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Die zweite Fremde. Zehn jüdische Lebensbilder

Geschichte kommt von „Geschehen“, wir verstehen darunter hauptsächlich vergangene Ereignisse. „Geschichte“ bedeutet im Deutschen aber auch so viel wie „Erzählung oder Märchen“.

Das neue Buch des bekannten Innsbrucker Autors Christoph W. Bauer ist ganz nah dran an dem wahrscheinlich düstersten Kapitel der menschlichen Geschichte, dem Nazismus und den daraus resultierenden, bis heute unbegreiflichen Menschheitsverbrechen. Österreich (und speziell Innsbruck) hat diese Zeit noch Jahrzehnte nach 1945 weitgehend verdrängt und nur allzu gerne vergessen.

Bauer hat sich schon in früheren Werken – zu nennen sind „Im Alphabet der Häuser“ und „Graubart Boulevard“ (beide Haymon) – mit diesem erschütternden Thema auseinandergesetzt. Die zweite Fremde lässt nun die Überlebenden im literarischen Sinn selbst „zu Wort kommen“. Der Autor zeichnet Lebenswege jener nach, die dem Naziterror knapp entflohen sind und dafür Kindheit, Heimat und die Muttersprache hinter sich ließen.

Der Autor besticht durch seine klare, unprätentiöse Sprache. Bauer verschwindet fast völlig als Vermittler dieser menschlich zutiefst berührenden Lebensgeschichten – gerade dadurch ist ihm literarisch ein großer Wurf gelungen. Fazit: das Gegenteil leichter Unterhaltungsliteratur und zugleich ein Buch, das berührt und noch lange nach der Lektüre beschäftigt.

Eine ausführliche Rezension des Werkes von Klaus Zeyringer ist am 7. Juni im STANDARD-Album erschienen.

Christoph W. Bauer: Die zweite Fremde
Zehn jüdische Lebensbilder
ISBN 978-3-7099-7021-8
176 Seiten
Haymon Verlag

Andreas Wiesinger

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