahl uns, während des Zähneputzens das eigene Gesicht als Totenschädel wahrzunehmen. Neben dem „Carpe diem“ sollten wir nie vergessen, dass alles im Leben, sei es Liebe oder Leiden, endlich ist. Das Leben ist auch deshalb so kostbar, weil es nicht von Dauer ist.

Andreas Wiesinger

4 Comments

  1. Da kann ich nur mit Thomas Bernhard antworten: “Angesichts des Todes ist alles lächerlich!”

  2. Das Zitat Bernhards ist bemerkenswert, aber auch etwas polemisch: „lächerlich“ klingt doch eher abwertend – vielleicht ist „absurd“ der bessere Begriff. Auch sollte es besser „…, weil nichts von Dauer ist.“ heißen. Wie auch immer: Nur den Leichen sind alle Leiden leicht.

  3. Ja, ist halt so ein „geflügeltes Wort“, wo man nicht genau mehr weiß, wie es ursprünglich gelautet hat. Lächerlich meint hier eher im Sinne von nicht mehr wirklich wichtig. Es gibt ja viele oder zumindest einige Autoren/Autorinnen, die den Tod als eine Katastrophe sehen, wie z.B. Elias Canetti, der den Tod als das größte Ungeheuer gesehen haben. Der Tod ist natürlich eine Ungeheuerlichkeit, wenn man daran denkt, dass er eben nicht nur altersschwache Menschen holt sondern eben auch junge, durch Unfall, Krankheit, Mord oder was auch immer. Denke mal an das hungernde Kind in der Sahelzone, dass an Unterernährung stirbt. Würde es ewig leben, hätte es vielleicht auch mal die Chance, ein schönes Leben zu führen. Das ist so, wie die zwei Geraden, die sich in der Unendlichkeit schneiden. Würde unser Leben unendlich sein, würden wir wohl alle mal einen Höhepunkt des Glückes erreichen, natürlich auch des Unglücks. Deshalb ja auch der Traum des Menschen von Unsterblichkeit, den sich die Religionen zu Nutze gemacht haben und diesen Traum in das von ihnen konstruierte „Jenseits“ verlegt haben.

  4. Ich kann mir die Ewigkeit eigentlich nicht wirklich vorstellen, aber die Möglichkeit „für immer“ zu leben, scheint für viele doch sehr erstrebenswert zu sein. Mir ist der Gedanke an das Nirwana („Erlöschen“) sympathischer, aber wie auch immer: Das Leben ist kein Wunschkonzert.

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