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Innsbruck, deine Plätze … Mühlauer Hauptplatz

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Der wunderbare Herbst zieht uns diesmal hinüber nach Mühlau, dem so netten alten Innsbrucker Stadtteil, dem Georg Trakl schon tief zugeneigt war, wohnte er doch längere Zeit dort bei seinem Freund Ludwig von Ficker und ist dort auch am Friedhof begraben. Gerade im Herbst zeigt sich dieser Ort mit seinem Schlösschen, seinen kleinindustriellen Bauten, die mittlerweile andere Funktionen bekommen haben, nicht zuletzt aber auch mit seinen schönen alten Villen von seiner attraktivsten Seite.

1288 das erste Mal erwähnt, und somit nicht viel jünger als die Stadt Innsbruck, deren erste Erwähnung hundert Jahre früher erfolgt war, nämlich 1187, entwickelte sich der am Bach gelegene Ort als idealer Standort für Mühlen und Hammerwerke, dem sich später dann auch neuere Industrien wie etwa die Textil- und Lebensmittelindustrie anschlossen, so dass sich Mühlau so mit der Zeit zu einem respektablen Industrieort entwickeln konnte. Heute ist davon nur mehr die Rauchmühle übrig geblieben, die aber dafür österreichweit für ihr Mehl bekannt ist.

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Von der Textilindustrie, die sich dort später auch noch ansiedelte, ist nichts mehr geblieben und ihre schönen Gebäude werden heute für diverse Handwerksbetriebe und Beschäftigungsinitiativen wie das bekannte Ho & Ruck an der Haller Straße, genutzt. Auch das Innsbrucker Trinkwasser wird noch vorwiegend aus den Quellen oberhalb von Mühlau bezogen.

Da Mühlau nie ein reines Bauerndorf war, im Gegensatz zu Arzl etwa, sondern eben ein Industrie- und Gewerbeort, in dem sich auch die Besitzer/innen der Unternehmen niederließen, hatte das 1938 zu Innsbruck gekommene und somit zum Stadtteil gewordene Dorf, schon vorher einen markt- oder stadtmäßigen Charakter bekommen.

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Zwei Plätze sind es, die den Stadtteil Mühlau prägen. Einmal der Hauptplatz, vor dem Kirchhügel, mit dem Brunnen davor, und der unweit gelegene kleinere Sternbachplatz Benannt nach dem Schlösschen Sternbach.

Wenden wir uns zunächst dem Hauptplatz zu. Er ist der größte im Stadtteil, und kann wohl auch als kleines Kommunikationszentrum des Stadtteils bezeichnet werden. Sind doch nicht zuletzt auch die Haltestellen der IVB hier, ein kleines Café und das bekannte Gasthaus Koreth, das es schon seit der Zeit Kaiser Maximilians gibt und alte Tiroler Wirtshaustradition und mit modernem Komfort verbindet. 1936 wurde das Gasthaus ein Raub der Flammen und vom bekannten Innsbrucker Architekten Willi Stiegler wieder aufgebaut. Auch die Einrichtung der Stuben ist noch aus dieser Zeit und daher vor allem für am Design der Zwischenkrieg Interessierte sehr sehenswert.

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Auch das Haus Hauptlatz 6 hat eine lange Geschichte. Es war in der Zeit des Spätmittelalters Sitz einer Plattnerwerkstatt. Das waren Betriebe, in denen Ritterrüstungen hergestellt worden waren. Ein Gewerbe, das heute nur mehr im in Tirol sehr häufigen Familiennamen gibt. Es ist ein großes schönes Giebelhaus mit Wappenfresken

Seine Besitzer wechselten immer wieder, später war es eine Hofhammerschmiede und wurde schließlich in den Komplex des Ansitzes Sternbach einbezogen. und von diesem auch verwaltet. Womit wir jetzt schon beim Namensgeber unseres zweiten Platzes wären, nämlich dem Sternbachplatz.

