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Amtsbehandelt

Gestern war ich in der Stadt unterwegs; auf Höhe der Annasäule wurde ich Zeuge einer sogenannten Amtshandlung: Dort stand eine Gruppe von Tourist*innen (aus Griechenland, wie sie mir später mitteilten), die auf Stadträdern unterwegs waren. Vor ihnen sah ich einen Polizisten und eine Polizistin, die gerade damit beschäftigt waren, den jungen Leuten Strafzetteln auszustellen.

Nachdem ich mit den Touris kurz unterhalten hatte, erdreistete ich mich, die Exekutivbeamt*innen anzusprechen: „Ist es wirklich nötig, die zu bestrafen, das sind doch Touristen, die sich nicht auskennen.“ Die Polizistin meinte daraufhin: „Ich bin gerade beschäftigt und gleich bei Ihnen.“ Ich entgegnete: „Vielleicht kann man sie ja abmahnen, muss man immer gleich strafen?“ Der Polizist, der bislang unbeteiligt wirkte, fragte mich ungehalten: „Wos geht denn di des eigentlich an?“

Als ich ihm entgegnete, dass ich wohl berechtigt sei, eine einfache Frage zu stellen, ging er darauf gar nicht ein, sondern verlangte meinen Ausweis. Ich erklärte ihm, es gebe in Österreich keine Ausweispflicht und ich hätte auch keinen dabei. Daraufhin meinte er, er müsse mich jetzt zur Identitätsfeststellung mitnehmen. Kurz danach sprach er etwas in sein Funkgerät und wenig später fand ich mich vor sechs Polizist*innen und zwei Streifenwagen wieder.

Glücklicherweise gab sich die Polizei mit meiner E-Card, deren Fotokopie sie dem Polizisten aushändigten, zufrieden. Alle meine Einwände – ich habe die Amtshandlung nicht gestört und wohl das Recht, einen Einwand vorzubringen – wurden allerdings abgetan. Der Polizist meinte nur, er habe keine Lust zu diskutieren und ich könne ja die Anzeige abwarten.

Ich bin froh, dass ich in einem Rechtsstaat lebe und sehe dieser Anzeige recht gelassen entgegen. In Russland oder einem anderen totalitären Staat wäre ich sicher einige Zeit festgehalten worden oder schlimmeres. Aber auch in Österreich haben manche in der Exekutive sichtlich Spaß daran, Menschen zu drangsalieren und ihre Macht zur Schau zu stellen.

Andreas Wiesinger

5 Comments

  1. Danke dir jedenfalls für den Versuch, die Damen und Herren Amtsschimmel einbremsen zu wollen …

  2. Auch Vertreter anderer Institutionen walten ihres Amtes:

    1.) Vor etlichen Jahren kassierte in Italien ein Zugschaffner mindestens 25 (wenn nicht 75) Euro von mir, weil ich als Tourist nicht wusste, dass ich die Fahrkarte vorm Einsteigen in den Zug bei einem Miniaturautomaten entwerten musste, und kannte bei abwehrender Körperhaltung keine „Gnade“.
    2.) In einem Bekleidungsgeschäft in Innsbruck wurde vom Personal eine Frau der Polizei bis in eine Wachstube anheimgegeben, nur weil sie beim Zahlen mehrerer Produkte an der Kassa eines im Wert von anscheinend nur ca. 3 € dabei vergessen hatte, aus ihrer Tasche oder was zu tun und vorzulegen, und obwohl sie wiederholt beteuert hatte, sie habe nichts stehlen wollen.

    Fazit: Entweder es zählt die (geglaubte) Absicht, oder die EIGENTUMSETHIK und ähnliche Werte überwuchern und dominieren alles andere.
    Dann gilt im Extremfall – „zum Glück“ in anderen Weltgegenden und Systemen – gar Mord als weniger schlimm als Diebstahl (siehe Krieg).

    Aber alles Gute dir, Markus, in deiner Sache!

    Wenn alle flügellahm werden, leidet darunter sogar die sakrosankte „Tourismus“wirtschaft.

  3. Meines Wissens ist das Radfahren in der Maria-Theresien-Straße verboten. Ich habe eher das umgekehrte Problem, dass ich mich auf Gehwegen nicht mehr vor den Radfahrer/innen sicher fühle, weil eben n i c h t gestraft wird. Was da momentan in Innsbruck, aber wahrscheinlich nicht nur hier, abgeht, ist eine verfehlte Verkehrspolitik, ein Ausspielen der einen gegen die anderen Verkehrsteilnehmer/innen, am Ende bleiben die auf der Strecke, die sich am wenigsten wehren können, Fußgänger/innen, Kinder, alte und behinderte Menschen.

  4. Obwohl es auch Radraser gibt, die wohl unbedingt Schwung halten wollen, sind m. E. lokaler Verkehrsregelungen unkundige Touristen hier zu schonen, die doch meist weniger Deutsch können als „unsere“ Einheimischen Griechisch.
    Seit vielen Jahren liegen Griechenlandurlaube im Trend.
    Zivilcourage ist hier wohl nicht überflüssig (Im rein privaten Bereich ginge es dann oft irrationaler zu).

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