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Innsbruck literarisch

Das Literaturhaus am Inn feiert heuer 25 Jahre seines Bestehens. Also ein Vierteljahrhundert alt ist diese Kulturinstitution, die aus Innsbrucks Literaturleben wohl kaum mehr wegzudenken ist.  Zahlreiche Lesungen und literarische Aktionen sind in diesem Zeitraum geschehen, nicht zuletzt auch ganz bekannte Autorinnen und Autoren aus dem deutschsprachigen Raum sind hier bereits zu Gast gewesen.

Aus Anlass dieses Jubiläums haben sich die Leiterinnen des Literaturhauses etwas besonderes einfallen lassen. Nicht eine Mega-Lesung mit großen literarischen Berühmtheiten, wie man es vielleicht erwartet hätte, sondern es wurde an zehn in Innsbruck wohn- und sesshaften Autorinnen und Autoren ein Auftrag erteilt, sich eine bestimmte Location in Innsbruck auszusuchen und darüber einen fünf Minuten langen Text zu schreiben. Dabei sind nicht, wie man vielleicht vermuten möchte, Innsbrucks kunsthistorische oder touristische Highlights ausgewählt worden, sondern ganz besondere eher unauffällige Orte und Örtlichkeiten.

So hat etwa Barbara Hundegger die ehemalige Talstation der Hungerburgbahn für ihren kritischen Text ausgesucht. Markus Koschuh hat die Bederlungerquelle, für seine Stadtbetrachtung aus der Höhe am Waldesrand ausgewählt. Agnes Czingulszki sich im Gegensatz dazu die stark verkehrsbelebte Haltestelle Sillpark erkoren, über die sie einen kleinen literarischen Text geschrieben hat. Margit Jordan erzählt etwas über den Schlachthofblock im Saggen. Stefan Abermann hat den Milchautomaten in Allerheiligen für seine Kurzgeschichte gewählt. Christoph W.  Bauer schreibt über den reizvollen Stadtteil St. Nikolaus, seinen Rive Gauche sozusagen.  Wolfgang Nöckler befragt das Waldhüttl auf literarische Inspiration. Siljarosa Schletterer bespricht und belauscht den Flüsterbogen in der Altstadt, und Carolina Schutti „zerflimmert bergwärts“ in der Mühlauer Klamm.  Ich habe das Haus der Musik für meinen literarischen Beitrag ausgewählt. Nicht zuletzt, weil ich immer wieder die Konzerte dort besuche.  Orpheus und seine Wiederbegegnung mit Eurydike habe ich dabei zum Gegenstand meiner Betrachtung gewählt.

Alle Kurzlesungen sind über die Seite des Literaturhauses oder in einem vom Literaturhaus herausgegebenen kleinen Flyer mittels eines QR-Codes abrufbar, ebenso die kleinen filmischen Porträts, die Mathias Windischer gekonnt in Szene gesetzt hat. Also an alle Literaturinteressierten: Mal reinschauen und reinhören!

Helmut Schiestl

Helmut Schiestl

2 Comments

  1. Das Literaturhaus am Inn ist tatsächlich ein unentbehrlicher Kompass, um sich vornehmlich in der zeitgenössischen Literatur zurechtfinden und orientieren zu können. Auch gelegentliche Feste und Jubiläen, wie hier von Helmut Schiestl in seiner informativen und sachgerechten Darstellung ausführlich angesprochen, machen diese Kultur“institution“ ebenso zu einem k o m m u n i k a t i v e n Treffpunkt: von verschiedenen Wegen und Zugängen her.
    Dass Buchhandlungen und andere Kulturträger in deren Veranstaltungen nicht durchgehend dieselben Autor*innen präsentieren, bedeutet wohl nicht – wie ein renommierter Rezensent gemeint hat, falls er das so gesehen hat -, dass das Literaturhaus am Inn Literatur verstecke, sondern tut dem keinen Abbruch {[(außer es gibt noch raffiniertere Literaturnovitäten-Wünschelrutengeher, was ja sein kann)]}.
    Und in diesem Bereich von Literaturvermittlung und Literaturvertrieb ist mehr Vielfalt des Angebots gegeben, als wenn meinem Eindruck nach im Bereich des Musiktheaters ein und dieselbe Oper an zwei verschiedenen Standorten in Österreich nahezu gleichzeitig, aber freilich bei anderer Regie, Besetzung etc. auf dem Programm steht.

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