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Habemus Minister Töchterle

Im Dezember 2010 wurde Karlheinz Töchterle einstimmig als Rektor bestätigt – heute folgte der Karrieresprung: Der Altphilologe ist neuer Wissenschaftsminister der ÖVP.

 

Vermutlich hätte er bis zu seiner Emeritierung Rektor bleiben können: Seine einstimmige Wiederwahl durch den Senat kam fast einer Liebeserklärung gleich. Der Ruf nach Wien kommt nicht überraschend, schließlich war Töchterle schon während der letzten Koalitionsverhandlungen als ministrabler Kandidat genannt worden. Mit Beatrix Karl wurde dann doch eine brave ÖVP-Partei-Soldatin angelobt.

 

Grün-schwarz-bunt?
Interessant ist besonders Töchterles politische Vita. Er saß 15 Jahre lang für die Grünen im Gemeinderat von Telfes im Stubaital. 1994 wurde er als grüner Kandidat in den Tiroler Landtag gewählt, schlug das Mandat aber aus. Als Rektor sprach er sich wiederholt für Studiengebühren aus und wollte, dass sich die Universitäten ihre Studierenden selbst aussuchen dürfen. Zugleich bezeichnete er die Situation an den Unis als „unhaltbar“ und sprach von einem „Trümmerfeld“ – es brauche endlich mehr Geld für die Hochschulen.

 

Die ÖVP reklamiert den designierten Minister jedenfalls ganz für sich. Landeshauptmann Platter will ihn als Wissenschaftsminister vorgeschlagen haben. Und Josef Geisler, Klubobmann der Tiroler ÖVP, meint: „Die ÖVP tut gut daran, sich auf dem liberalem Flügel zu öffnen“. Töchterle ist seit 1965 Mitglied der katholischen Studentenverbindung Sternkorona Hall, deren Wahlspruch lautet: „Ob alles bricht, wir wanken nicht!“.

 

Ein spiegelglattes Parkett
Töchterle versteht es, Andersdenkende zu überzeugen. Kommunikation ist seine große Stärke – schließlich hat er nicht zufällig über Cicero promoviert. Trotzdem wird er es ohne Hausmacht nicht leicht haben: Der Wissenschaftsbetrieb funktioniert nach anderen Spielregeln als die „hohe“ Politik. Der Rollenwechsel vom Rektor zum Minister ist nicht einfach und besonders parteifreie Quereinsteiger haben es selten leicht. Wenn Töchterle alles richtig macht, kann er es angesichts der dünnen Personaldecke auch zum ÖVP-Boss schaffen. Wer weiß, vielleicht starten die Schwarzen dann mit dem Slogan „Ora et labora“ so richtig durch?

 

Links

diepresse.com/home/politik/innenpolitik/651823/Toechterle_UniRektor-mit-gruener-Vergangenheit

derstandard.at/1302745631084/Toechterle-Nach-15-Monaten-ein-Neuer

tirol.orf.at/stories/511106/

 

Foto: Universität Innsbruck

 

Andreas Wiesinger

5 Comments

  1. Ich denke, gerade einige der Leser dieses Blogs haben Töchterle persönlich bei den Diskussionsrunden während der Sowi-Aula-Besetzung erlebt. Wenn er auch etwas mäandernd mit dem Thema Studiengebühren umgegangen ist, so vertrat er doch immer recht klare Ansichten über einen Universitätsbetrieb, der vor allem der Erkenntnisleidenschaft dienen soll. Man wird sehen, ob er sich in der Regierung wird durchsetzen können.

    PS. Ich hätte statt: "(…) nach anderen Spielregeln als die „hohe“ Politik", geschrieben: (…) nach anderen Spielregeln als die Niederungen der Parteipolitik.

  2.  @ Tom: Ich schätze Töchterle durchaus – auch wenn mir seine bildungspolitischen Positionen viel zu elitär sind. Auch ein Konservativer kann ja menschlich anständig und integrativ sein – und ein linker Freigeist hätte es wohl kaum zum ÖVP-Minister gebracht.

     

    Und wenn Du bei uns mitbloggst, darfst Du auch selbst (um-)formulieren, lieber Tom 😉

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