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Der Mann in der Steinhöhle

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Der gestern in ganz Europa begangene Welttag der Fremdenführer bot auch in Innsbruck wieder mal Gelegenheit, Unbekanntes oder zumindest für viele weniger Bekanntes in dieser Stadt zu entdecken und von Fremdenführer/innen, die meistens Scharen von Touristen durch unsere Stadt führen, diesmal auch für Einheimische nähergebracht zu bekommen. So wurden Führungen durch die Altstadt, in den Dom, die Hofburg und Hofkirche, das Schloss Ambras und verschiedene Kirchen, zeitgenössische Architektur in Innsbruck, aber auch Themenführungen wie z.B. Das Alltagsleben im Mittelalter, Die Reichskristallnacht in unserer Stadt und noch vieles mehr. angeboten und auch von einer großen Anzahl Interessierter dankend angenommen. Waren die Führungen doch kostenlos und nur durch freiwillige Spenden, die einer sozialen Einrichtung zugute kamen, konnte man sich für das Dargebotene erkenntlich zeigen.

Ich hatte mich kurzentschlossen für eine Führung in die Eremitage des Kapuzinerklosters entschieden, weil ich darüber schon viel gehört hatte, aber noch nie dort war.

Da befindet sich etwa in der Kaiserjägerstraße ein zumindest von Außen eher unscheinbar aussehendes Kloster, eben das Kapuzinerkloster, das über eine kunsthistorisch interessante Klosterkirche verfügt, in der etwa eine Madonna lactans von Lukas Cranach den Älteren, von dem auch das berühmte Mariahilfbild im Dom zu St.. Jakob stammt, und ein Hochaltabbild von Cosimo Piazza, einem Veronese-Schüler zu besichtigen ist, und die in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhundert behutsam restauriert wurde und dabei etwa mit Bildern des Tiroler Künstlers Maurizio Bonato versehen wurde.

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Der eigentliche „Hammer“ aber ist die bereits erwähnte  Eremitage, die nur bei Führungen besichtigt werden kann. Dabei handelt es sich um eine Art Einsiedelei, in denen sich Mönche oder sonstige religiöse Menschen zu Gebet und Kontemplation zurückgezogen haben. Im konkreten Fall war das Erzherzog Maximilian der Deutschmeister, der von 1558 – 1618 lebte und habsburgischer Landesfürst in Tirol war. Dieser hatte ein sehr bewegtes Leben, war unter anderem König von Polen, verlor diese Würde aber an das schwedischen Haus Vasa, wurde 1590 Hochmeister des Ritterordens der Deutschmeister und 1602 von seinem Bruder, Kaiser Rudolf II,  zum Gubernator bzw. Statthalter on Tirol, bestellt. In dieser Eigenschaft residierte er natürlich in der Hofburg, hatte sich aber aufgrund seiner religiösen Einstellung eben diese Eremitage bei den Kapuzinern errichten lassen, wo er sich dann zurückzog und von dort aus seine Regierungsgeschäfte tätigte.

Heute kaum mehr vorstellbar, dass ein weltlicher Herrscher in einer völlig abgedunkelten und mit Duffsteinen ausstaffierten Höhle lebt und wirkt. Lediglich ein hölzernes Bett, ein Tisch und mehrer Stühle gehören zum Inventar dieser Eremitage, die nur durch kleine Fenster ein wenig Tageslicht bekommt. In den Vorräumen sind neben christlichen Darstellungen einige Porträts Maximilians und seiner Verwandten zu sehen. Eines zeigt ihn am Sterbebett liegend.

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Wer jetzt aber glaubt, Erzherzog Maximilian wollte dann auch in einer unscheinbaren Grabstätte zur Ruhe gebettet werden, irrt. Vielmehr verdankt ihm Innsbruck das neben dem Kenotaph Maximilians I. in der Hofkirche wohl schönste und bedeutendste Grabmahl. Es befindet sich im schon erwähnten Dom zu St. Jakob im linken Querschiff und wurde von Caspar Gras modelliert und von Heinrich Reinhart in Bronze gegossen.

Wobei auch hier eine kleine Bizarrerie nicht unerwähnt sein soll. Das Grabmahl wurde nämlich erst 1950 in seiner jetzigen Form dort aufgestellt. Vorher war es geteilt und stand aufgeteilt in zwei Hälften im Chor des Domes.

Wenn man die dunklen und engen Räumen über die schmale Treppe wieder verlassen hat und in die helle und karg eingerichtete Kirche tritt, kommt einen vielleicht auch der Gedanke, dass Kirche nicht eben immer nur Prunk und Reichtum ist sondern auch etwas ganz anderes, das seiner Lehre ja viel näher kommen würde  und im Laufe ihrer mittlerweile schon jahrhundertealten Geschichte probiert wurde.

So war ja gerade auch die Gründung der Bettelorden wie etwa der Franziskaner eine Reaktion des üppigen Lebens der Päpste und Kardinäle, und als auch dieser Orden zu sehr in den Machtapparat der Kirche eingebunden wurde, kam es zur Gründung eben des Kapuzinerordens, dem heute in der Innsbrucker Niederlassung nur mehr ganz wenige Brüder angehören. Diese betreuen in Zusammenarbeit mit der Caritas eine kleine Frühstücksstube und den Vinzibus, der Obdachlose mit Essen versorgt. Nicht unerwähnt bleiben sollte auch eine Bibliothek, die über wertvolle Bücher verfügt, und von den Mönchen geleitet wird. Auch diese kann bei bestimmten Themenführungen immer wieder mal besichtigt werden.

Helmut Schiestl

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