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Integrationsbär im Alpenzoo

Der neue Bär im Alpenzoo ist ja gar nicht mehr sooo neu, aber sooo lange gibt’s ihn auch noch nicht als Spielgefährten für den Bären, der überlebt hat.

 

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Als stolze Besitzerin einer Jahreskarte habe ich das Privileg, so oft in den Alpenzoo zu gehen, wie ich will und beobachtete den Integrationsprozess des neuen Braunbärs, liebevoll von mir „Bärli“ genannt. Offensichtlich hatte er zu Beginn Probleme – auf und ab lief er die ganze Zeit, immer dieselbe kurze Strecke am Schaufenster vorbei – sodass ich mir dachte, dass er an einem Deprivationssyndrom leidet – ein Traumabär sozusagen.

Der bereits einheimische Bär lag wie die Ruhe selbst in der Nähe und beobachtete den Neuankömmling aus den Augenwinkeln, er fragte sich wahrscheinlich „Hey, wo ist die Gefahr? Wir sind schließlich im Alpenzoo, schau mich an, mir geht’s wirklich gut und ich bin schon viel länger da als du!“. Dieselbe Szene beobachtete ich zwei Wochen hintereinander – es war wie ein „dejá vu“ und ich sorgte mich um den gestressten Neuankömmling. Der ältere Bär wirkte auf mich wie ein erfahrender Psychotherapeut, ein Fels in der Brandung, der geduldig warten kann, bis der heilsame therapeutische Prozess Früchte trägt und sich das Befinden des Gegenübers verbessert und ja – auch ich konnte warten.

In der dritten Woche ging ich ohne große Erwartungen, dass sich etwas geändert hat, wieder hin und fand zwei Bären vor, die knuddelnd ineinander verkeilt ihre Kräfte maßen und offensichtlich Spaß miteinander hatten – ich atmete erleichtert auf – die Angst vor der neuen Umgebung war wohl besiegt und mir wurde bewusst, wie sehr sich Bär und Mensch ähneln, auch der Mensch braucht in einer neuen Umgebung zumindest einen weltoffenen Menschen, der ihm hilft sich in einer neuen Lebenssituation zurecht zu finden, jedoch fruchtete der Integrationsprozess des „fremden Bären“ im Alpenzoo wesentlich schneller und erfolgreicher als im übrigen Österreich und er musste auch beim Alpenzoo keinen Asylantrag stellen, der mit all seinen Hürden wie eine Re-Traumatisierung wirken hätte können.

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Barbara Tatschl

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