1

Es wird wieder Licht

IMG_5132

Morgen ist Maria Lichtmess. Ein katholischer Feiertag, der allerdings schon lange nicht mehr als solcher im bürgerlichen Kalender auffällt. Was ich schade finde. Nicht weil ich mir als ungläubiger Nichtkatholik, dem der Sinn der christlichen Feiertage ziemlich egal sein kann, einen zusätzlichen Feiertag herausschlagen will, sondern weil es auch für eine Nichtgläubige / einen Nichtgläubigen an diesem Tag etwas zu feiern gebe, nämlich die Tatsache, dass an diesem Tag dieser um eine ganze Stunde wieder zunimmt. Die Tage also wieder länger werden und die Nächte etwas kürzer. Nicht zuletzt das schiene mir Anlass genug, einen Feiertag einzuführen. Selbst wenn wir mit dem christlichen Hintergrund dieses Festes nicht mehr viel anfangen werden können. Dieser besteht kurz darin, dass Maria, die Mutter Jesu, so wie alle Frauen, die ein Kind geboren hatten, im jüdischen Tempel eine Art Reinigungsopfer darbringen mussten. Näheres dazu unter http://de.wikipedia.org/wiki/Darstellung_des_Herrn

Irgendwie können wir uns über die Religion ja eigentlich nie satt schreiben und wohl auch satt denken. Ist sie etwa doch etwas frei nach Sigmund Freud die „Prothese des geschlagenen Menschengeschlechts“, oder das „Opium des Volkes“ nach Karl Marx. Und sind ihre Opfer nicht doch unzählige, war und ist sie Ursache völkischer Raserei, des Antisemitismus in seiner ursprünglichsten Gestalt, ja wohl Gewalt in ihrer reinsten Form, zu sich selbst gebracht und personifiziert nicht immer, aber auch in einem strafenden Gott, einem religiös missverstandenen  Größenwahn?

IMG_5095

Doch ist sie nicht auch zugleich Anlass für Hoffnung auf Humanisierung? Denken wir etwa an das Gebot der christlichen Nächstenliebe. Der Aufruf zum Fireden,  wie er etwa in jeder christlichen Heiligen Messe an das Volk gerichtet wird.

Humanisierung des Opferrituals. Wie es der französische Religionsforscher René Girard mit seiner Mimetischen Theorie getan hat. Menschliche Gesellschaften können auf Dauer nur überleben, wenn sie ihre Konflikte regeln, indem sie ihre Mitmenschen nachahmen, den Konflikt so im Zaum halten und einen zum sogenannten „Sündenbock“ erwählen, der diese Schuld dann auf sich nimmt und dafür gesteinigt wurde. Das geschah am Anfang noch in der Form, dass ein Ziegenbock mit aller Schuld der Menschen beladen und geopfert wurde. Später wurde diese Zeremonie dann in einen Mythos gegossen und ritualisiert, etwa so, wie im Christentum eben der Gottesdienst mit dem symbolischen „Opferlamm“ gefeiert wird. Leider funktioniert dieser Mechanismus aber nicht so gut, als dass er nicht immer wieder die nackte brutale Gewalt im Menschen zum Durchbruch verhelfen würde, vor allem dann, wenn es gegen den sprichwörtlichen „Anderen“ geht.

Wäre es nicht besser, jeder gründete seine eigene Kirche, mit sich selbst als Gott /Göttin und Priester / Priesterin in eigener Person? So wie es der französische Komponist Eric Satie getan hat. Bestünde nicht darin erneut Gefahr, jeder / jede würde gegen den / die andere/n losziehen ins Feld des Kampfes?

IMG_5156

Erhalten wir uns das Kulturtragende der Religion, die schöne Musik, die beeindruckenden Bauwerke. Am Gedankengebäude eines alles verzeihenden allmächtigen Gottes, an dem wir ohnehin nur irre werden können, werden wir wahrscheinlich immer weniger Trost finden könne.n Suchen wir das Erhabene aber in der Natur, wie schnell werden wir da zurückgeschlagen auf unserem Weg und alleingelassen. Und am Ende wird uns die Natur mit Staub und Moos bedecken. Mit ihrem Laub und ihren Samen für das Neue.

Jetzt aber feiern wir das Licht. Heuer übrigens das von der UNESCO ausgerufene Internationale Jahr des Lichts Das Licht als physikalisches Phänomen. Ein Meer an elektromagnetischen Schwingungen, das unser All durchpulst in nicht mehr vorstellbarer Geschwindigkeit. Und nicht zuletzt steht das Licht auch für die Aufklärung. Aber auch deren finsteren Seiten sollten dabei nicht außer Acht gelassen werden. Womit wir bei der Frankfurter Schule wären. Ihre beiden wohl wichtigsten Vertreter – Theodor W. Adorno und Max Horkheimer – haben dazu ein wirklich aufklärendes Buch geschrieben, das von seiner Aktualität nichts verloren hat! Dialektik der Aufklärung heißt es und ist jeder Leserin und jedem Leser wärmstens zu empfehlen.

IMG_5154

Helmut Schiestl

One Comment

  1. Was mich am Winter wirklich fertig macht, ist der chronische Lichtmangel … ich freue mich schon sehr darauf, wenn es endlich wieder länger hell bleibt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert