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Bergisel-Museum

 
 
 
Hab mich gestern Nachmittag auch aufgemacht ins neue Museum am Bergisel, um zu sehen, was da neben dem restaurierten Panorama noch so alles ausgestellt ist. Ein schöner Föhntag mit einem herrlichen Ausblick auf die nicht weniger schöne Stadt und weit hinunter ins Inntal, fast eben so dass man gut vergleichen konnte mit dem auf dem Panorama dargestellten.
 
Was dann gleich mal auffällt, wie klein die Stadt damals – so um die vorige Jahrhundertwende, wo das Bild gemalt worden ist – noch war. Was schön ist an dem Bild: Die Lichtführung, vor allem, wo der Blick des Betrachters nach Westen geht, zur Martinwand und hinauf ins Obere Inntal, wie da das Licht fast mystisch hereinleuchtet, so als wäre es von hinten künstlich verstärkt, Was weiter auffällt, die Heroisierung der in die Landschaft gestellten Kampftruppen. Die Trachten, die die Krieger oder Schützen – den Begriff gab’s zur Zeit der Schlacht ja wahrscheinlich noch nicht – tragen, so als wären sie Teil einer Filmkulisse  gewesen. Der Pater mit seinem hoch erhobenen Kreuz mitten im Getümmel. Wahrscheinlich oder sogar sicher war das Bild ein Produkt der zu Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts einsetzenden Mythenbildung, ja vielleicht sogar eine Art Gründungsnarrativ einer wie auch immer historisch verorteten Tyrolischen Nation
 
Das ist das eine. Das andere ist der zweifelsohne schöne und luftige Museumsbau, der sich auch gut in die Landschaft fügt, und das, was in ihm ausgestellt ist. Und da begleiten einen schön aus Holz geschnitzte auf Sockeln stehende Figuren, die die  handelnden Personen des Bergiseldramas darstellen, bezeichnenderweise sind die Sockel  für die Frauen und unbekannten Soldaten leer gelassen worden. Ehe man dann in das eigentliche Museum kommt. Den Eindruck einer Art „Kunst- und Wunderkammer der Tiroler Identitätsfindung hinterlässt es bei mir. Und man wird aus dem ganzen nicht so recht klug.
 
Geht es nun um Dechiffrierung dieses Mythos Tirol, wie er sich in unzähligen religiösen Andachtsbildern, genauso wie im Bild des Wilderers, Sturschädels, tanzenden, singenden  und immer lustigen Alpenbewohners/in gezeigt hat? Und der dann durch kriegerische Auseinandersetzungen bis tief in die Seele hinein korrumpiert seinen Stolz in der Gestaltung touristischer Freizeitparadiese wieder gefunden hat? Oder geht es um eine Fortschreibung dieses Mythos, indem etwa auch kritische Zeitgenossen wie etwa der bekannte Journalist und Fernsehmoderator Claus Gatterer, oder der ebenfalls als Journalist und Komponist bekannte Bert Breit Teil des Ausstellungskonzeptes sind. Also auch das kritische Tirolbild darf darin vorkommen,
 
In kleinen „tabernakelartigen Kästchen, die die Besucher nach Lust und Neugier öffnen können, verbergen sich eben jene Relikte Tiroler Zeitgeschichte, Orden und Medaillen ebenso wie Gebrauchsgegenstände diverse Tiroler Persönlichkeiten wie die Pfeife Luis Trenkers, die Schimütze von Toni Sailer, die er bei seiner Siegesfahrt 1956 in Cortina getragen hat oder die Schreibmaschine des schon erwähnten Publizisten Claus Gatterer.. Dazwischen “ läuft auf mehreren ebenfalls in Holz eingelassenen Monitoren die Piefkesage von Felix Mitterer.
 
Aber, es will sich kein rechter Sinn für all das Gezeigte einstellen und wofür es gezeigt wird. Mein Eindruck und wohl der vieler Besucherinnen und Besucher, bleibt gespalten. Immerhin gibt es ja bereits einschlägige Museen in Tirol bzw. in Innsbruck wie etwa das Volkskunstmuseum – vor wenigen Jahren erst neu gestaltet und einem  Relaunch unterzogen – oder  das Museum im Zeughaus, aus denen ja zum Teil auch die Ausstellungsstücke stammen. Also warum das ganze da hinauftransportieren und dafür gleich ein neues Museum für so viel Geld bauen, das in anderen Bereichen der Tiroler Kulturszene fehlt?
 
Ein Kunstmuseum hätte sich sicher besser gemacht und hätte wohl das Bild Tirols, fernab des Touristenkitsches und der über Jahrhunderte hin gepflegten Klischeebilder, ein wenig entstaubt. .
 
 

 

Helmut Schiestl

4 Comments

  1. Also ich seh den Mehrwert zu Volkskundemuseum und Zeughaus auch nur in der ganz ordentlichen Architektur – eigentlich hat man eine Kultstätte hingeklotzt, irgendwas zwischen gehuldigten Klischees und angeblicher Dekonstruktion, dabei handzahm und hauptsächlich konfus. Das Ganze wäre ärgerlich, peinlich … bei den Summen, die hier verbraten werden, allerdings ein glatter Skandal! Es zeigt nur die absolute Untertänigkeit vor dem Fetisch Tradition, keine Reflexion, nur selbstzufriedene Nabelschau und Bauchgepinsel.

  2. Mir gefällt das Gebäude eigentlich auch am besten, die Ausstellung selbst ist nix Besonderes. Alles sehr konventionell und schlichtweg nichtssagend!

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