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Dieser kleine und eher unscheinbare Platz wird vom Komplex des Ansitzes Rizol – im Volksmund eben besser bekannt als Ansitz Sternbach – beherrscht. Genaugenommen sind es zwei Ansitze, die den Platz bilden. Einmal eben der genannte Ansitz Rizol und dann noch der Ansitz Grabenstein, die aber beide so eng zusammen sind, sind, dass man sie als einen wahrnimmt. Der Ansitz Grabenstein ist im Wesentlichen noch gotisch, lediglich die Kapelle in seinem Hof ist barock. Vermutlich als Plattnerhaus errichtet, wurde es später von diversen Mühlauer Frühindustriellen wie etwa dem Leiter der Mühlauer Messingwerke – auch das gab es dort mal – Benedikt Katzenlocher übernommen und ausgebaut.

Es war ein Münzwalzwerk für Erzherzog Ferdinand, und im 18.Jarhundert dann an die Familie Franz Andre Wenzel von Sternbach verkauft. Dieser hat es dann als seinen Wohnsitz ausgebaut und mit dem damals schon existiert habenden Ansitz Sternbach vereinigt. Leider kann der Bau nur von Außen besichtigt werden, aber auch da kann man schon seine kunsthistorisch wertvolle Bausubstanz gut erkennen. Auch die kleine Kirche ist leider versperrt, sie stammt aus der Barockzeit. Ihr Schöpfer wird aus dem Umkreis der Baumeisterfamilie Singer aus Götzens vermutet und besitzt Fresken vom berühmten Innsbrucker Maler Kaspar Waldmann.

Wenden wir uns nun noch kurz dem Renaissanceschlösschen Rizol zu. Dieses 1469 erwähnte Bauwerk das im Besitz des Plattnermeisters Kasper Rieder war, kam nach wechselvoller Geschichte und Besitzwechseln schließlich in den der Familien Sternbach und schließlich 1926 in den der Familie Liphart. Auch dieses Schlösschen hat viele schöne Räume, so etwa ein chinesisches Zimmer, eine Hauskapelle mit reichhaltiger Ausstattung und Malereien, unter anderem auch wieder vom schon erwähnten Kaspar Waldmann.

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Man kann nur hoffen, dass es vielleicht mal einen Tag des Denkmals oder einen sonstigen Anlass gibt, dass man diese schönen Gebäude auch mal von innen besichtigen kann. Immerhin gehören diese beiden Ansitze zu den schönsten Innsbrucks. Nicht unerwähnt lassen möchte ich auch die repräsentativen Gartenanlagen, die besonders im Herbst mit seiner schönen Laubfärbung eine Augenweide ist.

Es gebe noch viel zu erzählen und zu erwähnen über diesen wunderschönen Innsbrucker Stadtteil, etwa über die zum Teil baukünstlerisch interessanten Villen an der Haller Straße, oder die über dem Hauptplatz gelegene Mühlauer Pfarrkirche, die einen sehenswerten Kreuzweg des Tiroler Malers Anton Kirchmair besitzt. Einige damals bekannte Innsbrucker Bürger/innen sollen dem Künstler damals „Modell gesessen“ sein. Dieser Kreuzweg wurde bei der Kirchenrestaurierung in den sechziger Jahren übermalt und erst in den achtziger Jahren bei einer erneuten Restaurierung wieder freigelegt. Womit sich wieder mal zeigt, wie sorglos der jeweilige Zeitgeist mit dem oft nur einige Jahrzehnte vorher Geschaffenen umgeht.

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Quellen: Dehio Tirol.Die profanen Kunstdenkmäler der Stadt Innsbruck.  Schroll Verlag Wien, 1981.  Josefine Justic: Innsbrucker Straßennamen. Tyrolia Verlag. Innsbruck,  2012. Gertrude Pfaundler-Spat: Tirol Lexkon.Studien Verlag. Innsbruck, 2005.

Helmut Schiestl

2 Comments

  1. Da bin ich gerade am Wochenende durchspaziert: Ein schöner, fast ein bisschen verzauberter Stadtteil … tolle beschrieben!

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