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Anleitung zum Aussteigen

 

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Seit Tagen kursieren in der Tiroler Tageszeitung Meldungen über eine angebliche Tarifreform bei den Innsbrucker Verkehrsbetrieben. Worin genau die Reform im wörtlichen Sinn einer Um- und Neugestaltung des geltenden Systems bestehen soll, bleibt auch nach sorgfältiger Lektüre der Berichterstattung weitestgehend rätselhaft.

Faktisch geht es um eine Verteuerung der Tarife, auch wenn die Stadtregierung diese euphemistisch als „Tarifanhebungen“ oder „Tarifanpassungen“ tarnen will. Eine Attraktivierung des Angebotes, zum Beispiel durch Schaffung einer familienfreundlichen Jahreskarte oder sehr günstigen Kurzstreckentickets, ist nach derzeitigem Stand der Informationen nicht geplant.

Dafür schwirren viele Zahlen umher, die die Ticket-Verteuerungen als wirtschaftliche Notwendigkeit erscheinen lassen sollen. Aber selbst wenn es einen wirtschaftlichen Verlust durch steigende Personalkosten zu verzeichnen gibt: müsste es in Zeiten wie diesen – Stichwort Klimawandel, Stichwort schlechte Luft- und Lebensqualität durch überbordende Verkehrsbelastung – nicht ein Gebot der Stunde und eine der lösbaren Aufgaben unseres Jahrzehnts sein, in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs bzw. einer umweltfreundlichen Mobilität zu investieren? Sollten wir nicht an allen politischen Hebeln drehen, um überflüssigen (individuellen) Autoverkehr in der Stadt auszubremsen oder zumindest einzudämmen?

Jene Menschen finanziell durch Verteuerungen zu bestrafen, die mit Bus und Straßenbahn fahren und sich gesellschaftlich richtig verhalten, ist ein ablehungswürdiger Affront, vor allem wenn es gleichzeitig keinerlei Bestrebungen gibt, die Alternative so zu verteuern, dass nur noch unbedingt notwendige Wege und Fahrten mit dem Auto getätigt werden.

Zur Erinnerung: Erst im Jänner 2015 sind die IVB-Tarife (und damals wirklich) neu gestaltet, Jahreskarten massiv vergünstigt, Einzel- und Mehrfahrtentickets jedoch verteuert worden. Die damaligen Neuerungen wurden von allen Parteien der Stadtregierung als großer Erfolg gefeiert und – zu Recht oder nicht sei dahingestellt – auf die eigenen Fahnen geheftet.

Der starke Anstieg der Jahreskarten hat eindrucksvoll bewiesen, dass ein attraktives Angebot (und gute Werbung!) von vielen Menschen angenommen wird. Man sollte aber gerade jene motivieren, die bisher noch wenig bis gar nicht mit den IVB unterwegs waren.

Eine erneute Verteuerung der Tarife würde die erwünschte politische Zielsetzung wie die eigenen Bemühungen, mehr Menschen zum Umsteigen auf die Öffis zu bewegen, auf bedenkliche und fast schon fahrlässige Weise konterkarieren.

Johann Alexander

Gast

4 Comments

  1. Etwas Geduld noch – es kommt zwar eine moderate Erhöhung einiger Ticketarten für die Kernzone, aber mächstes Jahr kommt auch eine Reform der Verbundtarife, und das wird ein großer tariflicher Qualitätssprung. Die Erhöhung einiger Preise in der Kernzone macht nicht viel aus, schließlich wird alles teurer und mit einem Öffi-Jahresticket hat man auch dann immer noch volle Mobilität zum Bruchteil der Kosten eines Autos, wenn das Jahresticket 350 Euro kostet. Bestimmte „gut klingende“ Preise sind auf Dauer sowieso nicht haltbar, der Geldwert ändert sich ja.

    Was im Moment oft noch nicht gegeben ist, ist die Praxistauglichkeit des öV im Vergleich mit dem Auto. Umsteigepunkte sind schlecht ausgestattet, manchmal gar nicht wahrnehmbar, und oft gibt es keine direkten Anschlüsse. Das muss verbessert werden, gute Umsteigeverbindungen sind essentiell. Und natürlich die Reisezeiten, abgesehen von der S-Bahn sind die meisten Öffis leider noch langsamer als das Auto. Damit dieses Verhältnis kippt, muss man an beiden Enden ansetzen – den Autoverkehr erschweren, verlangsamen und verteuern, und gleichzeitig die Öffis beschleunigen und preiswerter machen („preiswerter“ kann auch teurer, aber dafür besser bedeuten). Da hakt es aber noch. Das sehe ich als das größere Problem als die leichte Kernzonenverteuerung.

  2. Außerdem gab es ja eine Steuerreform. Auch diese muss irgendwie
    „gegenfinanziert“ werden. Oder nicht????

  3. Die Überschrift ließ vermuten eine Anleitung um aus dem „Leben“ (System) auszusteigen vorzufinden. Und so machte ich mich gespannt daran einige Tipps dafür zu erfahren.
    Gut. Dann bleib ich bei der „Anleitung zum Unglücklichsein“.

    Die IVB-Tarife sind (by the way) eine Freiheit, definitiv.

  4. Und eines muss ich leider auch sagen, obwohl ich Öffi-Benutzer bin und es auch mangels Auto bleiben werde: Die Ansteckungsgefahr vor allem in den Herbst und Winterzeiten sollte in den Bussen und Straßenbahnen nicht unterschätzt werden. Immer wieder erlebe ich es, dass der oder die neben mir Sitzende hustet oder niest und ich das voll abbekomme. Ein Eindämmen der Grippe- und anderer ansteckender Erkrankungen ist so wohl kaum möglich. Vielleicht lohnt da mal ein Blick nach Südkorea, wo viele Menschen mit Mundschutz ausgestattet sind. Das wäre vielleicht auch als verpflichtendes Utensil für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel anzudenken.

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