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Ça suffit! – Es reicht!

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Eine Geschichte

 

Pegy Nicole Ekobo sitzt auf der Bank vor dem Seniorenheim. Endlich lächelt sie: „Ja diese ung- tung- Sprache, ich habe am Anfang nur -ung und -tung verstanden. Jetzt geht es besser.“ Langsam heitert sich ihre Mine auf. Pegy ist Asylwerberin, Anfang 20, aus dem Kongo.

In Innsbruck hat sie fast keine Freunde gefunden. Niemand im Innsbrucker Flüchtlingsheim Trientlgasse mit rund 270 BewohnerInnen kam aus dem Kongo. Und dann zu dritt in einem Zimmer. Das war genug. Vor kurzem ist sie umgezogen, in ein kleineres Heim in Reith im Alpbachtal, Einzelzimmer. Jetzt ist es etwas besser.

Pegy ist seit einem Jahr und zwei Monate in Österreich. Ihr 2. Winter, es ist viel zu kalt. Jetzt schon, im November. Seit einem Jahr und zwei Monate wartete sie auf ihr erstes Interview. „Das ist nicht normal, alle anderen bekommen ihr Interview nach spätestens sechs Monaten, nur ich nicht. Ich kann nicht mehr warten, ich habe keine Geduld mehr, es reicht, es reicht wirklich.“ Wir unterhalten uns auf französisch, ihrer Muttersprache. Dann wieder auf Deutsch. Sie sagt: „Ich bin lebensmüde, ja lebensmüde, das ist das richtige Wort, schreib es so auf!“ Pegy spricht sehr gut deutsch,  ihre Aussagen, ihre Wünsche, ihre Enttäuschungen, klar und präzise.

Heute wartet man wesentlich kürzer auf einen Asylbescheid als noch vor ein paar Jahren. Extreme Wartefristen von acht Jahren gehören in Österreich zum Glück längst der Vergangenheit an. Die durchschnittliche Dauer, bis ein Asylverfahren abgeschlossen ist, liegt aber immer noch bei einem bis zwei Jahren. Lange genug. Niemand kann sich vorstellen wie es ist, Monat um Monat zu warten und nicht zu wissen, ob man mit einem neuen Leben in Österreich beginnen kann oder nicht. Ob man arbeiten gehen darf, ob man eine Ausbildung beginnen darf oder nicht.

„Ich habe viel Deutsch gelernt, mein Kopf ist kaputt von diesem Deutsch. Ich arbeite vier Stunden im Altenheim. Das ist kein Leben. Jetzt gehe ich gleich wieder zu meinen lieben Alten, sie sind lieb. Ja sie sind liebe Leute.“ Pegy hat mich einmal gefragt was ich mir wünsche. Ganz unbefangen und ehrlich habe ich ihr geantwortet: Einen neuen E-Bass. Sie sagte darauf: Weißt du was sich hier in diesem Heim alle wünschen?  Wir wünschen uns einen Pass. Ich will mein positiv. Ich will auf der Universität Tourismus-Management studieren! Mein Leben beginnen. Nach einer kurzen Pause sagt sie: Nein, ich bin nicht lebenshungrig. Jetzt bin ich lebensmüde.

Trotz allem: Pegy lacht viel, heute. Pegy ist nicht so traurig. Auf einer Skala von 1 – 10 schätzt sie sich auf 0,5 ein. Immerhin.

Daniel Furxer

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