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Der 160-Millionen-Witz des Tages

bankomat-hypo c dolomitenstadt.at Jaja, ist ja schon gut: Jetzt heißt es „solidarisch zusammenhalten“, die „Krot schlucken“, bis zu 160 Millionen Euro zahlen, im worst case könnten es sogar noch ein paar hundert Mille mehr sein. Die Rede ist von den Auswirkungen des Hypo Alpe Adria-Desasters, deren „Abwicklungsanstalt“ HETA, deren vom Finanzminister verfügten Zahlungsunwilligkeit und nun eben deren Auswirkungen auf die Hypo Tirol und damit auch ganz konkret auf … dich und mich.

Herwig van Staa c Land Tirol_LandtagsdirektionBisher war das Hypo-Debakel nur nebulös spürbar, schon bald kommt es aber knüppeldick. Das zeigte die heutige Landtagssitzung, in die eilig ein „Zwischenbericht“ des Landeshauptmannes eingeschoben wurde. Dass jegliche Ursachenforschung für die Misere keine Rolle spielen darf, zeigte die zeitliche Vorgabe: gerade mal auf eine (in Worten: 1) Stunde landeshauptmännliches „Berichten“ samt „Debatte“ hatte man sich im Vorfeld einigen können. Und auch das nur, weil Landtagspräsident Herwig van Staa generös „Gnade vor Geschäftsordnung“ ergehen ließ. Die böse HypoAlpeAdria sollte so in den Fokus gerückt werden – die haarsträubenden Sachelen und Dingselen rund um die Tiroler Landes-Hypo sollten nur ja nicht breit dargelegt werden können. Denn die haben es in sich.

Auch in Tirol war man vor Jahren der Großmannssucht verfallen, wenn auch etwas später als in Kärnten, das sich die vermeintlich fettesten Fische am Balkan geangelt hatte. Für die Tiroler Landes-Hypo blieb lediglich das Monopoly-Spiel im Norden Italiens und ein bisschen Roulette in Deutschland. Sind ja auch wahre Kernmärkte für eine Landes-Hypothekenbank. Hunderte Millionen Euro mussten in den letzten Jahren abgeschrieben werden, vor wenigen Jahren konnte die Hypo Tirol lediglich mit über 220 Millionen Euro des Landesenergieriesen TIWAG „finanzmarktgerecht“ bilanzieren. Eine Quasi-Kreditklemme der Hypo Tirol und ein Stellenabbau in der Bank war die Folge.

fingerzeig platter c Robert Parigger Und nun die nächste Hiobsbotschaft, die Landeshauptmann Günter Platter heute eilig überbrachte: 80 bis 160 Millionen Euro muss die Hypo Tirol wie jede andere der gesamt 8 Bundesländer-Hypos auf den Tisch legen, weil die Landeshypos jeweils untereinander – und eben auch für die ehemalige HypoAlpeAdria – für sich haften. Für die Landeshypos haften wiederum die jeweiligen Bundesländer. Das Land Tirol zum Beispiel haftet aktuell mit mehr als 4 Milliarden Euro für seine Hypo. Damit die Hypo Tirol diese bis zu 160 Millionen Euro aufbringen kann, verzichtet das Land Tirol generös auf die eigentlich jährlich fällige Dividende aus der Hypo. Zuletzt waren das an die 28 Millionen Euro. In etwa so viele Millionen werden in den nächsten Jahren im Landesbudget fehlen. Jährlich. In Worten: achtundzwanzig Millionen Euro. Pro Jahr.

Und nein, natürlich: das alles hat man nun wirklich nicht kommen sehen können. Keine Finanzmarktaufsicht, kein Aufsichtsrat kein niemand. Shit happens. Muss man denn bei Billa einkaufen um so viel Hausverstand zu besitzen, dass eine vertraglich fixierte Haftungsgarantie vielleicht irgendwann mal schlagend wird und man dafür besser Vorsorge trifft?
In Tirol lässt man sich munter auf den Kopf scheißen: ÖVP und deren in dieser Frage auffallend handzahmer Partner, die Grünen, laden zum kleinkünstlerisch interessanten „Finanzkontrollausschuss“, bei dem van-Staa-Busenfreund Rudi Federspiel den Vorsitz hat, laden scheinbar Verantwortliche vom ehemaligen Landtagspräsidenten Mader bis zum aktuellen Hypo-Vorstandsvorsitzenden ein und verkünden schließlich: Danke, es ist alles geklärt, keine weiteren Fragen. Dass in einem Finanzkontrollausschuss keine Wahrheitspflicht herrscht, wird dabei verschwiegen.

FPÖ-Landesobmann Abwerzger, Landtagspräsident van Staa, FPÖ-Landtagsklubobmann Federspiel

FPÖ-Landesobmann Abwerzger, Landtagspräsident van Staa, FPÖ-Landtagsklubobmann Federspiel

Die politisch Verantwortlichen sollen sich nicht so leicht aus der Affäre ziehen können. (Politischer) Verantwortung soll man nicht durch einen Rücktritt entfliehen können. Klarheit könnte ein Untersuchungsausschuss bringen. Bei den Verbandelungen in der Tiroler Politik wird’s das nicht spielen, leider. Bleibt noch eines – und davor haben sicherlich nicht wenige ziemlichen Bammel: Her mit den Infos. Wer etwas weiß, muss dies offenlegen. Und das geht auch anonym. Markus Wilhelm und sein dietiwag.org haben vor Wochen das Projekt „hypoleaks“ gestartet: http://www.dietiwag.org/index.php?id=4410. Je mehr davon wissen, desto eher wird es irgendwann Klarheit geben, wer – bei supertollen Gagen – unser Steuergeld derart verjuxt hat und in den kommenden Jahren verjuxen wird.

Markus Koschuh

One Comment

  1. Wie lange lassen wir uns eigentlich noch an der Nase rumführen? Die Damen und Herren, die wir alle paar Jahre aus einem bescheidenen Angebot auswählen dürfen, sind unsere Angestellten. Sie verdienen ziemlich gut mit ihren Machtspielchen. Wenn nicht 90% der Bevölkerung kuschen und buckeln würde, würden sie ihre geliehene Macht nicht so frecht ausspielen!

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